Review
Kleinere, sich abseits des Mainstreams bewegende Action-Thriller sind oftmals eine Wundertüte. Manchmal überraschen sie mit brillanten Plot-Twists und atemberaubenden Action-Sequenzen, andere Male langweilen sie uns zu Tode und vergeuden schlichtweg kostbare Lebenszeit. Zu THE SILENT HOUR mag keine der beiden Beschreibungen wirklich passen. Er erfindet zwar das Rad nicht neu, liefert aber zumeist genau die eine Sache, die man sich von einem Film dieser Art erhofft: Spannung.
Altbewährtes, aber abgenutztes Konzept
Einige Monate nach einem missglückten Einsatz ist Polizeikommissar Frank Shaw (Joel Kinnaman) kurz davor, seinen Job hinzuschmeißen. Bei jener Polizeiaktion hat er durch einen unglücklichen Unfall sein Hörvermögen fast vollständig verloren – eine Besserung ist ausgeschlossen. Eines Tages bittet ihn sein Ex-Partner Doug (Mark Strong) um Hilfe bei einem Fall, der mit einem Mord an Drogendealern zusammenhängt. Die vor Ort anwesende Zeugin Ava (Sandra Mae Frank) muss verhört werden. Einziger Haken: Sie ist gehörlos. Selbst noch sichtlich mit der Gebärdensprache unbeholfen versucht Frank, sich mit der Zeugin zu verständigen. Nach dem Verhör bemerkt Frank, dass er sein Handy bei Ava vergessen hat. Doch nicht nur er befindet sich auf dem Weg zu ihrem Wohnhaus. Korrupte Polizisten und Drogenbosse haben Wind von der Aussage der Mordzeugin bekommen und sind vor Shaw vor Ort. Daraufhin liefern sich Frank und Ava ein Katz-und-Maus-Spiel mit den Attentätern – schaffen sie es, aus dem Gebäude zu entkommen, ohne in die Fänge der Angreifer zu gelangen?
Die Idee eines Thrillers, in dem Personen in einem Gebäude von Feinden festgehalten und aufgespürt werden, ist wahrlich keine neue. STIRB LANGSAM ist dabei ein prominentes Beispiel, in welchem dieser Grundsatz bereits Erfolg gefunden hat. Generell wirkt THE SILENT HOUR wie ein typischer 2000er Action-Thriller, der direkt auf Video-on-Demand rausgebracht wurde und über welchen man zufällig in der DVD-Abteilung eines Second-Hand-Geschäftes stolpert. Liest man einmal die Inhaltsbeschreibung auf der Rückseite, weiß man schon genau, worauf man sich einlässt. Schwer zu ruinieren, ist ein Film mit dieser Formel nicht. So bekommt man auch hier genau das, womit man sich beim Kauf des Films bereits sicher sein konnte: Ein Film, der Spannung bietet, den Zuschauer nie überfordert, aber auch kein Film, über den man zwei Wochen danach noch nachdenkt.
Konventionelle Story mit einigen Schwächen
Dadurch, dass der Film keinerlei Fläche für originelle Handlungsstränge bietet, ist die Story zum Teil bereits vorhersehbar. Vor allem der Plot-Twist gegen Ende des Films, der sicherlich als großer Schock angedacht war, kann durch zahlreiche Anspielungen im Laufe des Films bereits lange vorher prognostiziert werden. Auch deswegen ist es kaum verwunderlich, dass THE SILENT HOUR das allererste Werk des Drehbuchautors Dan Hall ist. Die Charaktere durchleben kaum eine Charakterentwicklung, sämtliche Hintergrundfakten über die einzelnen Persönlichkeiten werden auffällig oft in Dialogen erwähnt, um den Anschein von Tiefe zu simulieren.
Starkes Schauspiel, kreative Kinematografie
Nicht überholt und verblasst sind jedoch die schauspielerischen Leistungen der Darsteller*innen. Besonders hervorzuheben ist hierbei Ava, gespielt von Sandra Mae Frank. Frank setzt sich über die Jahre hinweg immer wieder für die Rechte und Sichtbarkeit von gehörlosen Schauspieler*innen ein. Dabei kritisiert sie, dass immer noch sehr viele Schauspieler*innen ohne Einschränkung des Hörvermögens in die Rollen von gehörlosen Figuren schlüpfen. Mit einer emotionalen und auf den Punkt gebrachten Performance beweist Frank eindrucksvoll, dass gehörlose Darsteller*innen am besten gehörlose Figuren verkörpern können.
Obwohl der Film mit dunklen und neutralen Tönen zwar nur unmerkbar anders als bekannte ähnliche Action-Thriller daherkommt, passt dieses mit der Lichtkomposition sehr zur angespannten und klaustrophobischen Stimmung von THE SILENT HOUR. Außerdem glänzt auch das Sounddesign und -konzept: Zu keiner Sekunde im Film kommt das Gefühl auf, dass die Kommunikation der beiden gehörlosen Charaktere, sowie die Interaktion mit den hörfähigen Figuren, gespielt oder unecht ist.
Fazit
Wer auf einen oscarreifen, anspruchsvollen und noch nie dagewesenen Film Lust hat, sollte THE SILENT HOUR lieber überspringen. Zu geläufig ist hierfür die Handlung, die kaum Risiken eingeht und sich an einigen Standard-Elementen von bekannteren Action-Thrillern bedient. Wer jedoch einen spannungsgeladenen Film sucht, der visuell, schauspielerisch und sound-technisch einiges zu bieten hat, nicht besonders kompliziert und für die Länge des Films eine gute Zeit verspricht, macht hiermit nichts falsch.
THE SILENT HOUR ist ab dem 8. November als DVD und Blu-ray erhältlich.
Wie hat Dir der Film gefallen?
Originaltitel | The Silent Hour |
Kinostart | 3.10.2024 |
Länge: | 95 minuten |
Produktionsland | United States of America |
Genre: | Krimi | Thriller | Action |
Regie | Brad Anderson |
Executive Producer | Blair Ward | Anders Erdén | Aaron Barnett | Michael Ewing |
Producer | Eric Paquette |
Musik | Anton Sanko |
Cast | Joel Kinnaman, Sandra Mae Frank, Mekhi Phifer, Mark Strong, Michael Eklund, Anthony Grant, Jonathan Koensgen, Mike Parish, Seán James Sutton, Djinda Kane, Jamaal Grant, Matthew Camilleri, Chris Dingli, Shane Rowe, Anselmo DeSousa, Marko Nikolic, Becky Camilleri |
Wie hat Dir der Film gefallen?
Hinterlasse einen Kommentar