Märchen stecken in unserer deutschen DNA genau so sehr wie Sauerkraut und die Autobahn. Die meisten von uns sind vermutlich schon in ihrer Kindheit mit den Geschichtensammlungen der Gebrüder Grimm in Berührung gekommen. Was viele nicht wissen: Die Märchen stammen nicht aus den Köpfen zweier sehr kreativer Brüder, Jacob und Wilhelm Grimm sind durchs Land gereist und haben sich Geschichten erzählen lassen, die sie dann als Bücher gedruckt haben. Immer wieder bedienen sich auch Filmemacher an den Stoffen, die von den beiden zu Papier gebracht wurden. Im Genre des Folk-Horror werden diese Sagen unheimlich verpackt, die Hexen und Wölfe, vor denen wir uns auch schon als Kinder gegruselt haben, sollen uns auch im Erwachsenenalter einen Schauer über den Rücken jagen. So hat sich auch Regisseur Misha Kreuz in seinem ersten Film die alten Sagen als Vorbild genommen, um eine furchteinflößende Geschichte zu erzählen.
Darum geht es…
Minthe Hellheim (Diana Maria Frank) hält sich gerade so mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Eigentlich hat sie eine Lehre zur Tischlerin durchlaufen und ein Architektur-Studium begonnen, doch Aufgrund einer Depression musste sie abbrechen und hat gerade ihren Vertretungsjob im örtlichen Supermarkt verloren. Glücklicherweise wartet beim Arbeitsamt ein Job auf sie, der wie für sie geschaffen scheint. Sie soll eine alte Wassermühle wieder auf Vordermann bringen, allerdings hat die Sache einen Haken. Die Mühle befindet sich in Minthes Geburtsort Hellheim. Hier ist etwas schlimmes vorgefallen, als Minthe noch ein kleines Kind war. Sie wurde danach durch die Kinderheime der Republik gereicht und hat sich geschworen ihrer Vergangenheit den Rücken zu kehren. Da damals die Identität des kleinen Mädchens nicht festgestellt werden konnte, hat sie den Namen ihres Geburtsortes bekommen.
Widerwillig kehrt die junge Frau nach Hellheim zurück und zieht in die alte Mühle. Schnell stellt sie fest, dass irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Im Walt wird eine Leiche gefunden, die Bürger der Stadt sind übertrieben freundlich zu ihr und neben ihr wohnt eine seltsame Frau, die von allen nur Goost genannt wird. Minthe beginnt ihre Arbeit, ohne zu wissen, was sie erwarten wird.
Rezension
Ich freue mich immer sehr, wenn sich deutsche Regisseure an ungewöhnlichen Stoffen versuchen und den Mut haben auch mit niedrigen Budgets eine Vision zu verfolgen. Jedes Jahr werden unzählige Krimis und zotige Komödien in Deutschland gedreht und locken die Menschen in die Kinos. IM NACHTLICHT hat sich im ersten Moment sehr frisch und komplex angehört. Ein Film der das Horror-Genre mit der Herkunftsgeschichte und der Depression einer jungen Frau mischt. Ein Stoff der auch bei dem Erfolgs Independent Studio A24 verfilmt werden könnte. Leider ist aus IM NACHTLICHT ein Film geworden, der sich anfühlt, als hätte sich Regisseur Misha Kreuz an den eigenen Ambitionen verhoben. Zwar merkt man dem Film in einigen Momenten an, dass mit Katharina Dießner eine geübte Kamerafrau am Werk war, doch da hört es dann schon mit den positiven Aspekten des Films auf.
Was als allererstes auffällt ist das miserable Drehbuch, mit dem die Schauspieler*innen arbeiten mussten. Häufig haben deutsche Filme ein Problem damit organische Dialoge zu inszenieren, wo amerikanische Regisseure ihre Darsteller auch immer mal wieder Zeilen improvisieren lassen, wird sich in IM NACHTLICHT streng ans Skript gehalten. Wenn Sätze fallen, wie „Ich bin doch kein Lump“, verliert der Film direkt jegliche Glaubwürdigkeit. Es kommt immer wieder zu Momenten, in denen die Schauspieler*innen ihre vermeintlich poetischen Texte aufsagen, die niemand so sagen würde und die völlig ohne Emotionen vermittelt werden. Dabei sind das Problem vermutlich nicht die Schauspieler*innen, auch wenn Hauptdarstellerin Diana Maria Frank nur apathisch in die Leere starrt oder völlig durchdreht. Nebendarsteller Sebastian Hülk hat unter anderem in der Netflix-Serie DARK bewiesen, dass er ein talentierter Schauspieler ist, er kann allerdings auch nur mit dem arbeiten, was ihm der Regisseur gibt.
Der finsterste Ort Deutschlands
Damit auch der Letzte versteht, dass sich Minthe in Gefahr begibt, als sie nach Hellheim reist, bekommen wir immer wieder plumpe Hinweise gereicht. Ihr Bus hat die Nummer 666, sie trifft sich mit dem Anwalt Dr. Schwarz, neben ihr wohnt Frau Goost (oder vielleicht Ghost) und sie arbeitet an der Wolfsmühle. Neben der Handlung um Minthe gibt es noch einen weiteren (überflüssigen) Handlungsstrang, in dem Ruby O. Fee auf einem Moped durch den Ort fährt und mit einer Armbrust, die sie auf dem Rücken trägt, Leute umbringt. Als eine Leiche gefunden wird, der ein Armbrustpfeil im Hintern steckt (kein Witz), kommt niemand darauf, dass es die mysteriöse Frau mit der Armbrust gewesen sein könnte. Auch das Rätsel um Minthes verschollene Eltern hat man sehr schnell durchschaut, auch wenn Minthe sich etwas blöd anstellt.
Wahrscheinlich könnte ich noch eine ganze Zeit weiter völlig hanebüchene Szenen aufzählen, die dem Film die letzte Glaubwürdigkeit nehmen (wie die Szene im Jugendamt, in der die Sachbearbeiterin Minthe sofort erkennt), aber es reicht vermutlich, wenn ich an dieser Stelle sage, dass es sich bei IM NACHTLICHT um keinen guten Film handelt. Der Film möchte eine komplexe Geschichte erzählen, wird aber vermutlich eher Trash-Fans begeistern. Mit der Depression der Hauptfigur, oder dem Märchenansatz hätte man einiges machen können, stattdessen ist der Film 90 Minuten belanglos und 10 Minuten Genrefilm.
Fazit
IM NACHTLICHT hat den spannenden Ansatz ein deutscher Genre-Film sein zu wollen, der sich unsere heimischen Sagen zum Vorbild nimmt, das Resultat ist leider ein unfreiwillig komischer Film, bei dem man sich immer wieder fragt, ob der Regisseur das jetzt ernst meint, oder ob man irgendeine ironische Ebene nicht verstanden hat. Der Film hat ein völlig bescheuertes Drehbuch, mit den unnatürlichsten Dialogen, die man seit langem im deutschen Film gesehen hat, furchtbares Schauspiel und ist wahnsinnig plump. Vielleicht haben Trash-Fans mit IM NACHTLICHT ihre Freude, ich kann nur von diesem Film abraten. Für den Versuch einen deutschen Genre-Film zu inszenieren und ein paar gute Aufnahmen, bekommt der Film von mir noch ein paar wohlwollende Mitleidspunkte.
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Minthe (Diana Maria Frank) kehrt in ihren Heimatort Hellheim zurück, in dem Sie eine alte Mühle restaurieren soll. Da sie ihre Eltern als kleines Kind weggegeben haben und sie diese nie kennen gelernt hat, wollte sie dem Ort eigentlich den Rücken kehren, doch nun wird sie von ihrer finsteren Vergangenheit eingeholt.
Bei IM NACHTLICHT handelt es sich um den Debut-Film von Misha Kreuz und leider muss man sagen, dass der Regisseur sich etwas an den eigenen Ambitionen verhoben hat. Was ein spannendes Horror-Drama hätte werden können ist ein plumpes Klischee, voller furchtbarer Dialoge („ich bin doch kein Lump“) und einer belanglosen Handlung. Mit der Buslinie 666, der Nachbarin Frau Goost (oder vielleicht Ghost), der Wolsmühle und dem Anwalt Dr. Schwarz, zeigt uns der Film immer wieder, wie finster es in Hellheim zugeht. Nur scheinen die Bürger im Ort völlig blind zu sein. So kommt es dazu, dass eine Leiche gefunden wird, die einen Armbrustpfeil im Hintern hat (kein Scherz), aber niemand kommt auf die mysteriöse Frau, die eine Armbrust auf dem Rücken trägt.
Auch wenn ich deutschen Filmen und Schauspieler*innen sehr wohlgesonnen bin, muss ich doch sagen, dass auch das Schauspiel, insbesondere von Diana Maria Frank völliger Murks war. Sie schaut entweder apathisch in die Leere, oder dreht völlig durch. Vermutlich haben die Regieanweisungen einen großen Teil dazu beigetragen, denn auch ein talentierter Schauspieler wie Sebastian Hülk ist hier kaum wiederzuerkennen. IM NACHTLICHT ist höchstens etwas für Trash-Fans, alle anderen sollten einen großen Bogen um diesen Film machen.
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Originaltitel | Im Nachtlicht |
Kinostart | 07.04.2022 |
Länge | ca. 104 Minuten |
Produktionsland | Deutschland |
Genre | Mystery |
Verleih | Real Fiction |
FSK |
Regie | Misha Kreuz |
Drehbuch | Misha Kreuz |
Produzierende | Gessie George | Anja Uhland |
Musik | Alev Lenz |
Kamera | Katharina Dießner |
Besetzung | Rolle |
Diana Maria Frank | Minthe Hellheim |
Ralf Drexler | Dr. Schwarz |
David Rott | Herr Strasser |
Stefanie Philipps | Frau Goost |
Sebastian Hülk | Hauptkommissar Rick Karon |
Mandy Kieroth | Minthes Kollegin Hannah |
Axel Gottschick | Schinckel |
Peter Eberst | Eddy |
Jens-Peter Fiedler | Hauptkommissar Kuschak |
Juri Senft | Kommissar Herda |
Markus Kloster | Filialleiter |
Mareile Blendl | Chief Lady |
Rudolf Schlager | Arbeitsvermittler |
Björn Jung | Taxifahrer |
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