Dies ist das Glück belgischer Überlebender des Handelsschiffes Kabalo, gegenüber diesen Salvatore Verantwortung verspürt und die Prinzipen des Faschismus sowie die Regeln der Admiralität über Bord wirft, um die Feinde am Leben zu halten und ihnen ein sicheres Geleit zu einem neutralen Hafen zu ermöglichen. Doch Reserven werden knapp, britische Kriegsschiffe nähern sich und die Crew reibt sich immer mehr mit den Belgiern, sodass sich Todaro die Frage stellt, ob er alle am Leben halten kann.
Review
DER KOMMANDANT – ENTSCHEIDUNG IM ATLANTIK ist eine italienisch-belgische Co-Produktion als Paramount+ Original mit Beteiligung der italienischen Marine und basiert auf wahren Begebenheiten. Der Film wurde im Marketing mit Jürgen Prochnows DAS BOOT verglichen, während Pierfrancesco Favino als der Italo-Götz-George bezeichnet wird. Damit setzt sich DER KOMMANDANT – ENTSCHEIDUNG IM ATLANTIK selbst eine hohe Messlatte, an der das Publikum diesen messen wird.
Jetzt habe ich Hunger
Doch schnell fällt auf, dass der Vergleich ungünstig gewählt ist. Zwar wurde das U-Boot Cappellini maßstabsgetreu nachgebaut, aber DER KOMMANDANT – ENTSCHEIDUNG IM ATLANTIK nutzt dies nicht wirklich und verzichtet auf eine beklemmend klaustrophobische Enge im inneren des Unterwassersarges, während Außenaufnahmen eine Studioproduktion sowie deutlich erkennbare Computereffekte präsentieren, durch die das Gefühl einer unausweichlichen Bedrohung nur bedingt aufkommt.
Die Crew von DER KOMMANDANT – ENTSCHEIDUNG IM ATLANTIK soll ein bunt zusammengewürfelter Haufen sein, der durch unterschiedliche kulturelle Eigenschaften, Dialekte und Herkunft in Konflikte geraten soll. Doch da der Film schon die klaustrophobische Angst nicht erzeugen kann, wirken die Streitereien nicht glaubhaft und zu sehr erzwungen. Es gibt keine Einzelschicksale, die dem Publikum nahe gehen, wodurch der einzige Bezugspunkt der Koch Gigi (Giuseppe Brunetti) ist, der sich als wandelndes Rezeptbuch entpuppt und für eine herzlich heitere Szene sowie Atmosphäre sorgt.
Von lüsternen Dialogen und wirren Gedanken
Für die Zuschauenden ist die Entstehung des Dialogdrehbuchs von DER KOMMANDANT – ENTSCHEIDUNG IM ATLANTIK unverständlich sowie faszinierend zugleich. Während der Film sich selbst ernst gibt und die erbarmungslose Brutalität des Krieges vermitteln will, wird das von Dialogen wie „Kochst du Muschi?“, „Ficken wir das Huhn oder sind wir Fotzen?“ sowie eine minütige Diskussion, ob man jetzt eine besagte „Fotze“ sei, verhindert. Die anstößige Ausdrucksweise tritt so gehäuft auf, dass von Provokation und notgeilen Autoren auszugehen ist.
Gleichzeitig dürfen Frauen bis auf Silvia D’Amico in einem Moment kein einziges Wort sagen und dienen nur für schnellen, billigen Sex sowie schmachtende Gedanken, die ausgesprochen werden. Das ist zwar rückschrittlich, wär aber als Stilmittel, um die Sorge um die Männer und Söhne zu visualisieren, noch erträglich. Jedoch beschallt DER KOMMANDANT – ENTSCHEIDUNG IM ATLANTIK das Publikum auch dauerhaft mit den Gedanken der Soldaten.
Insbesondere Pierfrancesco Franco und einzelne Soldaten im Fokus erschlagen die Zuschauenden mit einer Lawine an Monologen. Anstatt im richtigen Moment auf Ruhe zu setzen, sind wirre Gedanken zu vernehmen, deren Ziel sich auf in Sekundenschnelle ändern kann, wodurch das Publikum vom Film abschweift und die Kampfhandlungen somit fast verpasst. Denn DER KOMMANDANT – ENTSCHEIDUNG IM ATLANTIK benötigt eine ganze Stunde, um mit der eigentlichen Handlung zu beginnen.
Die Faschismuskritik, die keine ist
Um als künstlerisch wertvoll zu gelten, setzt DER KOMMANDANT – ENTSCHEIDUNG IM ATLANTIK auf eine Faschismuskritik, die die wahren Ereignisse bereits selbst wie auf einem Silbertablett präsentieren. Schon der erste Satz des Films lautet „Faschismus schmerzt“ und das Aufnehmen der überlebenden Feinde ist als Akt der Rebellion zu verstehen, der zeigen soll, dass auch unter den Faschisten Menschen leben, die sich im richtigen Moment auf ihr Mitgefühl besinnen.
Doch da ist DER KOMMANDANT – ENTSCHEIDUNG IM ATLANTIK nicht der erste Film, aber schlägt mit der Finanzierung durch das italienische Militär einen Weg ein, der der Kritik nicht nur im Weg steht, sondern diese unglaubwürdig erscheinen lässt. Denn der Heldenmut der totgeweihten Soldaten wirkt noch aufgesetzter, wie in durch das Pentagon finanzierte Filme, wie TRANSFORMERS oder TOP GUN: MAVERICK und bietet auch keinen Vergleich zu den naiven Jünglingen aus IM WESTEN NICHTS NEUES, da die Marinesoldaten wissen, dass ihr Tod gewiss ist.
Fazit
DER KOMMANDANT – ENTSCHEIDUNG IM ATLANTIK ermüdet mit einem deutlich zu langen Vorgeplänkel, einer Flut aus Monologen sowie lüsterner Dialoge. Wenn es dann endlich zur ersehnten Action kommt, währt die Freude nicht lang, da diese rar und nicht intensiv ist. Auch die steigende Spannung durch die Anwesenheit der Belgier ist nicht zu spüren. Die einzig erinnernswerte Szene für die diese sorgen, ist mit dem Koch Giuseppe Brunetti und sorgt für einen Moment ehrlicher Freude sowie Menschlichkeit.
Doch Vergleiche mit DAS BOOT oder einem Götz George sind hanebüchen aus der Luft gegriffen und werden der deutschen Vorlage nicht gerecht. Das Publikum ist mit einem JAGD AUF ROTER OKTOBER, der französischen Überraschung THE WOLF’S CALL – ENTSCHEIDUNG IN DER TIEFE und selbst Gerard Butlers HUNTER KILLER besser beraten, da DER KOMMANDANT – ENTSCHEIDUNG IM ATLANTIK im Gegensatz zu den genannten Filmen zu keiner Zeit die Atmosphäre eines U-Bootes transportiert.
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Originaltitel | Comandante |
Kinostart | 31.10.2023 |
Länge: | 120 minuten |
Produktionsland | Italy |
Genre: | Kriegsfilm | Historie | Drama |
Regie | Edoardo De Angelis |
Producer | Francesca Cima | Paolo Del Brocco | Carlotta Calori | Viola Prestieri | Pierpaolo Verga | Nicola Giuliano | Attilio De Razza | Edoardo De Angelis |
Kamera | Ferran Paredes |
Musik | Robert Del Naja |
Cast | Pierfrancesco Favino, Massimiliano Rossi, Johan Heldenbergh, Silvia D'Amico, Arturo Muselli, Giuseppe Brunetti, Gianluca Di Gennaro, Johannes Wirix, Pietro Angelini, Mario Russo, Cecilia Bertozzi, Paolo Bonacelli, Luca Chikovani, Lucas Tavernier, Giulio Greco, Arianna di Claudio, Giuseppe Lo Piccolo, Alessandro Bandini, Giustiniano Alpi, Giacomo Bottoni |
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