Rezension
Als der Kontakt zu seiner Frau Lenka auf der Erde abbricht, ist Kosmonaut Jakub Prochazka schon etliche Monate allein im All unterwegs. Worüber der in einem Interview als “einsamster Mensch der Welt” bezeichnete Raumfahrer lang im Dunkeln gelassen wird: die vermeintlichen Technikprobleme sind nur ein Vorwand seines Teams im Mission Control Center, um ihn vor der Wahrheit zu bewahren. Seine Frau hat die Beziehung beendet, mit ihr geht einer der wenigen Bezugspunkte Jakubs zur Erde verloren. Auch ohne konkret darüber Bescheid zu wissen, ahnt er, was in unüberwindbarer Entfernung vor sich geht. Wie gut, dass Jakub in Johan Rencks aktuellsten Film, der seine romantisch-tragische Liebesgeschichte vor alles andere stellt, nicht so allein ist, wie ursprünglich gedacht.
Nach kurzer Zeit offenbart sich im Inneren seines Raumschiffs ein blinder Passagier: ein außerirdisches, spinnenartiges, durch die Stimme von Paul Dano und passable Effekte zum Leben erwecktes Wesen. Dieses wird zu Sandlers säuselnden Spielgefährten und Jakubs eigenwilligen (Beziehungs-) Therapeuten, der die plumpen Einblicke in Vergangenheit und Psyche des sensiblen Raumfahrers rezipiert, kalenderspruchartig kommentiert und zudringlich beeinflusst. Gleichwohl der Film die entfernte Reise seiner Hauptfigur vor allem als allegorischen Selbsterkennungs- und Reifeprozess begreift, erscheint die Untauglichkeit seiner Figuren für die laufende, aber jederzeit in den Hintergrund tretende Weltraummission reichlich absurd und eigentlich vermeidbar.
So wenig das austauschbare Science-Fiction-Setting trotz aufmerksamer Details über Stereotype des Genres hinausreicht, so oberflächlich sind auch die rührseligen Zeichnungen seiner Figuren und deren Entwicklungen. Länger als die Chopra-Wolke, zu deren Erkundung Jakub einst aufgebrochen ist, zieht sich die Handlung des Films, die subtile Beobachtungen und Ansätze einer eindringlichen Einsamkeits- oder Personenstudie verwehrt und sich mit ihrer Romanze wiederholt im Kreis dreht. So schlurft SPACEMAN eher schleppend als aufregend dem visuell wie emotional kulminierenden Finale seiner überraschungsarm und konventionell vorgetragenen Konflikte entgegen.
Vereinzelte Interaktionen zwischen der Stimme Paul Danos und Adam Sandler, der sein Können zwar erneut außerhalb Komödien unter Beweis stellen kann, aber nicht aus dem strapazierenden Duo herausragt; Kommunikationsversuche, die nicht nur durch Technikfehler, sondern auch vom Egoismus seiner Hauptfigur gestört werden oder die berechtigte Ernüchterung der von Carey Mulligan verkörperten Lenka, die vom Film kaum ernstzunehmende Aufmerksamkeit erhält, markieren das schlummernde Potential der repetitiven Science-Fiction-Adaption. Für deren Emotionen muss schon die Musik ordentlich nachhelfen. So einsam wie der Kosmonaut im Weltraum ist SPACEMAN auf Netflix jedenfalls garantiert nicht. Dort gibt es genug Filme mit ähnlich träger Qualität.
Fazit
Das Weltall wird zum Nebenschauplatz einer ganz persönlichen Ein-Mann-Mission. Von einem eindringlichen oder kammerspielartigen Einsamkeits- und Beziehungsporträt bleibt SPACEMAN in seiner trägen wie emotional aufdringlichen und letztlich substanzarmen Erzählung jedoch weit entfernt.
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Originaltitel | Spaceman |
Kinostart | 23.2.2024 |
Länge: | 108 minuten |
Produktionsland | United States of America |
Genre: | Science Fiction | Abenteuer | Drama |
Regie | Johan Renck |
Executive Producer | Barry Bernardi | Ben Ormand | Johan Renck |
Producer | David Minkowski | Max Silva | Matthew Stillman | Channing Tatum | Reid Carolin | Peter Kiernan | Michael Parets | Tim Headington | Lia Buman |
Kamera | Jakob Ihre |
Visual Effects | Paddy Kelly | Bryan Litson |
Musik | Max Richter |
Cast | Adam Sandler, Paul Dano, Carey Mulligan, Kunal Nayyar, Isabella Rossellini, Lena Olin, Petr Papánek, Marian Roden, Zuzana Stivínová, Sinéad Phelps, Sunny Sandler, John Flanders, Bash Doran, Petr Bláha, Mikuláš Čížek, Jessica Bechyňová, Soňa Tichá, Kimberly Han, Young Lee, Elke Luyten |
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