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Babylon – Rausch der Ekstase ©2023 Paramount Pictures

WHIPLASH, LA LA LAND und AUFBRUCH ZUM MOND – Damien Chazelle hat wohl eine der beeindruckendsten Vitas der jungen Generation. Mit gerade einmal 38 Jahren hat er bereits drei Golden Globe Awards und einen Oscar® erhalten. Die Chance steht zudem gut, dass er bei der diesjährigen Verleihung der Academy Awards ebenfalls nicht leer ausgeht und mit BABYLON – RAUSCH DER EKSTASE die Kinokassen zum Klingeln bringt. Ursprünglich war angedacht, dass Emma Stone nach LA LA LAND nun erneut in einer Hauptrolle zu sehen sein wird, doch die Covid-19 Pandemie sorgte für Terminprobleme, wodurch die finale Entscheidung schließlich auf Margot Robbie fiel, die derzeitig wohl zu den gefragtesten Hollywooddarstellerinnen gehört. Mit Brad Pitt an ihrer Seite sowie spannenden Nebendarstellenden wie Tobey Maguire, Samara Weaving und Olivia Wilde erhalten wir einen Cast der Extraklasse.

Darum geht es

Es ist die Zeit der ersten großen Filme. In den 20er Jahren ist Jack Conrad einer der großen Filmstars der Stummfilme und Nellie LaRoy gilt als ein vielversprechendes Talent auf dem Parkett der Kinoindustrie. Mit überschwänglichen Partys werden die neusten Kunstwerke ausgiebig gefeiert und Sex, Drogen und Alkohol bestimmen nicht selten das Gebaren am Set und im Privatleben der Schauspielenden. Doch Hollywood befindet sich im Wandel und vor und hinter der Kamera warten neue Herausforderungen die gemeistert werden müssen. Mit Einführung des Tonfilms werden völlig neue Qualitäten abverlangt, die nicht wenige Karrieren wackeln lassen. Können etablierte Stars sich der neuen Technik anpassen und schaffen es aufstrebende Lichter hell zu erglühen oder bedeutet die Umstrukturierung nicht nur den Beginn einer neuen technischen Ära?

Rezension

Chazelles Weg zum Erfolg ist denkbar einfach: Große Filmstars, ein perfekt nuancierter Score von Justin Hurwitz, imposante Inszenierungen, viel Schweiß und Blut sowie eine Story die regelrecht nach Perfektionismus strebt. Im Grunde beschreibt all das auch seinen neusten Coup. Mit BABYLON – RAUSCH DER EKSTASE bedient er sich einer simplen sowie erfolgsversprechenden Thematik: Eine Hommage des Films und die Liebe zum Kino. Um dies zu realisieren, begibt er sich zu einem Zeitpunkt der Filmhistorie, welcher eine richtungsweisende Zeitenwende mit sich brachte. Die Entwicklung des Tonfilms hat das Film- und Kinogeschäft über die Jahrzehnte massiv geprägt und verändert und sorgt noch heute dafür, dass nicht nur auf der Leinwand unvergessliche Meisterwerke präsentiert werden können, sondern auch Konzerthallen Stücke spielen, die uns sofort an unsere liebsten Filmerlebnisse denken lassen. Chazelle platziert seine Handlung exakt um diese entscheidende Entwicklung und gibt uns einen fiktiven, jedoch nicht unrealistischen Einblick in das frühere Setgeschehen.

Babylon – Rausch der Ekstase ©2023 Paramount Pictures

Seine eskapistische Darstellung des frühen Hollywoods zusammen mit einem Brad Pitt der lediglich aus der zweiten Reihe hervorlugt und eher als Beiwerk denn als Träger des Films betrachtet werden kann, erinnert doch stark an Quentin Tarantinos Blick auf die Filmstadt in ONCE UPON A TIME… IN HOLLYWOOD. Interessanterweise ist Tobey Maguire nicht erwähnenswerter als Pitt und verknüpft dieses Werk dennoch mit einem anderen großen US-Film, der durch Chazelles Inszenierung immer wieder durchschimmert: Eskapaden und Überschwänglichkeit aus DER GROẞE GATSBY machen sich vor allem in dem fast 30 Minütigen Intro des Films massiv breit und bieten uns eine groteske Eröffnung wie wir sie schon lange nicht mehr gesehen haben. Die Sinnhaftigkeit kann dabei getrost in Frage gestellt werden, denn nicht nur dass uns die halbstündige Tortur keine angemessene Einführung in eine Geschichte oder die Figuren bietet, sie strotz auch regelrecht vor faulen Erklärungslücken, die lediglich ein fulminantes Kinoerlebnis bieten sollen.

Feuerwerk der Leidenschaft

Wer im KitKat Club in Berlin am Türsteher gescheitert ist, bekommt von Chazelle nun freien Eintritt. Doch hat man diesen tragischen Einstand einmal überstanden, wendet der Regisseur seinen Umgang mit dem Film um 180 Grad und distanziert sich zunehmend von unangenehmen Obszönitäten. Stattdessen begibt er sich zu einer fantastischen Aneinanderreihung von einzelnen Handlungsepisoden, die zwar insgesamt eine Storyentwicklung darstellen sollen, aber im Grunde als Einzelelemente betrachtet werden können. Jede für sich bietet herausragende Inszenierungen, die vor allem Filmliebhabenden eine Gänsehaut bescheren werden. Nicht unschuldig daran ist vor allem Margot Robbie, die erneut beweist, dass sie mit jedem Film immer besser wird. Über das gesamte Werk hinweg ist unklar, ob wir von ihr ein phänomenales Schauspiel sehen oder lediglich ihre eigene Persönlichkeit, die sich perfekt in die Handlung integriert. Mutmaßlich jedoch hat man die Kamera einfach laufen lassen und Robbie hat einfach ihr vollkommen eigenes perfektes Kunstwerk geschaffen.

Babylon – Rausch der Ekstase ©2023 Paramount Pictures

There’s No Business Like Show Business! – Mit diesem Motto versucht Chazelle das Publikum in eben jenen Rausch zu versetzen, der bereits im Untertitel angekündigt wird. Statt jedoch eine liebevolle und hingebungsvolle Ode an das Kino zu entwickeln, bleibt BABYLON – RAUSCH DER EKSTASE auf einer distanzierten und pragmatischen Stufe stehen und füttert die leicht zu befriedigende und oberflächliche Zuschauerschaft lediglich mit einer massentauglichen Hommage, die die wirklichen und feinsinnigen Liebesbotschaften übertüncht. Statt einer riesigen Party auf der Leinwand hätte es dem Werk nicht geschadet an manchen Stellen etwas mehr Leidenschaft auszustrahlen und sich somit an Filmen wie DAS LICHT AUS DEM DIE TRÄUME SIND zu orientieren. Um die zusätzlich notwendige Zeit wieder reinzuholen, wäre es nicht tragisch gewesen Tobey Maguire, der lediglich als Gimmick fungiert, komplett mit seinem Handlungspart zu streichen und somit den viel zu langen Film auch noch etwas zu kürzen.

Babylon – Rausch der Ekstase ©2023 Paramount Pictures

Technische Eskapaden

Nun sei erwähnt, dass in unserem Screening sich das 3D Model wegen einer technischen Panne vor den Projektor geschoben hat. Dies führte dazu, dass eine Verzerrung der Farben entstand, die uns über 40 Minuten hinweg begleitete und die Frage aufkam, ob dies ein stilistisches Mittel sei. Es ist spannend zu beobachten, wie gut dieses Problem zeitweise tatsächlich in den Film hineingepasst hätte, ohne dass man es hinterfragt. Schließlich spielt Chazelle immer wieder mit Kamera- und Bildeinstellungen, nutzt ein wechselhaftes Colorgrading, baut kleine One Shot Sequenzen ein und legt immer wieder den Fokus auf eine diffuse Arbeit mit unterschiedlichsten Lichtquellen. Entsprechend geht er auch im Score und in der Soundgestaltung vor und liefert uns durch die Hand von Justin Hurwitz ein vor allem Jazz geprägtes Auf und Ab der Stimmungslagen, welches im Pong-Stil zwischen den Extremen der schrillen und aufdringlichen Musik und einer kompletten Tonstummschaltung hin und her hüpft.

Fazit

Was bleibt ist ein opulenter Streifen, welcher dem Laien einen spannenden Einblick hinter die Kulissen eines Filmsets bietet und in vielen kleinen Szenen sich mit den verschiedenen Stationen wie Setgestaltung, Kamera, Ton und Bildentwicklung auseinandersetzt. Zumindest oberflächlich wird dabei die Hommage ordentlich ausgespielt. Gleichzeitig zeigt sich uns ein Feuerwerk aus Party, Drogen und anderer Extrema, bei welchem selbst Baz Luhrmann zeitweise um seinen Thron fürchten kann. Viel eher bleibt jedoch im Gedächtnis das unfassbare Schauspiel von Margot Robbie, die sich mit dieser Inszenierung selbst ein Denkmal gesetzt hat. So groß also einige Kritikpunkte auch zu sein scheinen, so sehr muss auch anerkannt werden, dass BABYLON – RAUSCH DER EKSTASE viele inszenatorische Vorzüge aufweist, die wieder einmal zeigen, dass Damien Chazelle noch eine große Karriere im Business bevorsteht.

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