Langreview English Version Fakten & Credits
Bücher und Geschichten sind längst nicht mehr nur in den Regalen von Bibliotheken und Buchläden zu finden. Im Zuge der allgemeinen Digitalisierung war zu befürchten, dass das Lesen immer weiter in den Hintergrund rücken würde und von Filmen und Audiowerken abgelöst wird. Doch das Internet bot sogleich auch neue Möglichkeiten und so hat sich mittlerweile das Lesen zum Volkssport entwickelt und große Social Media Plattformen wie TikTok greifen das Interesse auf. Die Zeit der ausschließlichen Veröffentlichung von Büchern über entsprechende Verlage ist vorbei und immer mehr Menschen widmen sich dem Selfpublishing. Durch kostengünstige Lösungen wie E-Books kann nahezu jeder seine Geschichten einer Leserschaft bereitstellen. Viele junge Autor*innen leben sich auf Plattformen wie Wattpad aus, wo kostenlose Texte veröffentlicht werden können. Hierbei handelt es sich häufig um Jugendbücher und Fan-Fictions, aber auch der Romance Sektor kommt nicht zu kurz.
Auch Claudia Tan zählte damals zu eben jenen Selfpublisherinnen. Im Alter von 17 Jahren veröffentlichte sie 2017 den zweiten Teil ihrer „Perfect“-Geschichtenreihe, welcher sogleich einen unfassbaren Erfolg erzielte und ganze 80 Millionen Mal aufgerufen wurde. Eine Verfilmung dieses Buches ist daher nur naheliegend. Die Wattpad WEBTOON Studios sind ein hauseigenes Studio, welches die Geschichten von Wattpad mittels Filmen und Fernsehsendungen nach außen tragen soll. Nachdem die noch immer andauernde „AFTER“-Reihe bereits die Kinokassen zum glühen brachte, kommt es kaum überraschend das Castille Landon, die bereits AFTER LOVE und AFTER FOREVER umgesetzt hat und derzeitig an AFTER EVERYTHING arbeitet, auch für die Realisierung von PERFECT ADDICTION angefragt wurde.
Darum geht es
Für Sienna könnte es kaum besser laufen. Als UFC-Trainerin genießt sie ein hohes Ansehen und es ist ihr möglich Sport und Privates zu verknüpfen, da ihr Partner der gegenwärtige MMA-Champion Jax ist. Wenn sie sich nicht gerade um den Sport sorgt, sitzt sie in der Uni bei ihrem besten Freund und bereitet sich aufs Leben vor. Doch diese wundervolle und heile Welt findet ein jähes Ende, als sie Jax erwischt, wie er sie mit ihrer jüngeren Schwester betrügt. Eine Trennung steht außer Frage, doch wie soll es weitergehen? Sie muss so schnell wie möglich aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen und bekommt Hilfe von Kayden, dem Bruder ihres besten Freundes. Auch er ist in der Mixed Martial Arts Szene unterwegs. Für Sienna eine perfekte Entwicklung, denn nun öffnet sich für sie die Möglichkeit sich an Jax zu rächen. Doch wird sie damit womöglich alles riskieren?
Rezension
Der Filmtitel ist noch nicht einmal erschienen, schon ruft der erste Kinogast: Bingo! PERFECT ADDICTION kann als Klischee in Filmformat bezeichnet werden, denn regelrecht alles schreit danach, hier eine moderne Teenie Romanze zu bekommen, die fern ab von Werten und Gefühlen spielt und sich ähnlich wie bei der kompletten AFTER-Reihe lediglich auf die nächste Sexszene fokussiert. Selbst Chat GPT würde bei den Dialogen schlecht werden, denn Sätze wie „[beliebiges Ereignis oder Person] holte uns ins reale Leben zurück“ oder „er braucht mich“ oder gar „ich bin nicht so einfach zu haben“ zählen wohl zu der ekelhaftesten Kommunikationsebene, die ein Werk aufgreifen kann. Doch fast noch schlimmer ist, dass diese Inhalte keinerlei Wertigkeit haben und bei der nächsten Gelegenheit direkt wieder über den Haufen geworfen werden. Dieser Film perfektioniert es sogar sich innerhalb von nur einer einzigen Minute selbst zu widersprechen, was im Grunde schon als Leistung bewertet werden kann.
Doch bevor an dieser Stelle zu viel böses Blut fließt und ein falscher Eindruck vermittelt wird: Castille Landon schafft es in all der generischen Story tatsächlich eine spannende Essenz zu verstecken, die durchaus Potential hat diesen Film positiv von den sonst üblichen kreativlosen und sexualisierten Teenie Filmen abzuheben. So widmen sich große Teile der Handlung dem MMA Sport und zeigen physisch beeindruckende Darstellungen. Bemerkenswert ist dabei, dass entsprechende Szenen recht reduziert sind in ihrer Schnittfolge, wodurch der Eindruck gut trainierter Schauspieler*innen entsteht, die sich für ihre Rollen aufopfern. Tatsächlich hat uns Hauptdarstellerin Kiana Madeira in einem Interview verraten, dass sie ganze acht Wochen intensives Training betrieben hat, um die körperlich notwendige Form zu erreichen. Dieser Einblick ins MMA Fighting ist trotz aller Oberflächlichkeit durchaus ein reizvoller Ansatz, der neugierig auf die Sportart macht und ein paar Vibes von FIGHTING WITH MY FAMILY versprüht.
Landon holt zum großen Punch aus
Doch Landon geht sogar noch weiter und etabliert in PERFECT ADDICTION endlich mal eine Hauptdarstellerin, die nicht nur eine schwache, zerbrochene und fast schon infantile Persönlichkeit ausstrahlt, sondern sich durchaus zu wehren weiß und zumindest teilweise gleichzusetzen ist, mit den beiden männlichen Gegenspielern. Im Vergleich zu sonstigen Filmen des Teenie-Romance-Genres wird somit den vor allem jungen Zuschauerinnen ein deutlich fortschrittlicheres Miteinander vorgelebt, auch wenn das leider noch nicht heißt, dass Kiana Figur als komplett eigenständige moderne Frau betrachtet werden kann.
Abseits dieser Lichtblicke bietet uns sich jedoch das gleiche Bild wie eh und je. Nichts scheint so recht zueinander zu passen, die komplette Handlung ist im Grunde von der ersten Sekunde an vorhersagbar und alles schreit danach, dass es sich hierbei wieder um eine alberne Teenie Schwärmerei handelt. Fans dieser Art von Filmen kommen dabei vollkommen auf ihre Kosten, denn die perfekt trainierten Jungs in ihren kontroversen Persönlichkeiten zeigen häufig genug viel Haut. Um das Ganze entsprechend abzurunden, gibt es auch hier wieder mehrere Sexszenen, die nur mühselig noch als kinderfreundlich bezeichnet werden können. Problematisch daran ist vor allem, dass jungen Menschen ein Umgang mit Intimität und Partnerschaft aufgetischt wird, welcher weltfremd ist und lediglich die Gelüste pubertärer junger Menschen befriedigen soll.
Ein Schlag ins Gesicht der Zuschauenden
Ein kinematographisches No-Go sind jedoch die völlig verschrobenen Entwicklungen, die abseits der Kamera oder im Hintergrund der fokussierten Handlung stattfinden. Sei es, dass Kianas Hauptfigur von ihrem besten Freund weder die Mutter noch den Verlobten kennt (der irrwitziger Weise nach dem ersten Kennenlernen bei vielen Szenen auftaucht) und überraschenderweise nicht mal weiß, dass er einen Bruder hat, der auch noch in der gleichen sportlichen Richtung wie sie tätig ist – oder dass ein illegaler Cagefight mit einer Razzia beendet wird, welche genauso gut hätte vom deutschen Beamtentum durchgeführt werden können. Ein nettes Dudu und ein entspanntes Ende der „Party“ bei dem alle in seliger Ruhe nach Hause stapfen, sind die einzigen Folgen. Doch selbst im Story Mittelpunkt wird gepfuscht, was das Zeug hält, denn ein Auftritt von Matthew Noszka bei einer Hochzeit wird schon durch sein plakatives Outfit zu einer Farce.
Fazit
Fans der AFTER-Filmreihe kommen voll auf ihre Kosten und erleben mit PERFECT ADDICTION eine sogar etwas bessere Teenie Romanze als wir es gewohnt sind. Reduziertere Sexualisierung, etwas mehr Fokus auf eine scheinbar existierende Handlung sowie ein nun mehr endliches Hin und Her sorgen dafür, dass dieser Film zumindest etwas näher an die Ertragbarkeit heranrückt. Nichtsdestotrotz bekommen Zuschauende mit auch nur einem kleinen Bisschen Anspruchswillen den sowohl inhaltlichen als auch technischen altbekannten Schwachsinn. Sobald auch nur angefangen wird, gewisse Aspekte des Films zu hinterfragen, zerbricht das Werk in plumpe und lakonische Einzelteile deren Affektiertheit lediglich zum Fremdscham geeignet sind und maximal ein beschämtes Lachen herauskitzeln. Doch, war es anders zu erwarten? Wohl kaum.
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