Review Fakten + Credits


Darum geht es
An den Weihnachtstagen kommt eine Familie im schneebedeckten Häuschen der Großeltern zusammen. Wie jedes Jahr säen sich Zwist und Ärger in die traditionsreichen wie mühsamen Festtagsvorbereitungen und Feierlichkeiten …

Rezension

Regungsarme Einstellungen rahmen die alljährliche weihnachtliche Zusammenkunft einer kleinen finnischen Familie, deren Figuren Regisseurin Tia Kouvo aus vorangegangenen Kurzfilmen weiterentwickelte. In ihrem Spielfilmdebüt wohnt das Publikum den Geschehnissen im Haus der Großeltern als unsichtbarer Gast bei und observiert die Figuren beim Essen und Saunieren, Last-Minute-Einkäufen und den Bescherungsvorbereitungen. Es wird getratscht, gestritten, gesungen und auf den Teppich gemacht. Gespräche um Nichtigkeiten, oberflächliche Gefühle wie tiefsitzende Krisen kontrastieren das festliche Ambiente und die heiteren Grundgedanken des Zusammenfindens. MUMMOLA, oder auch FAMILY TIME, zeigt desillusionierte Festtage, denen Besinnlich- und Gemütlichkeit abhanden gekommen sind und welche die Wogen des erschöpften Familiengefüges nicht mehr glätten können.

Vom Zwist und den problematischen Verhalten einzelner Figuren lässt sich die entschleunigte Erzähl- und Inszenierungsweise niemals aus der Ruhe bringen. Stattdessen setzt sie die großen und kleinen Dramen in theaterhaften, gründlich aufgebauten Bildern fest. Ein Entkommen scheint aus diesen ebenso selten möglich, wie aus dem auf das Häuschen und die naheliegende Sauna beschränkten Familienkosmos. Rar gesät sind die Befreiungsschläge aus dem familiären Joch. Etwa, wenn ein Auto scheinbar tanzend über einen schneebedeckten Parkplatz cruist. Mit anhaltender Distanz und gehöriger Geduld beobachtet FAMILY TIME Fassaden, die immer rissiger, aber zu selten zum Einsturz gebracht werden, Themen, die zwar angesprochen, aber vereinzelt gründlich behandelt werden, und Menschen, die einander zugewandt sind, aber kaum noch wirklich zueinander finden. Die unterschiedlichsten, generationsabhängigen wie individuellen Lebensentwürfe verdichten sich zu einem emotionskalten und kitschfreien Festtags- und Familienporträt.

Unterschwellig aufkommender schwarzer Humor setzt Brüche in die trocken und überraschungsarm inszenierte Geschichte und findet seinen Höhepunkt in einer absurden Bescherungsszene, in welcher blanke Frust und spitze Komödie fließend ineinander übergehen. Statt mit sentimentaler Versöhnung aufzuwarten, folgt FAMILY TIME seinen überwiegend über Außenansichten charakterisierten Figuren anschließend bis über die Weihnachtstage hinaus. Der harte Umbruch des in der ersten Hälfte kammerspielartigen Familiendramas ermöglicht die Entwicklung einzelner Beziehungen abseits der Verwandten im Alltag der Figuren aufzugreifen. Viele der zum Siedepunkt der Weihnachtstage offengelegten Beziehungszustände bestätigen sich, erfahren jedoch selten eine Auflösung oder ertragreiche Reflektion. Nur weitere nüchterne und langwierige Einzeleinsichten.

Fazit

Ein Blick über die groß und klein belasteten Schultern einer finnischen Familie. Tia Kouvos Spielfilmdebüt zeigt die Herausforderung eines Familiengefüges und die seiner ungeschminkt dargestellten Familienmitglieder, die sich zum Weihnachtsfest auf engsten Raum zu einer langsam und mitunter mühsam erzählten Problemstudie verdichtet. Die einfach gestrickte, bittere Tragikomödie ringt in ihren formal strengen Bildern um den nötigen Biss.

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