Langreview English Version Fakten & Credits


Knock at the Cabin Filmstill

Knock at the Cabin ©2023 Universal Studios

Paul G. Tremblay ist ein 51-jähriger Autor für Horror, Sci-Fi und Dark Fantasy Romane, der mittlerweile sein zehntes Buch veröffentlicht hat. 2018 erschien „The Cabin at the End of the World“, für welches er noch vor dem offiziellen Release die Filmrechte verkaufte. Das daraufhin entwickelte Drehbuch landete 2019 auf der berüchtigten Blacklist der besten unverfilmten Ideen Hollywoods von Franklin Leonard, welcher seit 2015 diese auf Umfragen basierende Auflistung veröffentlicht und damit vielen heutigen Oscar® Preisträgern den Weg zum Erfolg geebnet hat. M. Night Shyamalan, der vor allem für mystische, unerklärliche und familiäre Werke bekannt ist, entwickelte Interesse an dem Werk und plante ursprünglich lediglich eine Verfilmung zu produzieren, bevor er schließlich auch das Drehbuch überarbeitete und selbst den Regiestuhl beanspruchte.

Darum geht es

Eric und Andrew haben sich den Traum einer kleinen Familie erfüllt. Gemeinsam mit ihrer Adoptivtochter Wen fahren sie in ein abgeschiedenes Waldhäusschen, wo es ihnen an nichts fehlt. Als Wen gerade am Sammeln von Grashüpfern ist, spricht sie plötzlich ein wildfremder und gefährlich aussehender Mann an, der sich zwar lieb und nett gibt, ihr aber dennoch Angst bereitet. Hilfesuchend flüchtet sie in die Hütte zu ihren Vätern. Als plötzlich noch drei weitere Gestalten auftauchen beginnt die Familie sich zu verbarrikadieren. Doch sie haben keine Chance. Die Eindringlinge schaffen es ins Haus. Doch statt die Familie auszurauben oder sie umzubringen, werden sie vor eine absurde Wahl gestellt: Entweder einer von ihnen opfert sich freiwillig oder der ganze Planet ist dem Untergang geweiht. Doch warum sollte man diesen rabiaten und furchtlosen Spinnern Glauben schenken?

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Rezension

Die ersten Szenen von KNOCK AT THE CABIN spielen irgendwo zwischen der visuellen, ruhigen und erzählerischen Kraft von MINARI und jedem beliebigen Haunted House Film der vergangenen Jahre. Letztlich hält er jedoch an alten Mustern fest und entwickelt einen Streifen, der sich abgeschieden von der großen Außenwelt zuträgt, den Fokuspunkt auf eine bestimmte Familie legt und ein eigenwilliges und unberechenbares Drama, welches immer wieder Avancen an das Horrorgenre macht, zeigt. Doch diesmal geht er sogar noch einen Schritt weiter und wandert zeitweise auf den Pfaden Roland Emmerichs. Die Apotheose der vier Antagonisten und der damit verbundene Glaube an eine Endzeit, dienen als Deckmantel für die vollkommen simple Frage: Wenn du dich zwischen deiner Familie und der Rettung der Welt entscheiden musst – wie lautet dein Weg? Im Grunde ein spannender philosophischer Ansatz, der hier aufgegriffen wird und in vielerlei Hinsicht innere Konflikte provoziert.

Knock at the Cabin ©2023 Universal Studios

Diese Abwandlung des Trolley-Problems von Karl Engisch (Darf der Tod einer Person in Kauf genommen werden, um Mehrere zu retten?), welche im Buch noch oberste Priorität hat, verkümmert im Film merklich. Das liegt vor allem daran, dass Shyamalan die Fragestellung nur aus Versehen andeutet und immer wieder mittels der Antagonisten darauf drängt, dass die „Weichensteller“ eine Entscheidung treffen müssen, nicht jedoch spezifiziert, welche emotionalen Zerwürfnisse die beiden Optionen überhaupt mit sich bringen. Doch auf intelligente Entscheidungen sollte man in KNOCK AT THE CABIN sowieso nicht hoffen, denn ein markanter emotionaler Wendepunkt aus dem Buch wurde von Shyamalan kurzerhand so drastisch geändert, dass jegliche tiefgreifendere Bedeutung an den Haaren herbeigezogen wirkt und alle finalen Entwicklungen provisorisch zusammengeschustert sind.

Gut gemeint, schlecht gemacht

Nach OLD kommt es jedoch auch wenig überraschend, dass der Regisseur viel zu selbstverliebt in seine eigenen Gedanken ist und Details den Vorrang vor dem Großen Ganzen gibt. So wurde viel Arbeit in den Bau des Sets, die Gestaltung von überflüssigen Requisiten, die Auswahl älterer Objektive und die perfekte Ausleuchtung gelegt. Letzteres wurde sogar mit einer ausführlichen Lichtstudie verknüpft, bei der einen kompletten Tag lang jeder Winkel außerhalb der Fenster und Türen fotografiert wurde. All das erzeugt in der technischen Umsetzung zwar ein nettes Gesamtpaket, lässt aber auch erkennen, warum der Blick für das Wesentliche immer wieder fehlte. Schon zu Beginn verpasst uns Shyamalan den ersten Schock mit übergroßen Introcredits, die das Publikum regelrecht erschlagen und eher wie eine falsche Skalierung wirken. Doch war dies wohl gewollt, denn gnadenlos werden wir mit viel zu nahen Close-ups bombardiert, die jegliche schauspielerische Mimik (sofern vorhanden) überflüssig macht und den Schärfepunkt nicht treffen.

Knock at the Cabin Filmstill

Knock at the Cabin ©2023 Universal Studios

Damit kommen wir nämlich direkt zur Besetzung, die absurder wohl kaum sein könnte. Die Diversitätscheckliste in KNOCK AT THE CABIN ist überdeutlich erkennbar, denn uns wird ein homosexuelles Paar gezeigt, welches eine asiatische Tochter adoptiert und von zwei Männern und zwei Frauen angegriffen wird von denen Nikki Amuka-Bird, die wir schon aus Shyamalans OLD kennen, auch noch die BPoC repräsentiert. Doch diese erzwungene Besetzung ist gar nicht mal so dramatisch und entspricht zu gewissen Teilen auch der Romanvorlage. Viel gewöhnungsbedürftiger erscheint es Dave Bautista in einer deutlich ernsteren Rolle zu sehen, in welcher er mit seiner 1,90 Meter Körpergröße und seinem muskelbepackten bulligen Auftreten ganz und gar nicht wie der typische Lehrer ausschaut. Doch natürlich mag auch ein solcher Mann Kinder unterrichten, denn zumindest seine angetäuschte feinfühlige Art erzeugt die nötige Ambivalenz. Er selbst sagt dazu:

Normalerweise wollen mich alle für Action-Sachen, und ich verstehe, warum sie mich in diese Schublade stecken wollen. Aber ich habe dafür gekämpft, mich aus dieser Schublade zu befreien. Ich wollte komplexere Rollen, weil ich mich als Schauspieler beweisen möchte.PH zu Knock at the Cabin
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Knock at the Cabin ©2023 Universal Studios

Ist das sein Comeback?

Da Rupert Grint zuletzt kaum in größeren Produktionen aufgetaucht ist, ist sein Auftreten eine kleine Überraschung, auch wenn es sich lediglich um eine kleine Nebenrolle handelt. Da er jedoch zuletzt mit Shyamalan auch in SERVANT zusammenarbeitete war eine Besetzung naheliegend. Ob das ein Anfang eines Comebacks sein kann bleibt jedoch fraglich, da bis auf bei Kristen Cui, Ben Aldridge und Jonathan Groff alle schauspielerischen Leistungen vernachlässigt werden können. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auch Shyamalan selbst zu nennen, der mittels Cameoauftritt für einen Lacher, aber gewiss nicht für eine Bereicherung in KNOCK AT THE CABIN gesorgt hat.

Fazit

Shyamalan macht da weiter, wo er bei OLD aufgehört hat und vergisst in seiner Detailverliebtheit vollkommen eine schlüssige Story zu erzählen und diese mit einem vernünftigen Handlungsablauf zu versehen. Statt sich wieder einer unberechenbaren Horrorgeschichte zu bedienen, verlagert er dies nun lediglich ins Katastrophengenre unter dem der eigentlich spannende philosophische Ansatz viel zu kurz kommt und sich nicht entfalten kann. Schuld daran könnten aber auch die äußerst unangenehmen Fehlinszenierungen sein, bei denen ein normales Auto plötzlich Panzerglasscheiben besitzt oder ein Protagonist vor einer Bedrohung nicht flieht, sondern im gemütlichen Sonntagsspaziergang auf Distanz geht. Eine kleine Überraschung ist die Besetzung von Rupert Grint, der lange nicht mehr in einer solch größeren Produktion zu sehen war. Auch wenn es interessant ist Bautista mal in einer komplexeren Rolle zu sehen, so hängt ihm sein Stigma deutlich nach und lässt seine Figur etwas unwirklich erscheinen. Insgesamt also ein Film, der sich nur zeitweise an die Romanvorlage hält und ansonsten das bekannte Trauerspiel des Regisseurs rund um unerwartete Entwicklungen zeigt. Das Heimkino reicht hier wohl völlig.

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