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Willkommen in Siegheilkirchen

Willkommen in Siegheilkirchen ©2022 Aichholzer Film | Filmbüro Münchner Freiheit

Animationsfilme sind schon lange nichts mehr, was nur von Kindern konsumiert wird. Bereits in den 1990er Jahren hat Matt Groening eine Zeichentrickserie ins Fernsehen gebracht, die sich sowohl an eine junge als auch an eine erwachsene Zielgruppe richtet. Wir alle kennen die gelbe Familie aus Springfield als DIE SIMPSONS. Es sollten weitere Serien wie SOUTH PARK oder FAMILY GUY folgen, die sich immer mehr auf eine erwachsene Zielgruppe fokussieren. Nun im Jahr 2022 erscheinen regelmäßig neue Produktionen, die zwar animiert sind, von denen man Kinder aber eher fernhalten sollte. WILLKOMMEN IN SIEGHEILKIRCHEN ist ebenfalls so ein Film. Es handelt sich bei dem österreichischen Animationsfilm, um eine Umsetzung der Figuren des 2016 verstorbenen Karikaturisten Manfred Deix. Bereits seit 2013 befindet sich der Film in der Entstehung, sodass Deix in seinen letzten Jahren noch kreativ am Schaffensprozess beteiligt war. Der Film ist lose an die Kindheit des Zeichners angelehnt, der selbst in einem kleinen Ort in Österreich als Sohn eines Gastwirtes aufgewachsen ist und dort seine Leidenschaft für das Zeichnen entdeckt hat.




Darum geht es…

Der pubertierende Rotzbub (Markus Freistätter) fühlt sich eingeengt in der ultrakonservativen Kleinstadt Siegheilkirchen. Er ist der Sohn eines einarmigen Gastwirtes, der gemeinsam mit seiner Frau die Kneipe im Ort führt. Sie haben kein Ansehen in der Stadt und gelten als Verlierer. Als wäre das nicht schon genug, hat Rotzbub immer wieder Ärger mit dem Pfarrer, der auch gleichzeitig der Lehrer im Ort ist. Rotzbub verliert sich im Unterricht immer wieder in Tagträume über die schöne Trude (Katharina Straßer), die er häufig aus dem Fenster seines Elternhauses beobachtet. Eines Abends kommen Roma in die Gastwirtschaft und schnell ist klar, dass die Bewohner des Ortes die Fremden so schnell wie möglich wieder loswerden wollen. Nur Rotzbub sieht Mariolina (Gerti Drassl) und ihre Mutter als Menschen und versucht sich mit dem Mädchen anzufreunden. Währenddessen hecken zwei ehemalige Wehrmachtssoldaten einen Plan aus, um die Fremden aus dem Ort zu vertreiben.

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Rezension

Wie es sich aus dem Namen der Hauptfigur schon erkennen lässt, hat WILLKOMMEN IN SIEGHEILKIRCHEN eine ganz spezielle Art von Humor, die wahrscheinlich nur bei den wenigsten ankommen wird. Es ist fragwürdig wen genau der Film ansprechen soll, es wirkt fast so, als würden die Fans des Zeichners nun endlich einen Film bekommen, in dem sie die sonst statischen Figuren des Zeichners in Bewegung erleben. Leider reicht es bei dem Humor von Manfred Deix nicht um einen vollständigen Film zu füllen, was als provokanter Comicstrip für einen schnellen Lacher sorgen kann, verliert in einem anderthalbstündigen Film völlig an Wirkung. Die komplette Handlung des Films wirkt wie eine Aneinanderreihung verschiedener Sketche, die ohne das enge Korsett des Films ihre Wirkung voll ausbreiten könnten.

Willkommen in Siegheilkirchen

Willkommen in Siegheilkirchen ©2022 Aichholzer Film | Filmbüro Münchner Freiheit

Bis zur Hälfte plätschert WILLKOMMEN IN SIEGHEILKIRCHEN so dahin, ohne dass die Handlung in die Gänge kommt, stattdessen wurde der Film mit einer Nebenhandlung, um einen geldgierigen Freund unseres Rotzbuben künstlich aufgeblasen, ohne die der Film etwas schlanker und fokussierter erschienen wäre. Denn das Grundgerüst des Films ist eigentlich sehr interessant. Wir begleiten einen jungen Mann in der Pubertät, dem die Enge des Landlebens zu schaffen macht. Die meisten von uns mussten in ihrer Jungend vermutlich mal die widerlichen Stammtischparolen betrunkener Familienmitglieder ertragen, vielleicht seid ihr selbst auch auf dem Dorf aufgewachsen und habt selbst mitbekommen, wie misstrauisch Fremde beäugt werden. Der Film entfernt sich von den immer gleichen Großstadt-Szenarien und zeigt uns eine überspitzte Version des Lebens auf dem Land.




Retro oder unzeitgemäß?

Dabei lässt WILLKOMMEN IN SIEGHEILKIRCHEN allerdings nur eine Sichtweise zu: Bis auf die Hauptfigur handelt es sich bei den übrigen Bewohnern, bis auf ein paar Ausnahmen, um verachtenswerte Widerlinge. Gerade die langjährigen Bewohner werden als schlechte Menschen dargestellt, so verschärft der Film, der eigentlich ein Plädoyer an die Menschlichkeit sein möchte, ebenfalls Klischees. Es wird schnell klar, warum die großen Erfolge von Manfred Deix bereits lange zurückliegen. Der Film wirkt aus der Zeit gefallen, es wurde vermutlich versucht sich am Humor des Zeichners zu orientieren, der Film kommt allerdings knapp 25 Jahre zu spät. Im Fahrwasser von Filmen wie KLEINES ARSCHLOCH wäre WILLKOMMEN IN SIEGHEILKIRCHEN nicht weiter aufgefallen, im Jahr 2022 schafft es der Film nur noch durch Ekel aus der Masse der Filme hervorzustechen.

Willkommen in Siegheilkirchen

Willkommen in Siegheilkirchen ©2022 Aichholzer Film | Filmbüro Münchner Freiheit

Die größten Irritationen, wird bei den meisten vermutlich der befremdliche Animationsstil auslösen. Auch hier wurde sich wieder an die Vorlagen des Karikaturisten gehalten, man muss der Produktion auf jeden Fall zugutehalten, dass man den Zeichenstil in den Figuren ganz klar wiedererkennen kann. Allerdings stellt man sich beim Schauen von WILLKOMMEN IN SIEGHEILKIRCHEN immer wieder die Frage, ob ein Animationsfilm mit dreidimensionalen Charakteren wirklich die richtige Form ist. Vor den CGI-Künstlern kann man hier zwar den Hut ziehen, da insbesondere die Lichtstimmungen und die Umgebungen überraschend gut animiert wurden, leider Fallen die Charaktere dagegen sehr ab. Vermutlich mussten sie sich hier sehr strikt an die Vorlagen halten und somit ist das Ergebnis eine Welt voller Figuren, die aussehen wie Sid aus dem ersten TOY STORY Film (der fiese Junge, der die Spielzeuge kaputt machen will). Selten hat man in Animationsfilmen so leblose Gesichter gesehen.

Fazit

WILLKOMMEN IN SIEGHEILKIRCHEN ist ein Film, der sich ganz klar an die Fans von Manfred Deix richtet. Wenn man noch nie etwas mit dem Zeichner und seinen Karikaturen zu tun hatte, wird man vermutlich nur wenig Freude mit diesem Werk haben. Es handelt sich dabei um einen Film, der zu viel wollte und somit nichts wirklich gut macht. Alles was wir sehen ist leider Mittelmaß, angefangen bei der Geschichte, rüber zu den leblosen Charakteren, bis zu den Animationen, die uns auf der einen Seite furchtbare Gesichtsanimationen zeigen, aber in den Hintergründen glänzen können. Falls ihr nun trotzdem neugierig seid, schaut mal rein, in den ersten Minuten wird man sehr schnell feststellen, ob man etwas mit dem Humor anfangen kann.

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