Die japanische Anime- und Mangaproduktion läuft seit Jahrzehnten auf Hochtouren und erfreut sich weltweit einer großen Community. Neben Erfolgsreihen wie ONE PIECE, DRAGONBALL und ATTACK ON TITAN ist vielen Menschen in Deutschland gar nicht bewusst, dass auch frühere Animationswerke wie HEIDI ihren Ursprung in den ostasiatischen Filmstudios nahmen. Keine dieser teilweise unendlichen Reihen konnte jedoch bisher DETEKTIV CONAN das Wasser reichen, denn mit über 250 Millionen verkauften Büchern ist dies die populärste Manga-Serie aller Zeiten, die selbstredend auch in alle möglichen anderen Medienformen umgemünzt wurde. Neben Videospielen und einer Anime-Serie, die mittlerweile mehr als 1000 Folgen umfasst (wovon in Deutschland lediglich knapp 500 in synchronisierter Fassung vorliegen), ergänzen sich auch einige Filmproduktionen. Vier Realfilme wurden gedreht, die hierzulande noch keinen Start erhielten sowie weitere 25 Anime-Werke, wovon der neuste Teil Ende Mai dieses Jahres auf den Kinoleinwänden zu sehen sein wird.
Die Filme funktionieren allesamt unabhängig voneinander und basieren lose auf der zugehörigen Serie. Die Detektiv Conan-Welt wird umfasst von einer Gesamtstory, die eher selten vorangetrieben wird. Ansonsten werden häufig nur einzelne Kriminalgeschichten erzählen, die vor allem das Publikum unterhalten sollen. In allen Handlungen steht im Mittelpunkt der meisterhafte Schülerdetektiv Shin’ichi Kudō, der bereits im Alter von 17 Jahren alle möglichen Fälle lösen kann. Als ihm jedoch eines Tages ein Gift verabreicht wird, verstirbt er nicht, sondern schrumpft auf die Größe eines Erstklässlers. Gegen die schwarze Organisation, die hinter diesem Anschlag steckt, ermittelt der Junge heimlich, indem er sich beim berüchtigten Detektiv Kogorō Mōri einschleust und dadurch die notwendigen Informationsquellen anzapfen kann. Unfreiwillig als Ziehsohn betrachtet, wird Conan somit immer wieder in neue Fälle hineingezogen, die auch abseits seiner eigentlichen Ermittlungen auftreten.
Darum geht es
In seinem neusten Abenteuer muss der Schüler eine Reihe von Bombenanschlägen aufklären, die ihren Ursprung in einem verheerenden Angriff auf den Oberbürgermeister Tokios nehmen. Im Zuge seiner Ermittlungen eruiert der kleine Junge, dass ein Zusammenhang existieren könnte mit Taten, die der Bürgermeister schon vor Amtsaufnahme veranlasste. Dieser Gedanke kann jedoch nur an der Ostküste Japans untersucht werden, was Conan, den Wissenschaftler Hiroshi Agasa, seine Mitwisserin Ai Haibara sowie die Detective Boys dazu veranlasst, nach Kitanosawa zu reisen, wo zeitgleich ein Schnee-Festival veranstaltet wird. Vor Ort trifft die Truppe auch auf Ran, Kogorō sowie Sonoko. Die weiteren Ermittlungen lassen alle auf noch mehr Tote, noch mehr Gefahren und noch mehr Rätsel stoßen, die Conan sein ganzes Können abverlangen und schließlich ein Dorf an den Rand der Vernichtung bringt.
Rezension
Alle Filme aus dem Anime-Sektor dieser Reihe folgen einem ähnlichen Prinzip. Es gibt mehrere Fälle zu lösen, die alle in irgendeiner Form ineinandergreifen und meist bis zum Schluss nur in einer losen Verbindung zu stehen scheinen. Auf eine zentrale Subermittlung wird bereits im Intro hingewiesen, bevor daraufhin die einzelnen wichtigen Figuren und Gadgets in einer Schnellzusammenfassung aufgeschlüsselt werden, damit auch Neueinsteigern ein problemloser Einstieg möglich ist. Daraufhin bekommen wir die Rahmengeschichte präsentiert, die häufig eher belanglos ist und nur als Aufmacher für die eigentliche Handlung dient. Die Ermittlungen führen nun immer wieder in Sackgassen und sorgen dafür, dass alle beteiligten vor scheinbar unlösbare Rätsel gestellt werden, die die Figuren verzweifeln lassen und sogar lebensgefährlich werden können. In dieser Hinsicht liefert uns DETEKTIV CONAN – DIE 15 MINUTEN DER STILLE keine Neuerungen.
Regisseur Kobun Shizuno, der hiermit erstmalig in dieses Filmuniversum einsteigt und daraufhin noch weitere sechs Werke entwickelte, schafft es, einen äußerst spannenden Fall zu kreieren, der sich von den vielen eintönigen Vorgängern deutlich abhebt. Die Dramatik um die einzelnen Figuren wird mehr in den Mittelpunkt gerückt, die Problemstellungen kniffliger gestaltet und die Gefahren entstehen nicht mehr aus der sehr auffälligen bourgeoisen Einfältigkeit, sondern beziehen sich weitestgehend auf durchschnittliche Bürger. Zudem bekommen wir ein neues Setting, denn keiner der bisherigen Filme hat jemals in einer Schneelandschaft stattgefunden. Für die geografische Einordnung und die visuelle Gestaltung orientierte sich das Filmteam an der kleinen Stadt Kurobe, die in der Mündung des gleichnamigen Flusses liegt. Die Ortschaft spielt jedoch keine Rolle, sondern einzig eine Thermalbadregion, die sich in der Nähe, direkt hinter dem Unazaki-Staudamm, befindet. Jener Damm wurde eher der Kurobe-Talsperre, die die größte des Landes ist und flussaufwärts liegt, nachempfunden.
Mittelalterliche Rollenbilder
Drehbuchautor Kazunari Kouchi schafft es, ein gutes Gleichgewicht zwischen expositorischem Teil und erregendem Momentum zu etablieren. Aus früheren Werken bekannte Persönlichkeitsstrukturen der Figuren werden 1:1 übernommen und insbesondere im großen Höhepunkt noch einmal verfeinert, um eine noch tiefere Verbindung zum Publikum zu erreichen. Der Beibehaltung der Charaktermerkmale ist zwar in weiten Teilen wichtig, sollte jedoch nicht ganz ohne Kritik bleiben, denn einerseits gelten Frauen immer wieder als das schwache Geschlecht, welches sich verängstigt hinter dem Mut der eigentlich schwächeren männlichen Partner verstecken und oftmals auch geistige Zusammenhänge nicht in dem Maße erschließen können. Andererseits arbeitet Kouchi, basierend auf der Serienvorlage, verschärft mit einigen Klischees, die insbesondere in der Nebenfigur Genta Kojima als verfressener, dümmlicher kleiner Junge ihren unangenehmen Gipfel finden.
Ironischerweise setzt die Reihe sowohl in der Serie als auch in den Filmen stets auf ein hervorragendes Täterprofil, welches frei jeglicher unangebrachter Persönlichkeitszuweisungen entwickelt wird. Dies ist dadurch möglich, dass die Antagonisten erst nach Fallaufklärung auch visuell erkennbar werden, auch wenn sie womöglich in den Ermittlungen bereits mehrfach eine Rolle spielten. In Szenen, in der der Schurke zu sehen ist, werden bis zu diesem Zeitpunkt die Menschen als schwarze geschlechtsneutrale Personen dargestellt, wodurch der Überraschungseffekt für das Publikum zusätzlich erhalten wird und dieses die Möglichkeit bekommt mitzuraten. Allerdings werden die Beweismittel nicht immer transparent behandelt oder gar durch eine Rückblende nachträglich ergänzt, sodass eine genaue Täterermittlung dem Leinwandgeschehen überlassen bleibt.
Rasantes Mainstreamkino
Ungewöhnlich groß gestaltet sich bei DETEKTIV CONAN – DIE 15 MINUTEN DER STILLE der Action-Part, der sich durch Verfolgungsjagden, Rettungsaktionen, Zweikämpfe und waghalsige Stunts auszeichnet, die zwar ähnlich der FAST & FURIOUS – Reihe geprägt sind von übernatürlichen Inszenierungsansätzen, aber dennoch mit einer ungewissen Erfolgswahrscheinlichkeit arbeiten. Dank eines anziehenden Pacings bleibt der Film bis zum Schluss stets spannend und liefert uns zudem einen überragenden Payoff, welcher sich nicht nur dramaturgisch als Highlight beweist, sondern auch visuell hervorragend in Szene gesetzt wird und affektvolle Schwere ausstrahlt, wie wir sie eher selten im Conan-Universum erleben.
Ernüchternd wirken leider die vielen kleinen Fehler, die sich über die Dauer des Streifens einschleichen. Figuren tauchen gelegentlich dort auf, wo sie nicht sein dürften, Gespräche werden nicht von nahestehenden Personen trotz Hörreichweite wahrgenommen, medizinische Ungenauigkeiten schleichen sich ein, die mit einer etwas intelligenteren Drehbuchgestaltung hätten vermieden werden können und physikalische Unmöglichkeiten dienen als i-Tüpfelchen.
Fazit
Als 15. Werk der Reihe hat DETEKTIV CONAN – DIE 15 MINUTEN DER STILLE sowohl für Fans als auch für Neueinsteiger ein aufregendes Abenteuer zu bieten, welches durch die Überschneidung mehrerer Genres, einer undurchschaubaren Story Entwicklung, sowie eindrucksvoller Animationen, die stets unter dem gleichen Soundmotiv laufen, keine Zeit für Langeweile liefert. Dieser Film zählt mit Abstand zu den Emotionalsten und kann insbesondere durch sein pompösen Payoff, aber auch durch eine deutlich gradlinigere Krimigeschichte, die mehrfach die Intelligenz des Publikums auf die Probe stellt, punkten. Wer sich nicht chronologisch mit der Reihe auseinandersetzen möchte, wird hier drin einen gelungenen Einstieg finden.
Wie hat Dir der Film gefallen?
Als weltweit erfolgreichster Manga hat der kleine Schülerdetektiv Conan sich eine beeindruckende Fanbase aufgebaut und mit wachsender Begeisterung auch den TV- und Gamingmarkt für sich erobert. In diesem Jahr erscheint der 25. Film auf dem deutschen Markt, was Anlass genug sein dürfte, noch einmal die früheren Werke sich zu Gemüte zu führen. Äußerst empfehlenswert ist dabei vor allem der 15. Film der Reihe, der nicht nur in einem ungewohnten Setting stattfindet, sondern auch den Protagonisten vor äußerst schwierige Rätsel stellt. Während in der Regel die Conan-Werke oft vergleichbar sind mit dem detektivischen Niveau der deutschen ZDF-Krimireihen, liefert uns Regisseur Kobun Shizuno, der erstmalig das Steuer in der Hand hält, eine deutlich spannendere Geschichte, die geprägt ist von vielen Wendungen und Unvorhersehbarkeiten. Zeitgleich bietet er uns bildgewaltige Ereignisse, die mit einem äußerst emotionalen Payoff gekrönt werden. Sowohl Liebhabende der Reihe als auch Neulinge dürften mit diesem Film gut unterhalten sein.
Wie hat Dir der Film gefallen?
Japanese anime and manga production has been in full swing for decades and enjoys a large community worldwide. In addition to successful series such as ONE PIECE, DRAGONBALL and ATTACK ON TITAN, many people in Germany are not even aware that earlier animated works such as HEIDI also originated in the East Asian film studios. However, none of these partly endless series could hold a candle to DETECTIVE CONAN so far, because with over 250 million books sold, this is the most popular manga series of all time, which of course has also been adapted into all kinds of other media forms. In addition to video games and an anime series, which now comprises more than 1000 episodes (of which only just under 500 are available in dubbed versions in Germany), there are also several film productions. Four live-action films have been made, which have not yet been released in this country, as well as another 25 anime works, the latest of which will be shown on cinema screens at the end of May this year.
The films all function independently of each other and are loosely based on the associated series. The Detective Conan world is encompassed by an overall story, which is rather rarely advanced. Otherwise, only individual crime stories are often told, which are primarily intended to entertain the audience. All the plots focus on the masterful school detective Shin’ichi Kudō, who can already solve all kinds of cases at the age of 17. However, when he is administered a poison one day, he does not die but shrinks to the size of a first-grader. The boy secretly investigates the black organisation behind this attack by infiltrating the notorious detective Kogorō Mōri and thus tapping the necessary sources of information. Involuntarily regarded as a foster son, Conan is thus constantly drawn into new cases that occur even apart from his actual investigations.
This is what it’s all about
In his latest adventure, the student must solve a series of bombings that originate in a devastating attack on the Lord Mayor of Tokyo. In the course of his investigation, the little boy discovers that there might be a connection to acts that the mayor carried out before taking office. However, this idea can only be investigated on the east coast of Japan, which prompts Conan, the scientist Hiroshi Agasa, his confidant Ai Haibara and the Detective Boys to travel to Kitanosawa, where a snow festival is being held at the same time. The team also meets Ran, Kogorō and Sonoko on site. As the investigation continues, they all encounter more dead bodies, more dangers and more mysteries, which demand all of Conan’s skills and ultimately bring a village to the brink of destruction.
Review
All the films in the anime sector of this series follow a similar principle. There are several cases to solve, all of which intertwine in some way and usually seem only loosely connected until the end. A central sub-investigation is already pointed out in the intro, before the individual important characters and gadgets are then broken down in a quick summary, so that even newcomers can get started easily. We are then presented with the frame story, which is often rather irrelevant and only serves as a lead-in for the actual plot. The investigations now repeatedly lead to dead ends and ensure that everyone involved is confronted with seemingly unsolvable puzzles that make the characters despair and can even become life-threatening. In this respect, DETECTIVE CONAN – THE 15 MINUTES OF SILENCE provides us with no innovations.
Director Kobun Shizuno, who entered this film universe for the first time and went on to develop six more works, manages to create an extremely exciting case that clearly stands out from the many monotonous predecessors. The drama surrounding the individual characters is brought more into focus, the problems are made trickier and the dangers no longer arise from the very conspicuous bourgeois simple-mindedness, but relate largely to average citizens. In addition, we get a new setting, as none of the previous films have ever taken place in a snowy landscape. For the geographical setting and the visual design, the film team used the small town of Kurobe, which lies at the mouth of the river of the same name, as a guide. The town does not play a role, however, but only a thermal bath region located nearby, directly behind the Unazaki Dam. This dam was modelled on the Kurobe Dam, which is the largest in the country and is located upstream.
Medieval role models
Screenwriter Kazunari Kouchi manages to establish a good balance between expository part and arousing momentum. Character personality structures familiar from previous works are adopted 1:1 and refined again, especially in the big climax, to achieve an even deeper connection with the audience. The retention of character traits is important in large parts, but should not remain entirely without criticism, because on the one hand, women are always seen as the weaker sex, who fearfully hide behind the courage of their actually weaker male partners and often cannot even open up intellectual connections to the same extent. On the other hand, Kouchi, based on the series template, works more intensely with some clichés, which find their unpleasant peak especially in the supporting character Genta Kojima as a greedy, stupid little boy.
Ironically, both in the series and in the films, the series always relies on an excellent perpetrator profile that is developed free of any inappropriate personality attributions. This is made possible by the fact that the antagonists only become visually recognisable after the case has been solved, even if they may have already played a role in the investigation several times. In scenes in which the villain is seen, the people are portrayed as black gender-neutral until this point, which additionally maintains the surprise effect for the audience and gives them the opportunity to guess along. However, the evidence is not always treated transparently or even supplemented afterwards by a flashback, so that an exact determination of the perpetrator is left to the on-screen action.
Fast-paced mainstream cinema
DETECTIVE CONAN – THE 15 MINUTES OF SILENCE is unusually big on the action part, which is characterised by chases, rescues, duels and daredevil stunts, which, similar to the FAST & FURIOUS series, are marked by supernatural staging approaches, but still work with an uncertain probability of success. Thanks to an attractive pacing, the film remains exciting until the very end and also provides us with an outstanding payoff, which not only proves to be a dramaturgical highlight, but is also excellently staged visually and radiates an affective heaviness that we rarely experience in the Conan universe.
Unfortunately, the many small errors that creep in over the course of the film have a sobering effect. Characters occasionally appear where they shouldn’t, conversations are not heard by nearby people despite being within earshot, medical inaccuracies creep in that could have been avoided with a little more intelligent scripting and physical impossibilities serve as the icing on the cake.
Conclusion
As the 15th work in the series, DETECTIVE CONAN – THE 15 MINUTES OF SILENCE has an exciting adventure to offer both fans and newcomers alike, which provides no time for boredom thanks to the overlapping of several genres, an inscrutable story development, as well as impressive animations that always run under the same sound motif. This film is by far one of the most emotional and can score especially with its pompous payoff, but also with a much more straightforward crime story that tests the audience’s intelligence several times. Those who do not want to deal with the series chronologically will find a successful introduction in here.
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Originaltitel | Meitantei Conan: Chinmoku no kuôtâ |
DVD/Blu-ray – Release | 28.09.2012 |
Länge | ca. 109 Minuten |
Produktionsland | Japan |
Genre | Anime | Action | Abenteuer | Krimi |
Verleih | Crunchyroll | KAZÉ |
FSK | unbekannt |
Regie | Kôbun Shizuno |
Drehbuch | Gosho Aoyama (Vorlage) | Kazunari Kouchi |
Musik | Katsuo Ôno |
Besetzung | Rolle |
Minami Takayama | Conan Edogawa |
Wakana Yamazaki | Ran Mōri |
Rikiya Koyama | Kogorō Mōri |
Shohei Yamaguchi | Shinichi Kudo |
Naoko Matsui | Sonoko Suzuki |
Chafûrin | Inspector Megure |
Megumi Hayashibara | Ai Haibara |
Kazuhiko Inoue | Shiratori Ninzaburo |
Yukiko Iwai | Ayumi Yoshida |
Ikue Ôtani | Mitsuhiko Tsuburaya |
Ken’ichi Ogata | Dr. Agasa Hiroshi |
Wataru Takagi | Genta Kojima |
Maxumi Izuka | Tachihara Fuyumi |
Keiichi Nanba | Yamao Keisuke |
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