Originaltitel: Jojo Rabbit
Kinostart: 23.01.2020
Länge: ca. 108 Minuten
Produktionsland: USA
Regie: Taika Waititi
Schauspieler: Roman Griffin Davis | Thomasin McKenzie | Scarlett Johansson | Sam Rockwell
Genre: Kriegsfilm | Komödie | Drama
Verleih: Fox Deutschland
Kaum jemand könnte ein internationaleres Leben führen als die 55-jährige Buchautorin Christine Leunens. Geboren in den USA als Tochter einer italienischen Mutter und eines belgischen Vaters und Enkelin flämischer Großeltern, kam sie schon in jungen Jahren viel rum. Oftmals reiste sie zwischen Belgien und New England hin und her, studierte ein Jahr in Frankreich und wurde dabei als Model erfolgreich. Doch ihren großen Karrieredurchbruch erlangte sie dann durch die Arbeit als Schriftstellerin. Unter anderem verfasste sie die vielfach übersetzten Werke „Primordial Soup“, „ A Can of Sunshine“ und „Caging Skies“. Letzteres lieferte die Vorlage für ein gleichnamiges Theaterstück von Desiree Gezentsvey sowie nun den mehrfach nominierten Spitzenfilm von Taika Waititi mit dem Titel JOJO RABBIT.
Beste schauspielerische Voraussetzungen
Taika Waititi ist ein Regisseur, Drehbuchautor und Darsteller, der für scherzhafte Auftritte bekannt ist und gefeiert wird. Zuletzt hat er THOR: TAG DER ENTSCHEIDUNG produziert, welcher mit Abstand der humorvollste der gesamten gleichnamigen Reihe wurde. Auch mit 5 ZIMMER, KÜCHE SARG hat er sich unter Kennern bereits einen Namen gemacht, da dies eine unterhaltsame Dokumentation über Vampire zeigt.
In JOJO RABBIT hat er nun einen riesigen und populären Cast über viele Jahre hinweg versammelt und vereint. Dazu gehören Scarlett Johansson (zuletzt in MARRIAGE STORY), Rebel Wilson (zuletzt in CATS), Sam Rockwell (VICE – DER ZWEITE MANN, THREE BILLBOARDS OUTSIDE EBBING, MISSOURI), Thomasin McKenzie (THE KING), Alfie Allen (Game of Thrones, PREDATOR – UPGRADE) und Stephen Merchant (GOOD BOYS, FIGHTING WITH MY FAMILY). Auch Waititi selbst tritt immer wieder in Erscheinung in der Rolle eines Ebenbilds Hitlers.
Jojo Betzler im Zwiespalt der Gefühle
Doch was erzählt diese vielfach gelobte Geschichte eigentlich und ist sie wirklich so stark?
Jojo Betzler ist gerade einmal 10 Jahre alt, doch schon jetzt ist seine Begeisterung für Adolf Hitler und dessen Ideologie grenzenlos. Daher ist es nicht überraschend, dass er mit viel Leidenschaft ein Mitglied in der Hitlerjugend ist. Angetrieben von der eigenen Überzeugung unterstützt ihn auch sein Geist in der Ausübung seiner Handlungen, denn ein imaginärer Hitler als Freund gibt ihm immer die richtigen Ratschläge. Doch diese Figur ist weit mehr als ein Freund. Auch wenn nur er die Gestalt wahrnimmt, ist dies eine Art Vaterfigur für ihn. Insbesondere, wo doch seine Mutter ihn gerne von dem nationalsozialistischen Gedankengut fernhalten würde.
Als Jojo seinen Mut etwas zu sehr ausspielt, wird er Opfer einer explodierenden Handgranate, die ihn für eine Weile an die heimatliche Ruhestätte bindet, um vollständig zu genesen. Doch macht er währenddessen eine schreckliche Entdeckung zu Hause: ein Judenmädchen hat sich bei ihnen eingenistet. Was soll er nur tun?
Die Poplegende Adolf Hitler
Einstimmend mit „Komm, gibt mir deine Hand“ von den Beatles, wird nicht nur die Fox-Fanfare überspielt, sondern gleichzeitig eine Massenhysterie von „Heil-Hitler“-Rufen eingeläutet. Mit wenigen Bildern schafft es JOJO RABBIT somit die Zeit, Ideologie und Lokalität in Kürze zu umreißen und umfangreich darzulegen. Dabei werden Originalaufnahmen alter Fernsehbeiträge eingespielt und so zusammengeschnitten, dass Adolf Hitler den Charakter einer großen Poplegende einnimmt. Von da an beginnt ein kaum endendes Geballer von makaber-humoristischen Ausmaßen. Während der Trailer noch vermuten ließ, dass sich der Humor weit unter einem akzeptablen Maß bewegt, wird im Film doch schnell klar, dass ziemlich genau die Grenze des erträglichen abgepasst und mit viel Feingefühl eine recht grenzwertige Auslegung der Geschichte visualisiert wurde.
Doch braucht ihr keine Angst haben hier nur eine irrwitzige Komödie zu erhalten, die kein Sinn und Verstand liefert. Vor allem durch die Figuren von Scarlett Johansson und Thomasin McKenzie erlangt JOJO RABBIT eine enorme Tiefe, die unter die Haut geht und den Zuschauer vor Augen führt, welche Unsinnigkeiten in Klischees sowie hinter der Ideologie des nationalsozialistischen Gedankenguts stecken. Aus einer fabelhaften Komödie entwickelt sich ein noch viel spannenderes Drama, was dennoch stets humoristisch untersetzt wird. Doch im Verlauf des Films bleibt dem Publikum das Lachen immer mehr im Halse stecken.
Rebel Wilson unnötig, Sam Rockwell dafür brillant
Überflüssig ist wohl zu erwähnen, dass Rebell Wilson mal wieder ihrem Stil treu bleibt und somit eine völlig überflüssige Figur verkörpert, welche glücklicherweise nur selten im Bilde ist. Wenn es etwas am Gesamtwerk zu bemängeln gibt, dann doch vor allem diese Figurenbesetzung.
Im Gegensatz dazu steht nämlich der gesamte restliche Cast, der einfach unglaublich ist. Während die nominierte Scarlett Johansson wieder einmal brilliert, ist es vor allem Sam Rockwell, der erneut die gesamte Aufmerksamkeit auf sich zieht, und dass trotz, dass er eigentlich nur als Nebenfigur in Erscheinung tritt.
Unbedingt zu erwähnen sind aber auch die genialen Kinderdarsteller. Insbesondere Thomasin McKenzie verleiht ihrer Figur enorme Tiefe und starken Ausdruck vor allem durch ihre starke und stet auf den Punkt treffende Mimik. Zudem harmonieren die beiden Protagonisten vollkommen und bieten damit die perfekte Grundlage für diese sehr erfolgreiche Geschichte.
Spannend und humorvoll bis zum Schluss
Durch die Einbindung vieler Metainformationen, die nur sehr unterschwellig oder mit Hilfe von schwarzem Humor vermittelt werden, wird eine starke emotionale Konfliktsituation zum Ende hin geschaffen, die das Publikum stets zwischen Humor und Trauer schwanken lässt.
Neben der tollen Besetzung bietet JOJO RABBIT doch vor allem eine tolle Geschichte, bei der das Publikum von der ersten Minute an gebannt und bis zum Schlusspunkt begeistert wird. Gerade in dem Moment, als sich ein wenig Eintönigkeit einstellt und die Gefahr groß ist, die Aufmerksamkeit der Zuschauer zu verlieren wirkt ein starker Twist dem entgegen.
Mit JOJO RABBIT hat Regisseur Taika Waititi eine satirische Geschichte über das Ende des zweiten Weltkrieges in Deutschland verfilmt. Diese bietet extrem schwarzen Humor der allerfeinsten Art und hangelt sich an einem schmalen Grat der Respektlosigkeit entlang, ohne diese Grenze jedoch zu überschreiten. Die herausragende Story wird nur ein wenig von den kleinen unliebsamen Auftritten Rebel Wilsons geschmälert, deren Besetzung absolut nicht gerechtfertigt ist. Glücklicherweise schafft es der restliche Cast unter anderem mit Scarlett Johansson, Sam Rockwell, Thomasin McKenzie, Roman Griffin Davis, Alfie Allen und Stephen Merchant solche Begeisterung zu erzeugen, dass Wilsons Auftritt schnell vergessen ist. Dem Zuschauer wird mit diesem Film ein ekliger Spiegel vor Augen gehalten der vor allem klischeehaftes Denken und rassistisches Gedankengut verpönt und auf erbarmungsloseste Weise kritisiert.
Schauspieler:in | Rolle |
Roman Griffin Davis | Jojo |
Thomasin McKenzie | Elsa |
Scarlett Johansson | Rosie |
Taika Waititi | Adolf |
Sam Rockwell | Captain Klenzendorf |
Rebel Wilson | Fräulein Rahm |
Alfie Allen | Finkel |
Stephen Merchant | Deertz |
Archie Yates | Yorki |
Luke Brandon Field | Christoph |
Sam Hagarth | Hans |
Stanislav Callas | russischer Soldat |
Joe Weintraub | Herr Junker |
Brian Caspe | Herr Müller |