Review Fakten + Credits


Darum geht es
1861, New Mexico. Der Sezessionskrieg zwischen den Nord- und Südstaaten scheint unausweichlich zu sein, was der Expansion in den Westen jedoch kaum im Wege steht. Pioniere wollen trotz heftiger Rückschläge sowie hoher Verluste das Land der Apachen besetzten. Ein Traum, der dabei schnell bei Reichen, Armen, Dieben und Edelleuten groß wird: die Siedlung Horizon. Schnell entbricht ein Kampf zwischen Siedlern und Apachen, aber auch zwischen Menschen, die ihr altes Leben hinter sich lassen wollen, sowie deren Verfolger aus eben diesen alten Leben.
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Review

HORIZON ist laut eigener Aussage der große Traum von Kevin Costner. Bereits 1987 hatte er die Idee für die Geschichte, die seiner Meinung nach unbedingt auf die große Leinwand gehört, doch jegliche Finanzierungsversuche scheiterten. Erst nach der Erfolgsserie YELLOWSTONE überarbeitete er seine Gedanken, schaffte Drehbücher für vier Filme mit je drei Stunden Lauflänge und kratzte für die ersten beiden Teile 100 Millionen Dollar zusammen, indem er sogar eine Hypothek auf sein privates Anwesen in Kalifornien aufnahm.

Vielleicht lieber YELLOWSTONE 2?

Dass HORIZON etwas großes wird, ist sofort zu spüren. Dennoch stellt sich dem Publikum die Frage, ob das Konzept der mehreren so sehr voneinander gelösten Erzählstränge nicht besser als Serie gepasst hätte. Denn das lange Einleiten der Figuren mit den Hintergründen auf die detaillierten Einzelschicksale erinnert an die ersten Folgen umfangreich erzählter Serien wie GAME OF THRONES oder eben YELLOWSTONE. Wie diese will HORIZON erstmal die Grundlage für kommendes schaffen, den Zuschauenden ein Gefühl der Welt geben und den Grundtenor setzen.

Gerade das Ende von HORIZON erinnert nochmals stark an Serien mit wöchentlichen Erscheinungen. Das Geschehen endet mit einem Cliffhanger sowie einer Vorschau auf HORIZON 2. Hier fehlt nur die Erzählstimme, welche „Demnächst bei Horizon.“ raunt. Etwas ärgerlich sind hier Bilder, die bereits in der Marketingkampagne für den ersten Teil verwendet wurden. So setzte diese wissentlich auf Actionszenen des noch kommenden Nachfolgers, um HORIZON spektakulärer wirken zu lassen.

ein junger Mann mit Gewehr bewaffnet, schaut durch eine Klappe in der Tür nach draußen

Horizon ©2024 Tobis Film

Bilder für die Leinwand

Doch das hat Kevin Costners Film gar nicht nötig, denn so sehr die serielle Erzählweise kritisiert werden kann, umso mehr muss das Bild gelobt werden. HORIZON wurde auf Digitalkameras gedreht, aber anschließend auf Analogfilm kopiert. Der Kameramann J. Michael Muro nennt das „analoge Zwischenstufe“, in der das Bild klar ist, aber dennoch auf einen nostalgischen, kornigen analogen Look setzten kann.

Gerade die Aufnahmen der Prärie, Gebirge sowie der verschneiten Wälder profitieren von diesem Mix aus Analog und Digital. Die Landschaften von HORIZON sehen teils wie gemalt aus und sind alleine schon ein Grund für eine Sichtung. Denn ähnliche Bilder mag es zwar in Landschaftsreportagen von National Geographic und Co geben, aber nicht so ruhig oder optisch ansprechend, wie in Horizon.

Verluste beider Seiten

Auch die Handlung, Szenengeographie sowie die Action profitieren von der ruhigen Kamera sowie der präzise gesetzten Schnitte, die schon fast an eine längst vergessene Zeit des Kinos erinnern. Bei HORIZON kommt keine Hektik auf und es ist jederzeit klar erkennbar, wo sich wer befindet. Gerade die anfängliche Actionszene, die dem Publikum das Blut in den Adern gefrieren lässt, profitiert davon, wodurch sich der losgetretene (innere) Konflikt, der den Handlungsstrang um die geplante Stadt begleitet, besser entfalten kann.

Denn auf der einen Seite gibt es Verständnis für die Pioniere und Landleute, welches sich ein neues Leben voller Hoffnung fernab des drohenden Bürgerkrieges aufbauen wollen. Doch auf der anderen Seite von HORZION sind die Apachen, welche durch dieselben Pioniere verdrängt werden und um Nahrung mit diesen konkurrieren müssen. Das Publikum versteht, dass die Ureinwohnenden keine andere Möglichkeit als brutale Angriffe ohne Rücksicht auf Frauen, Kinder oder harsche Vergeltungsmaßnahmen sehen.

ein Gruppe Indigener hat sich mit Waffen vor einem Felsen versammelt

Horizon ©2024 Tobis Film

Hier zeigt Kevin Costner mit Jon Baird ungeschönt die Brutalität eines Landes, welches sich gerade erst in seiner Entstehungsphase befindet. Nur hätte der Fokus noch ein wenig mehr auf den Apachen liegen können, um ihre Kultur sowie Ängste besser zu verstehen. Immerhin ist HORZION so konsequent und zeigt Dialoge der Apachen im O-Ton, wodurch die Meisten zu den Untertiteln gezwungen sind. Diese sind aber nicht als Bestrafung, sondern als Notwendigkeit sowie Verneigung vor denen zu verstehen, die brutal vertrieben wurden.

Pathos bis zum Bürgerkrieg

John Debneys Score erinnert sofort an alte amerikanische Westernklassiker wie DER MIT DEM WOLF TANZT oder DIE GLORREICHEN SIEBEN. So untermalt die Musik HORIZON passend und erinnert an die Klassiker, die bei vielen Zuschauenden die Jugend waren. Doch da der Score den Film so treffend untermalt, hat dieser auch einen Hang zum Kitsch und Pathos, welcher fast schon unerträglich wird.

Denn Kevin Costner setzt gern auf diese Elemente, was sich besonders im Drehbuch von HORIZON wiederfindet. Denn die Handlung über die amerikanische Sage mit ihrer aufopfernden Geschichte sowie den Heldenmut könnte nicht pathetischer sein. Und auch die Geschichte von waschechten Gentleman (Michael Rooker, Michael Angarano), welche Frauen (Sienna Miller, Abbey Lee, Ella Hunt, Georgia MacPhail, Jena Malone) schmeichelnd umwerben und zugleich aufopfernd ihre Pflicht tun, schreit nach Kitsch einer längst vergangenen Zeit.

Der Aufbau für mehr

Pathos und Kitsch stehen jedoch nicht der Leistung der Darstellenden im Weg. Mit dieser wird HORZION zwar keine bedeutenden Awards gewinnen, aber das Westernepos wird dennoch mehr als treffend untermauert und besonders Charaktere wie Sam Worthington – welcher überraschend anders als in AVATAR: THE WAY OF WATER spielt – oder Jon Beavers sind mit einer der Gründe, warum sich eine Sichtung der Nachfolger oder zumindest des zweiten Teils lohnen kann.

eine Männergruppe in dunklen Uniformen und mit hellbraunen Hüten reitet auf Pferden durch eine kahle, felsige Landschaft, einer der Männer trägt eine amerikanische Flagge bei sich

Horizon ©2024 Tobis Film

Doch das Highlight ist Kevin Costner selbst, auch wenn sein Handlungsstrang vorerst der nichtssagenste Strang von HORIZON ist und sich erst später entfalten wird. Es ist jedoch definitiv zu merken, dass der Filmstar für Western geboren wurde. Und obwohl er Regisseur sowie Drehbuchautor von HORIZON ist, ist sein Charakter bodenständig und nicht heroischer oder fehlerfreier als die Anderen. Im Gegenteil sogar, bei ihm weiß das Publikum, dass sein Charakter Analphabet ist und er ohne verletzten Stolz die Hilfe einer Frau annimmt.

Lang lebe das (Heim)Kino

HORIZON ist eine Liebesgeschichte an das Kino, wobei auch das moderne Heimkino nicht zu kurz kommt. Wer nämlich einen UHD-Player im höheren Preissegment sowie modernen Fernseher oder Leinwand mit IMAX-Zertifikat und Heimkinosystem mit Dolby Atmos sein Eigen nennen kann, profitiert nicht nur bei der deutschen Tonspur mit Dolby Atmos, sondern auch von einem HORIZON im Glanz des IMAX-Bildes. Ein bisschen Kino für die eigenen vier Wände.

Fazit

HORIZON lässt das Publikum erstmal ratlos zurück. Einerseits liefert der Film schöne Bilder sowie den Aufbau einer spannenden Geschichte ab, aber die Erzählweise wirkt zu seriell. Trotz einer Vita mit Filmen wie THE UNTOUCHABLES: DIE UNBESTECHLICHEN, JFK: TATORT DALLAS, DER MIT DEM WOLF TANZT und selbst einem WATERWORLD hätte Kevin Costner über eine Produktion als Serie nachdenken können. Immerhin hat er lange mit Paramount und Drehbuchautor Taylor Sheridan zusammengearbeitet und für HORIZON extra auf eine Mitarbeit in Staffel 5 von YELLOWSTONE verzichtet.

Ein finales Urteil für HORIZON zu treffen, bevor nicht zumindest der zweite von insgesamt vier Teilen verfügbar ist, ist dennoch schwer. Dieser ist bereits abgedreht und soll am 3. April 2025 in den deutschen Kinos laufen. Auch wenn ich eher mäßig begeistert war, werde ich HORIZON 2 allein schon wegen der Bilder im Kino schauen. Die finale Produktion von Teil drei und vier ist bislang ungewiss, aber Gerüchten zufolge soll es bereits Gespräche mit Netflix geben. Hier hoffe ich, dass HORIZON sein Comeback feiern kann und Teil 2 an der Kasse überzeugt. Denn Western haben auf der Leinwand lange gefehlt.

Für Zuschauende aus Berlin bleibt neben HORIZON selbst noch ein charmanter Werbespot mit Kevin Costner für die Berliner Verkehrsbetriebe BVG, welcher die gelben öffentlichen Verkehrsmittel, aber auch das Westernepos bewirbt und sich vor der Vita des Westernstars verneigt.

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Originaltitel Horizon: An American Saga - Chapter 1
Kinostart 26.6.2024
Länge: 181 minuten
Produktionsland United States of America
Genre: Western | Drama
Regie Kevin Costner
Executive Producer Robert Scannell | Armyan Bernstein | Charlie Lyons | Barry M. Berg | Rod Lake | Danny Peykoff
Producer Kevin Costner | Howard Kaplan | Mark Gillard
Kamera J. Michael Muro
Musik John Debney
Cast Kevin Costner, Sienna Miller, Sam Worthington, Jena Malone, Abbey Lee, Michael Rooker, Danny Huston, Luke Wilson, Ella Hunt, Tatanka Means, Owen Crow Shoe, Jeff Fahey, Tom Payne, Jamie Campbell Bower, Michael Angarano, Georgia MacPhail, Giovanni Ribisi, Will Patton, Jim Lau, Isabelle Fuhrman

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