Review Kurzkritik Fakten + Credits
Am 09.September 2022 ist in den amerikanischen Kinos ein Horrorfilm gestartet, der die Zuschauer*innen schockiert haben soll. Bei BARBARIAN handelt es sich um das Spielfilmdebut von Zach Cregger. Der Regisseur ist, neben Trevor Moore und Sam Brown, als Ensemble-Mitglied des Comedy-Trios „The Whitest Kids U‘ Know“ bekannt geworden. In den folgenden Jahren war Cregger hauptsächlich als Comedy-Darsteller in kleineren Komödien zu sehen. Nun scheint er einen ähnlichen Weg wie Jordan Peele zu gehen, der nach seiner Comedy-Karriere ebenfalls mit Horror-Filmen auf sich aufmerksam gemacht hat. Bei Peele waren es GET OUT, WIR und zuletzt NOPE, die den Filmemacher zu einem der spannendsten Genre-Regisseure der letzten Jahre gemacht haben. Mit seinem Filmdebut versucht Gregger einen ähnlichen Weg zu gehen. Ob der Versuch glückt, oder Cregger lieber wieder zur Comedy zurückkehren sollte, erfahrt ihr im folgenden Text.
Darum geht es…
Tess (Georgina Campbell) reist für ein Bewerbungsgespräch nach Detroit. Für den Aufenthalt hat sie sich in einem Airbnb am Stadtrand eingemietet. Als sie ankommt öffnet sie die Schlüsselbox mit dem vorgesehenen Passcode, doch leider fehlt der Schlüssel. Während sie im Auto versucht die Vermieter zu kontaktieren, bemerkt sie, dass im Haus das Licht angeht. Sie klopft an der Tür und ein junger Mann öffnet ihr. Keith (Bill Skarsgård) hat ebenfalls das Haus gemietet, allerdings über eine andere Plattform. Es muss einen Fehler bei der Buchung gegeben haben und nun haben beide gleichzeitig dasselbe Haus gemietet. Da Keith zuerst da war, versucht Tess die örtlichen Hotels zu erreichen, um dort ein Zimmer zu bekommen, es scheint aber eine Messe in der Stadt zu sein und sämtliche Hotels sind ausgebucht. So beißt Tess in den sauren Apfel und nimmt das Angebot von Keith an im Schlafzimmer zu übernachten, während er auf dem Sofa schläft. Nachts hört Tess seltsame Geräusche. Irgendetwas unheimliches scheint in dem Haus vorzugehen.
Rezension
Filmstudios versuchen häufig die Aufmerksamkeit auf ihre Horrorfilme zu lenken, indem man vom „unheimlichsten Film aller Zeiten“ spricht, bei dem die Zuschauenden schockiert das Kino verlassen haben. Es soll Neugier erzeugt werden, man will mitsprechen. Auch wenn BARBARIAN vermutlich nicht der düsterste Film überhaupt geworden ist, muss man Zach Cregger eingestehen, dass er ein unglaubliches Gefühl für Atmosphäre hat. Obwohl in den ersten Minuten des Films noch nichts Ungewöhnliches passiert, erzeugt der Film sofort ein Unwohlsein bei den Zuschauenden. Man sitzt konstant auf der Stuhlkante und erwartet, dass etwas Schlimmes passiert. Cregger spielt dabei mit der Erwartungshaltung der Zuschauenden und durchbricht gelernte Verhaltensmuster. Gerade wenn man schon viele Horrorfilme gesehen hat, denkt man immer wieder, dass man die Handlung durchschaut, um dann doch wieder überrascht zu werden.
Gerade auf inszenatorischer Ebene bietet BARBARIAN einige Besonderheiten. Erst einmal ist der Film großartig gefilmt. Wir sehen immer wieder bedeutsame Aufnahmen, die uns subtile Hinweise auf die weitere Handlung des Films geben, ohne dabei zu viel vorwegzunehmen. Es werden auch hier wieder klassische Horror-Bilder kreiert, die mit unseren Erwartungen brechen. Wenn Tess durchs Fenster schaut und die Musik im Hintergrund leiser wird, steigt die Anspannung in uns. Wir erwarten im nächsten Moment erschreckt zu werden. Dann geht Cregger allerdings einen anderen Weg und wir wissen nicht wohin mit unserer Unruhe. Zusätzlich sind die Kamera und das Bildverhältnis ein erzählerisches Element, die dafür sorgen, dass wir das Gesehene besser einordnen können.
Die große Überraschung im Horrorgenre?
BARBARIAN schafft es ebenfalls auf darstellerischer Ebene zu überzeugen. Im Zentrum der Handlung steht klar Georgina Campbell als Tess. Über sie lernen wir das meiste und sie wird unsere Bezugsperson. Leider bekommt sie nur wenig Raum sich zu entfalten. Für einen großen Teil des Films ist sie verängstigt und bekommt keine weiteren Eigenschaften. Ihr Gegenüber steht dann aber ein großartiger Bill Skarsgård, der einen Charakter spielt, der sich nur schwer greifen lässt. Warum ist er auch in dem Haus? Warum besteht er darauf, dass Tess im Haus schläft? Ihn scheint ein düsteres Geheimnis zu umgeben und wir versuchen ihn zu ergründen. Ist er ein netter Kerl, oder verstellt er sich nur? In der Mitte des Films stößt dann noch Justin Long als AJ dazu. Long, der sonst für sympathisch trottelige Figuren bekannt ist, bekommt dieses Mal die Chance eine vielschichtige Figur zu spielen.
Im Laufe der Handlung entwickelt sich BARBARIAN zu einem Film über die #MeToo Bewegung und über toxische Männlichkeit. Der Film betrachtet das Thema aus mehreren Unterschiedlichen Perspektiven, ohne dabei jemals die Täter zu sympathisieren. Viel mehr zeigt der Film wie sich der Blick auf sexuelle Gewalt in den letzten 50 Jahren verändert hat. Man muss allerdings anmerken, dass die eigentliche Botschaft aufgrund des überbordenden Finales etwas verpufft. Es wirkt beinahe so, als hätte Cregger Schwierigkeiten gehabt ein Ende zu schreiben und dann einfach alle Regler voll aufgedreht. So kommt es in den letzten Minuten dazu, dass der Film mit seiner eigenen Logik bricht und Figuren entgegen ihrem eigentlichen Charakter handeln.
Fazit
Obwohl ich im letzten Absatz auf ein paar Schwächen von BARBARIAN hingewiesen habe, handelt es sich bei Zach Creggers Spielfilmdebut um einen sehr sehenswerten Horrorfilm. Der Regisseur beweist ein ausgezeichnetes Gespür für Stimmung und hat einen Film geschaffen, der sowohl inszenatorisch als auch erzählerisch mit den Konventionen bricht. Auch wenn ihr nun am Ende des Textes angelangt seid, will ich euch den Hinweis geben BARBARIAN mit so wenig Vorwissen wie möglich zu schauen. In der Rezension habe ich mich so vage wie möglich gehalten, da der Film viele Überraschungen bietet, die man so nicht kommen sieht. Wenn ihr also mal Bock habt euch richtig zu gruseln, dann wird BARBARIAN der richtige Film für euch sein. Der Film hat zwar seine kleinen Fehler, trotzdem ist er einer der besten Horrorfilme des Jahres 2022
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