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Hatching

Hatching ©2022 capelight pictures

Ein vierjähriger Entwicklungsprozess liegt hinter der Regienewcomerin Hanna Bergholm, die zuvor lediglich einige Kurzfilme in verschiedenen Genres veröffentlichte und nun mit einem eigenen Skript auch den Sprung auf die großen Leinwände wagt. Der finnische Film HATCHING schaffte es tatsächlich, auf einigen Festivals gezeigt zu werden und feierte die Weltpremiere sogar auf dem diesjährigen Sundance Film Festival. Mit einem ungefähren Budget von 3,4 Millionen Euro und einem vergleichsweise kleinen und unbekannten Cast sind die finanziellen Voraussetzungen für eine qualitative Inszenierung absolut gegeben.

Darum geht es

Tinjas Familie lebt ein wenig abgeschieden in einem kleinen finnischen Städtchen. Ihre Mutter ist als Bloggerin erfolgreich und versucht stets die perfekte Welt ihrer Familie auf Video einzufangen und mit ihren Followern zu teilen. Währenddessen ist es ihr unheimlich wichtig, Tinja zu Höchstleistungen anzuspornen und sie als Turnerin im Bereich Gymnastik auf eine Erfolgsschiene zu drängen, die das gerade einmal 12-jährige Mädchen eigentlich gar nicht wünscht. Etwas Schauriges zieht die junge Sportlerin eines Nachts in den dunklen, nahegelegenen Wald, wo sie ein Ei findet, welches sie mit nach Hause nimmt und schließlich sogar ausbrütet. Doch statt einem süßen Vogel kriecht ein abscheuliches Monstrum aus der Schale. Doch Tinja entwickelt sofort eine persönliche Verbindung zu diesem Etwas und kann ihre Wut und Missachtung gegenüber der Mutter in der Kreatur versenken. Es scheint fast, als wäre das ach so tolle Familienglück doch deutlich brüchiger und anfälliger, als es nach außen hin wirkt.

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Rezension

Der Creature Horror hat in den vergangenen Jahren eine äußerst positive Entwicklung hingelegt. Vom trashigen B-Movie mauserte sich das Genre zunehmend zum feinsinnigen und spannungsgeladenen Arthouse-Horror-Mix, der besonders auf den diversen Fantasyfilmfesten zunehmend Beachtung findet. Mit Filmen wie SPRING, ANTLERS, BORDER und in gewisser Weise sogar SHAPE OF WATER bekommt die Sparte einen völlig neuen Anstrich und bietet einige überraschende Entwicklungen. Auch HATCHING reiht sich in diese Sektion ein und präsentiert uns einen Film, der mit einem eher ruhigen und aufgeregten Pacing eine Geschichte bietet, die sich weniger auf der Leinwand als letztlich im analytischen Raum abspielt und daher reichlich Platz für Interpretationen bietet. Statt klassische Horrorelementen wie Jump-Scares oder überschwängliche Brutalität zu präsentieren, setzt Bergholm vielmehr auf eine ausgewogene, düstere und schaurige Atmosphäre.

Hatching

Hatching ©2022 capelight pictures

Ähnlich wie zuletzt THE INNOCENTS beweist dieser Film, dass ein guter Genrestreifen nicht vollgepackt werden muss mit typischen Stilmitteln, sondern dass eine präzise Dosierung oftmals viel mehr Effekt ausstrahlt. Hatching bedeutet so viel wie schlüpfen und trifft damit den Kern der Handlung ziemlich perfekt. Über die gesamte Spieldauer schauen wir der Entwicklung einer Kreatur von ihrer Geburt bis zur Perfektion zu und werden dabei immer wieder mit unterschiedlichsten Entwicklungsphasen konfrontiert. Im Zuge dieser Metamorphose wird im Verlauf deutlich, dass das Biest eine Verbindung mit der Protagonistin hat, die bereits durch das Aufglimmen des Eis bei einer Berührung angeteast wird. Der Vogel-Mensch-Hybrid, der uns präsentiert wird, ist offensichtlich eine Angst- und Hassprojektion des 12-jährigen Mädchens, welches mit dem mentalen und körperlichen Druck durch die Familie und die Sportkameradinnen nicht fertig wird. Symbolisiert wird das Ganze noch einmal damit, dass die Kreatur sich ausschließlich von dem Erbrochenen von Tinja ernährt.




Herkömmliche Techniken

Die Entwicklung der Kreatur ist dabei äußerst gelungen, wenn auch oftmals nur schwer erkennbar. Gerade in den frühen Entwicklungsstadien wird uns diese nur selten komplett gezeigt. Gearbeitet wurde zu diesem Zeitpunkt vor allem mit einer animatronischen Puppe, wie wir sie beispielsweise auch aus CHUCKY kennen. Dies wird insbesondere in den etwas mechanischen Bewegungen und den sehr unterschiedlich dimensionalen Körperteilgrößen deutlich. Im weiteren Verlauf schlüpften zudem verschiedene Darstellende in diese Figur hinein und wurden mit weiteren Spezialeffekten versehen, um ein beeindruckendes Monster zu erzeugen. Schließlich musste Hauptdarstellerin Siiri Solalinna sogar zwei Rollen parallel mimen und mit sich selbst interagieren. Generell ist ihr Schauspiel als überragend einzustufen und weist enorme körperliche Fitness auf sowie auch ein Talent zur überzeugenden Darstellung.

Hatching

Hatching ©2022 capelight pictures

Das Besondere an HATCHING ist wohl, dass er ähnlich wie MIDSOMMAR fast vollständig in einer hellen Umgebung spielt und damit nicht auf die üblichen, schwer erkennbaren Settings setzt. Dadurch ist es möglich, auf subtilste Weise die Atmosphäre wirken zu lassen und sich fast schon vom Horror gänzlich zu distanzieren. Stattdessen erleben wir eher ein Familiendrama, welches sich vor allem zwischen Mutter und Tochter zuträgt. In diesem Zuge sei auch erwähnt, dass die Vaterfigur stets etwas unpassend erscheint und wirkt, als wäre sie auch einem trantütigen deutschen Krimi entfleucht.

Fazit

HATCHING ist somit ein gelungener kleiner Genrefilm, der weitestgehend unaufgeregt daherkommt, aber dennoch nichts für schwache Nerven ist. Statt auf Angst setzt der Film eher auf Ekel und kombiniert dies mit einer metaphorischen Ebene, die uns den geistigen Zustand der Protagonistin hervorragend visuell offenbart. Wieder einmal beweist das skandinavische Filmgeschäft ein Händchen für eine subtile und präzise Umsetzung, die statt auf übliche Mechanismen viel mehr Wert auf atmosphärische Gestaltung legt. Liebhabende von Creaturefilmen kommen hier trotz eindimensionaler Handlung auf jeden Fall auf ihre Kosten.

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