Review
Was, wenn das übernatürliche Wesen, welches Kinder fängt nicht mehr hinter den unartigen und bösen, sondern den artigen sowie hilfsbereiten Kindern her ist? Diese Frage stellt sich der Film BAGMAN vom Regisseur Colm McCarthy, welcher am 5. Dezember 2024 in den deutschen Kinos startete und von Lionsgate produziert wurde. Im Mittelpunkt der Handlung steht eine Familie, die vom Reißverschlusslauten im Garten und Stromausfällen heimgesucht wird. Dabei handelt es sich entgegen der Vermutung des Vaters Patrick McKee (Sam Claflin) nicht um einen Jugendstreich, sondern um den namensgebenden Bagman.
Kategorie Blumhouse
BAGMAN lässt in Sachen Horror keine Klischees aus. Billige Jumpscares sind in diesem Film an der Tagesordnung und lassen keinen Raum für kreative Ideen. Begleitet werden diese Horrorelemente von einem bassigen Dröhnen, knattern und dem obligatorischen Flackern des Lichts. Denn wie von Zauberhand kann der übernatürliche Bagman jegliche Elektronik beeinflussen. Diese Fähigkeit von dämonischen Mächten erschließt sich dem Publikum bis heute nicht, aber bei BAGMAN ist es wenigstens positiv hervorzuheben, dass in den dunkel gefilmten Passagen das Geschehen zu erkennen ist.
Hinzu kommt, dass die Familie in BAGMAN selbstredend diverse Probleme hat, welche an eine neue Folge LINDENSTRAßE erinnern und die Familie zur Zielscheibe des Kinderfängers erklären. Schulden, Stress, Umzug und Überarbeitung sind da nur ein Paar der Lasten, die den Zuschauenden nahe gehen sollen, aber plump aufgesetzt und nur Mittel zum Zweck sind. Da wundert es die Rezipienten auch nicht, dass sich kein einziger Charakter logisch verhält oder in der Hälfte der Handlung die Exposition-Person auftaucht. Von schnell produzierten Horrorfilmen wie BAGMAN wird dies mittlerweile wie auf einer Checkliste erwartet.

Bagman ©2024 Leonine Studios
Kein Konzept
Das Schauspiel der Darstellenden könnte generischer nicht sein. Dialoge wirken wie abgelesen und Grimassen nach Schema F gezogen, sodass sich das Gefühl einschleicht, dass es sich bei BAGMAN um ein gescheitertes Projekt einer Schauspielschule halten muss. Der einzige Lichtblick sind Caréll Vincent Rhoden als der Sohn der Familie und Sam Claflin, den das Publikum hauptsächlich als Finnick Odair aus TRIBUTE VON PANEM kennen dürfte. Er spielt nicht wirklich großartig und kann nicht an seine Leistung aus dem Panem-Franchise anknüpfen, aber schafft es, die Zuschauenden mit seinem Charme für sich zu gewinnen und aus der Masse heraus zu stechen.
Die Kameraarbeit von Nick Remy Matthews und der Schnitt von Jeff Betancourt sind dabei nur die Kirsche auf der Sahnetorte der Enttäuschung, denn die Bilder und Schnitte von BAGMAN folgen keinem klar erkennbaren Konzept. Der Film raubt dem Publikum mit seinen schnellen sowie hektischen Schnitten den letzten Nerv, und sorgt auf einer uncanny Ebene dafür, dass es so erscheint, dass der Bagman sich teleportieren könnte. Das hat auch nichts damit zu tun, dass ein Film damit jung oder hip sein will. Es stört das Sehgefühl und reißt aus der Immersion heraus.

Bagman ©2024 Leonine Studios
Die kurzen Ansätze
Denn auch wenn in dieser Kritik fast ausschließlich über den Film gemeckert wurde, gibt es dennoch die kleinen Lichtblicke, die aber durch die technischen Mankos untergehen. Die Prämisse von BAGMAN, dass es mal nicht um die unartigen, sondern die artigen und hilfsbereiten Kinder geht, die weggefangen werden, ist gar nicht mal so uninteressant. Doch Regisseur Colm McCarthy und Drehbuchautor John Hulme machen nichts aus dieser Idee. Es fällt eigentlich kaum auf, wenn die Exposition-Person es nicht in einem Nebensatz erwähnen würde.
Hinzu kommt, dass der dritte Ark eine Hintergrundgeschichte für Sam Claflins Charakter aus der Kindheit etabliert, die deutlich interessanter als der Film selbst ist. Wenn BAGMAN sich auf den Charakter des Panem-Schönlings seit Kindheitstagen fokussiert und mit dem erwachsen werden auf das Wiederkehren des Traumas thematisiert hätte, würden die inhaltlichen Probleme zumindest wegfallen. BAGMAN hätte damit zumindest einen Grund, trotz generischer Jumpscares und verwirrender Schnitte gesehen zu werden.

Bagman ©2024 Leonine Studios
Fazit
Für einen unterhaltsamen Abend mit Freunden gepaart mit ein paar Erfrischungsgetränken und Snacks kann BAGMAN sicherlich Spaß machen, auch wenn es dafür deutlich unterhaltsamere Filme und Serien gibt. Abseits davon kann für den Horrorfilm keine wirkliche Empfehlung ausgesprochen werden. Ich schau mir gern und auch immer wieder trashige Horrorfilme wie WRONG TURN noch und nöcher an, weil diese auf eine stumpfe Art unterhalten und meist lustiger als gruselig sind. Aber generische Horrorfilme wie BAGMAN, die nur durch plumpe Handlungen, billigste Klischees sowie Geisterbahnhorror auffallen, ermüden nur noch. Hinzu kommt, dass sich diese Filme immer wieder großkotzig mit Horrorklassikern messen wollen und dann aber kläglich scheitern. Die Studios müssen mal wieder lernen, auch kleinere Brötchen zu backen. Horrorfilme zählen schon zum günstigsten Genre, da ist es erwartbar, dass wieder experimentiert wird. Doch der Mut für Experimente fehlt, wodurch sich Horrorfilme großer Studios immer wie eine homogene Blumhouse-Masse anfühlen.
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Originaltitel | Bagman |
Kinostart | 20.9.2024 |
Länge: | 92 minuten |
Produktionsland | United States of America |
Genre: | Horror | Thriller |
Regie | Colm McCarthy |
Executive Producer | Kelley Sims | Christopher Woodrow | Chris Fenton |
Producer | Wyck Godfrey | Marty Bowen | Jonathan Farmer |
Kamera | Nick Matthews |
Musik | Tim Williams |
Cast | Sam Claflin, Antonia Thomas, Caréll Vincent Rhoden, Will Davis, Adelle Leonce, William Hope, Steven Cree, Rosalie Craig, Peter McDonald, Henry Pettigrew, Frankie Corio, Neil Linpow, Sharon D. Clarke, Ross Green, Matthew Stagg, Jordan Gubian, Aidan Igonifagha |
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