Review Fakten + Credits

Review

Die Eröffnung des Filmfests in Cannes war im Jahr 2025 eine volle Überraschung. Denn nicht etwa ein Film mit Starbesetzung eröffnete das Filmfest an der französischen Mittelmeerküste, sondern der kleine und unscheinbare französische Indie-Film NUR FÜR EINEN TAG, welcher von Amélie Bonnin inszeniert wurde und von der Köchin Cécile (Juliette Armanet) handelt, die ihren Traum lebt und kurz davor ist, in Paris ein Restaurant mit Potential für Michelin Sternen zu eröffnen.

Doch ihr Traum wird von familiären Schicksalen heimgesucht. Denn der Vater Gérard Béguin (François Rollin) erleidet einen Herzinfarkt und braucht in seiner Gaststätte für LKW-Fahrer in der Heimatprovinz dringend Hilfe. Schweren Herzens lässt Cecile ihren Freund Sofiane (Tewfik Jallab) vorerst in Paris zurück und besucht ihre Eltern. Dabei merkt sie, wie sehr sie die Provinz trotz aller Einfachheit vermisst hat, und wie schwer sie auch dank alter Freunde wieder von dieser los kommt.

Der eine Charakter

NUR FÜR EINEN TAG erzählt seine Geschichte ausschließlich aus der Perspektive von Juliette Armanets Charakter, was immer mit einem gewissen Risiko einherkommt. Denn einige Filme schaffen es dabei nicht, den eigenen Look zu kreieren und verrennen sich mit dieser Idee. Doch nicht so der Film von Amélie Bonnin. Hier haben die Rezipienten nicht das Gefühl, einen Film durch die Kamera zu sehen, sondern live dabei zu sein. Das Publikum ist die Kamera.

Dieser Realismus wird auch von den realistischen sowie greifbaren Charakteren getragen, welche nicht nur wie geschriebene Seiten in einem Drehbuch, sondern wie echte organische Lebewesen wirken. Die Zuschauenden fühlen mit den Charakteren Liebe, Hass, Trauer, Wut sowie Komik. Und manchmal gibt es die Momente, in denen die Zuschauenden die Charaktere am liebsten durch die Leinwand anschreien wollen, da die Darstellenden einen fatalen Fehler tun.

Bemerkenswert ist hierbei auch das Schauspiel der Darstellenden von NUR FÜR EINEN TAG. Diese spielen mit solch einer lockeren und natürlichen Art, so als sein sie die Charaktere selbst. Besonders Juliette Armanet, Bastien Bouillon, François Rollin sowie Dominique Blanc überzeugen komplett und bleiben den Rezipienten auch noch Tage später in Erinnerung. Einzig der Darsteller des Freundes – Tewfik Jallab – erscheint den Rezipienten unsympathisch, was aber auch an der Rolle liegen kann, welche durch patriarchale und machohafte Züge auffällt.

©2025 Topo Shot Films | Les Films du Worso | Pathé Films | France 3 Cinéma

Die alte Liebe

Das Heimkommen in die alte Heimat wühlt in Juliette Armanets Charakter diverse Emotionen auf, die auf den ersten Blick wie ein verwirrender Urwald erscheinen, aber für die Zuschauenden komplett nachvollziehbar sind. Wer eine positive Bindung zu seiner Heimat hat, sei es bewusst oder unbewusst, und lange von dieser getrennt war, wird sich in Cécile in NUR FÜR EINEN TAG wiedererkennen. Die Gefühle der alten Liebe, alten Erinnerungen und alten Bekanntschaften, die wieder hochkommen, werden treffend übermittelt.

NUR FÜR EINEN TAG zeigt perfekt, dass die Liebe – ganz gleich, ob zu einem Menschen, oder Ort – unerwartet, alles andere als einfach und dennoch wunderschön ist. Kaum ein anderes Gefühl kommt an die Liebe heran und sei es nur die Liebe an herzliche Erinnerungen. Mit Bastien Bouillons Charakter schafft der Film es auch, treffend zu zeigen, dass es sich auch lohnt, um eine alte Liebe zu kämpfen, selbst wenn diese nur noch platonisch möglich ist.

Alors on danse

Immer wieder fällt NUR FÜR EINEN TAG auch durch seinen Humor und die damit entstandenen herzlichen Lacher auf. Dabei handelt es sich selbstredend nicht um einen Humor, wie die spitzen britischen Kommentare, die Zuschauende aus Filmen wie KLEINE SCHMUTZIGE BRIEFE oder DIE ROSENSCHLACHT kennen, sondern einen leichten, lebhaften Humor. Und am Ende passen diese Art von Witzen perfekt zu einem französischen Liebesdrama mit humoristischen Elementen.

©2025 Topo Shot Films | Les Films du Worso | Pathé Films | France 3 Cinéma

Aber das Highlight von NUR FÜR EINEN TAG sind immer wieder die gesungenen Passagen, die zwar Inhalt vermitteln, aber es dennoch bodenständiger mit Gesangseinlagen halten, als typische Musicals wie WICKED: TEIL 1. Nur bedeutsame Aussagen werden mit Liedern übermittelt, da Lieder durch Emotionen und Metaphern es doch schaffen, mehr als 1000 Worte auszudrücken.

Mit einer Lauflänge von 98 Minuten hat NUR FÜR EINEN TAG genau das richtige Tempo und das Publikum kann nicht behaupten, dass es sich in irgendeinem Moment gelangweilt hätte. Und auch das Ende könnte treffender nicht gezeigt werden. Es ist gut, dass der Film die Zuschauenden so zurück lässt, wie er es tut. Den  zu viel Emotionen wären ein überemotionaler und unangenehmer Kitsch gewesen.

Fazit

NUR FÜR EINEN TAG überzeugt die Rezipienten auf ganzer Linie. Nicht nur haben diese das Gefühl, live beim Geschehen dabei zu sein und die Rolle der Kamera einzunehmen, sie erfreuen sich zudem an den lebendigen Charakteren. Die Sehnsucht, das Wiederentdecken der Liebe und die Melancholie sind bewegend und die Musikwahl erzeugt Ohrwürmer, wodurch der Film den Zuschauenden auch Tage nach der Sichtung in Erinnerung bleibt. Wer Fan von französischen Liebesdramen mit komödiantischen Elementen ist, bekommt mit NUR FÜR EINEN TAG einen begeisternden Genrevertreter.

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