Review Kurzkritik Fakten + Credits
In den letzten zehn Jahren hat sich das Hollywood-Actionkino sehr verändert. Fasziniert haben wir jahrzehntelang Richtung Asien geschaut und waren begeistert von Kampfkünstlern wie Bruce Lee und Jackie Chan. Diese Schauspieler haben beeindruckende Martial Arts Performances auf die Leinwand gebracht, mit denen man in Hollywood kaum mithalten konnte. Im Jahr 2014 kam dann ein kleiner Film namens JOHN WICK in die Kinos, in der Hauptrolle war Keanu Reeves, auf dem Regiestuhl saßen Chad Stahelki und David Leitch. Bei beiden handelt es sich um ehemalige Stuntperformer, die bereits mit Reeves bei den Dreharbeiten zur MATRIX Trilogie gearbeitet haben. JOHN WICK konnte, durch seine großartigen Actionszenen und Kampfchoreografien, sowohl die Kinobesucher*innen, als auch die den Kritiker*innen begeistern. Seitdem bringen Leitch und Stahelski mit ihrem Studio 87North Productions immer wieder großartige Action in die Kinos unter anderem NOBODY oder BULLET TRAIN. Durch den Erfolg kommt es auch immer wieder zu Filmen, die in dieselbe Kerbe schlagen wollen, so auch BLACKOUT – IM NETZ DES KARTELLS von Regisseur Sam Macaroni.
Darum geht es…
Nach einem Autounfall erwacht Cain (Josh Duhamel) in einem Krankenhaus. Er kann sich weder an seinen Namen erinnern noch daran, wie er hier gelandet ist. An seiner Seite sitzt eine Frau, Anna (Abbie Cornish), die sich als seine Ehefrau zu erkennen gibt. Schnell bemerkt der Gedächtnislose, dass irgendwas nicht stimmt. Seine Frau trägt keinen Ring, der Arzt verhält sich seltsam und sein Besucher Eddie (Omar Chaparro) macht seltsame Andeutungen. Cain ergreift die Flucht und muss schnell feststellen, dass er das Krankenhaus nicht so einfach verlassen kann. Ein Drogenkartell riegelt das Gebäude ab und beginnt ihn quer durch das ganze Haus zu jagen. Cain realisiert, dass er über Fähigkeiten verfügt, die ihm bei seiner Flucht helfen könnten. Auch seine Erinnerungen kommen langsam zurück. Scheinbar war er selbst im Drogenkartell involviert, oder wollen ihn die Gangster nur seinen BLACKOUT ausnutzen?
Rezension
Nun steht ihr vor der großen Frage, ob ein Film wie BLACKOUT – IM NETZ DES KARTELLS mit JOHN WICK und Co mithalten kann. Immerhin scheinen die einzelnen Versatzstücke da zu sein. Die Hauptfigur steht in einer Beziehung zum Verbrechen, check. Er ist ein talentierter Kämpfer, check. Er trägt einen dunklen Anzug, check. Natürlich gehört zu einem guten Actionfilm noch mehr als die drei eben genannten Punkte. Ein wichtiges Element wären beispielsweise gute und vor allem überzeugende Action-Szenen. In BLACKOUT – IM NETZ DES KARTELLS sehen wir davon leider nichts. Gute Action-Sequenzen präsentieren uns lange Aufnahmen, in denen die Stuntleute ihr können unter Beweis stellen, so geschieht es bei Jackie Chan (der seine Stunts selbst macht) und bei den Filmen von Leitch und Stahelski. Sam Macaroni begeht denselben Fehler, den andere Genre-Kollegen ebenfalls begehen. Die Szenen sind voller Schnitte, sodass man schnell den Überblick verliert. Was für Dynamik sorgen soll, nimmt die komplette Energie aus den Szenen.
Inhaltlich wird BLACKOUT – IM NETZ DES KARTELLS ebenfalls keine Preise gewinnen. Die Handlung ist wahnsinnig vorhersehbar und tritt lange auf der Stelle. Es geht letzten Endes nur um die Flucht aus dem Krankenhaus und darum, dass die Hauptfigur ihr Gedächtnis zurückbekommt. Die Geschichte um das Drogenkartell dient nur als Vehikel, um Cain ein paar Hürden in den Weg zu stellen. Grundsätzlich können Filme mit einem solchen beengten Szenario durchaus interessant sein. Gareth Evans hat mit seinem THE RAID gezeigt, wie gute Action geht und sich dabei auf ein Gebäude konzentriert. Was in Evans Film wie ein echtes Gebäude aussieht, wirkt in BLACKOUT – IM NETZ DES KARTELLS wie ein billiges Studioset. Alles scheint künstlich und so platziert, dass es für den Plot sinnvoll eingesetzt werden kann.
Eine weitere Perle des Actionkinos?
Was dem Film am meisten zusetzt, sind die vielen Logiklöcher, die einen immer wieder aus der Handlung rausreißen. Es fällt das erste Mal auf, wenn Cain eine Spritze mit Morphium bekommt, um dann wenige Momente später aufzustehen und eine Gruppe Gegner verprügelt. Zusätzlich fragt man sich, wo sich das ganze Krankenhauspersonal befindet und warum die wenigen Schwestern und Ärzt*innen die über die Gänge laufen völlig unbeeindruckt von der Geiselnahme sind, die gerade im Gebäude stattfindet. Gekrönt wird das Ganze von den nicht sehr cleveren Figuren. Als Zuschauende sind wir dem Helden immer einen Schritt voraus, obwohl wir dieselben Informationen haben. Um BLACKOUT – IM NETZ DES KARTELLS zu strecken, stellt sich die vergessliche Hauptfigur besonders dusselig an und übersieht immer wieder die offensichtlichsten Dinge. Auch sein Gegenspieler ist ein schlechter Scherz. Eddie ist ein Mafioso, von dem keinerlei Bedrohlichkeit ausgeht. Stattdessen versucht Darsteller Omar Chaparro seiner Figur mit übertriebenem Schauspiel Charakter zu geben, was gehörig in die Hose geht.
BLACKOUT – IM NETZ DES KARTELLS ist noch auf einer anderen Ebene problematisch. Abgesehen davon, dass für die Dreharbeiten offensichtlich ein echter Tiger verwendet wurde, wofür es heutzutage keine Rechtfertigung mehr gibt, haben wir hier wieder den White-Savior, der uns vor den „bösen“ Mexikanern rettet. Ich will dem Regisseur hier keinen bewussten Rassismus unterstellen, viel mehr kopiert der Film das, was man immer wieder in amerikanischen Filmen sieht. Wir haben einen weißen Helden in der Hauptrolle, der die Amerikaner vor einer vermeintlichen Gefahr von außen rettet. Der Film zeigt uns das Problem von strukturellem Rassismus in der Filmindustrie, den es zu überwinden gilt. Abgesehen davon, dass man sich mit dem drogenhandelnden Mexikaner eines fragwürdigen Klischees bedient, ist dies über allen Maßen unkreativ.
Fazit:
BLACKOUT – IM NETZ DES KARTELLS hätte ein unterhaltsamer kleiner Actionstreifen werden können. Man hat sich bei erfolgreichen Produktionen inspirieren lassen, frei nach dem Motto, „lieber gut geklaut, als schlecht selbstgemacht“, doch leider wurde nicht wirklich gut geklaut. Die Handlung ist nicht der Rede wert, das Schauspiel ist völlig überzogen, das Einzige, was den Film noch retten könnte wäre die Action, aber auch diese ist schlecht in Szene gesetzt. Zusätzlich befeuert der Film sehr fragwürdige Klischees, die ihn wahnsinnige unkreativ dastehen lassen. Nach dem Schauen kann man sich nur wünschen, dass man den Film schnell wieder vergisst.
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