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Originaltitel: Undine
Kinostart: ursprünglich 26.03.2020 – neuer Termin 11.06.2020

FSK 12

FSK 12 ©FSK

Länge: ca. 90 Minuten
Produktionsland: Deutschland | Frankreich
Regie: Christian Petzold
Schauspieler:innen: Paula Beer | Franz Rogowski | Maryam Zaree
Genre: Drama | Romanze | Fantasy
Verleiher: Piffl Medien GmbH

Undine

Undine ©2020 Piffl Medien

Der Name UNDINE stammt aus der Mythologie und bezeichnet einen weiblichen, jungfräulichen Wassergeist. Dieser taucht erstmalig in einem Gedicht aus dem Jahr 1320 auf, welches daraufhin mehrfach adaptiert und neu interpretiert wurde. Dieses Wesen gilt  als halbgöttlicher Elementargeist, welches vor allem in Waldseen und Wasserfällen zu sehen ist und erst eine Seele erhält durch die Vermählung und Vereinigung mit einem Menschen, wobei jedoch untreue Partner mit dem Tod bestraft werden.

Undine

Undine ©2020 Piffl Medien

Schon früher bot diese Figur Stoff für Filmproduktionen und wurde 1977 im Film FAIRY aufgegriffen sowie auch 32 Jahre später in ONDINE – DAS MÄDCHEN AUS DEM MEER. In diesem spielte die Undine Alicja Bachleda-Curus zusammen mit Colin Farrell und unter der Regie von Neil Jordan. Die aktuelle deutsche Fassung soll nun der erste Teil einer Trilogie werden, die sich auf Elementargeister konzentrieren soll. Die beiden Hauptdarsteller Paula Beer und Franz Rogowski haben dabei bereits in Regisseur Christian Petzolds vorherigem Werk TRANSIT mitgewirkt. Auch hinter der Kamera setzt Petzold wie so häufig auf langjährige Kollegen, mit denen er schon so einige Werke realisieren konnte. Das Werk war zudem auf der diesjährigen Berlinale vertreten, auf der Paula Beer den silbernen Bären für die beste Darstellerin erhielt.

Darum geht es…

Die Neuauflage ist auch als solche interpretiert und zeigt die frühere Sage in einer ganz eigenen Interpretation des Regisseurs. Diese spielt nämlich im Berlin der heutigen Zeit wo Undine als Stadthistorikerin tätig ist und Besuchern Führungen durch die Modellbauten der Stadt führt die Entwicklungen der Großstadt erläutert. Sie will es kaum wahrhaben, als ihr Freund sie verlassen will und droht ihm sogar. In aller Aufruhr die in ihr grummelt, lernt sie plötzlich den Industrietaucher Christoph kennen, woraus eine romantische Liebesgeschichte sich entwickelt. Doch wird ihm schnell klar, dass irgendwas nicht mit ihr stimmt. Diesem Rätsel versucht er auf den Grund zu gehen, was Beide schließlich vor ganz neue Herausforderungen stellt.

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Rezension

UNDINE erzählt eine Geschichte, die mir bisher nicht bekannt war und damit eine interessante Wissenslücke aufgedeckt hat. Doch müssen wir ehrlich sein, dass die eben jene Lücke auch nach dem Film noch immer bestand, es denn es gab in diesem Werk keinen Ansatz dafür zu glauben, dass es sich um eine mythologische Sage handelt, auf dessen Grundlage sich die Handlung entwickelt. Dieses Problem führt dazu, dass die Eckpunkte dieser Sagengestalt zumeist nicht bekannt sein dürften und manche Szenen daher doch deutlich an Sinnhaftigkeit verlieren. Erst mit entsprechender Nacharbeitung bekommt die doch recht drastische Trennung der Protagonistin von ihrem Freund einen tieferen vergleichbaren Sinn. Hier wäre es wohl besser gewesen ein kurzes sinnvolles Intro zu gestalten, welches auf eben jenen Mythos hinweist, wie es zuletzt auch bei dem eher misslungenen, aber dennoch sinnvoll eingeführten LLORONAS FLUCH der Fall war.

Undine

Undine ©2020 Piffl Medien

Die Story des Films setzt weitestgehend auf Beständigkeit und versucht sich nicht so eng an die Sage anzuschmiegen und dennoch wesentliche Elemente daraus aufzugreifen. Vielmehr wird hier eine schöne Romanze aufgebaut zwischen zwei eher unbekannten deutschen Schauspielern, was in Angesicht der letzten deutschen Veröffentlichungen doch auch mal sehr angenehm ist. Leider setzen viele deutsche Produktionen immer wieder auf dieselben bekannten Schauspielstars weshalb ein Film wie der andere wirkt und eine Filmfigur sich nicht so recht eigenständig entwickeln kann, da sie doch sehr an die allseits bekannte Charaktergrundlage des Schauspielers/der Schauspielerin gebunden ist. Hier jedoch kann sich das Publikum gänzlich auf die dargestellten Personen einstellen und sich daher ein ganz eigener Stil entwickeln – und dies tut UNDINE richtig gut.

Liebevoll romantisch wird zu aufbrausend unverständlich

Andererseits jedoch wird auch etwas zu viel Wert auf die Arbeit der Darsteller gelegt und der rote Faden streckenweise etwas aus den Augen verloren. Dadurch entstehen recht langwierige Szenen, die die Geschichte kein bisschen voranbringen, auch wenn sie teilweise der Vertiefung der Romanze dienen. Diese lang gezogenen Momente schaffen es jedoch ebenso nicht den gewünschten herzergreifenden Effekt hervorzurufen, da das Werk fast schon kaputt gecuttet wurde. Immer und immer wieder springt die Kamera von Figur zu Figur, wo doch eine lange unbewegte Einstellung mitten in das Zimmer hinein wo beide sich immer näher kommen doch viel mehr Wirkung hätte erzielen können.

Undine

Undine ©2020 Piffl Medien

Recht plötzlich nimmt dann die Story an Fahrt auf und überschlägt sich fast schon an Ereignissen, die den Zuschauer in Entsetzen zurücklassen. Scheinbar alle Elemente der wesentlichen Story werden in diesen kurzen Erzählblock integriert, so dass nur kurze Zeit später durch einen harten Zeitsprung jegliche kurzzeitige Dramatik wieder verschwunden ist. Dieser Part lässt jedoch auch so einige Fragen offen, sowohl inhaltlich als auch in der Umsetzung, denn nur schwer sind die Geschehnisse im Pool des Exfreundes so zu glauben wie sie letztlich gezeigt wurden. Als einer der wesentlichen Momente des gesamten Films hätte hier wohl etwas mehr Feingefühl fürs Detail an den Tag gelegt werden können und müssen. Gleichzeitig entwickelt sich aus der realen und glaubwürdigen Geschichte dann doch eine spirituelle Abwandlung, die nur schwer nachvollziehbar wirkt. Dies folgt jedoch wiederum aus dem Aspekt, dass die alte Sage zumindest ansatzweise bekannt sein muss, um die Zusammenhänge schlüssig zu verstehen.

Undine

Undine ©2020 Piffl Medien

Insgesamt schafft es Christian Petzold eine recht interessante und unerwartete Romanze zu zeigen, die in Ansätzen durchaus an SHAPE OF WATER erinnert und den Zuschauer mit einigen großen Fragezeichnen zurücklässt. Mit etwas mehr inhaltlichem Kontext wäre hier wohl auch die Geschichte selbst besser zu bewerten gewesen. So wie gezeigt jedoch bleiben einfach zu viele unerklärte und nicht nachvollziehbare Situationen zurück, die auch in der weiteren Entwicklung nur ein vages undurchsichtiges Bild der eigentlichen Intention zurücklassen.

Als Neuinterpretation einer alten Sage wird in diesem Film viel mehr Wert auf eine Romanze der beiden Protagonisten gelegt als auf die ursprünglichen Eigenschaften der Mythengestalt. Im Gegenteil sogar, die aus der Geschichte bekannten Charaktereigenschaften werden teilweise sogar hinterfragt und neu ausgelegt und damit eine fast schon neue Figur geschaffen. Dies jedoch ist eine geschickte Möglichkeit nicht ständig die gleichen Geschichten zu erzählen wie in schon so einigen Werken vorher. Leider jedoch wird auf eben jene Sage kein direkter Bezug genommen, weshalb Zuschauern, denen dieser Mythos nicht bekannt ist deutliche Verständnisschwierigkeiten in einigen Situationen haben werden. Die Romanze selbst ist herzlich und schafft es die eigenen Gefühle anzusprechen, verliert jedoch enorm an Kraft durch den übermäßigen Einsatz von Filmschnitten, die keinen wichtigen Nutzen haben. Mit eher kleineren Stars der deutschen Leinwanddarsteller hat es Regisseur Christian Petzold erreicht den Figuren einen völlig eigenen charakterlichen Charme zu verpassen, der sich nicht an bekannten Vorbildern orientiert und auch die Geschichte selbst etwas spannender wirken lässt.

Undine

Undine ©2020 Piffl Medien