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Es wird wieder gespukt im Schloss Burgeck und diesmal setzt Hui Buh alles daran seiner mühsam erarbeiteten Spuklizenz alle Ehre zu machen. Gemeinsam mit König Julius und seinem treuen Diener Charles erhoffen sich die Schlossbewohner durch abendliche Gruselshows einen kleinen Zuverdienst, um das teure Anwesen weiter finanzieren zu können. Mittlerweile sind nämlich 15 Jahre vergangenen und es steht nicht gut um Julius, der neben seinem Vermögen auch seine Frau verloren hat. Doch es warten noch viel mehr Probleme auf ihn, denn eines Tages erfährt er, dass Hui Buh eine Schwester hat und sie entführt wurde. Zusammen mit der kleinen Hexe Orphelia, Hui Buhs Nichte, macht sich das ungleiche Trio auf den Weg zum Hexenwald, um das mystische und mächtige Zauberbuch Necronomicon zu schützen und der bösen Hexe Erla das Handwerk zu legen.
Rezension
HUI BUH: DAS SCHLOSSGESPENST war 2006 mit rund zwei Millionen Kinobesuchern und einem äußerst gelungenen Heimkinostart ein großer Erfolg für das Warner Bros. Team und Regisseur Sebastian Niemann. Somit war schnell klar, dass eine Fortsetzung der Abenteuer sinnvoll wäre. Dennoch sollte es bis 2017 dauern, dass dieses Projekt wieder an Bedeutung gewann und Produzent Christian Becker gemeinsam mit dem Regisseur in die Planungsphase einstieg. Da die beliebten Hörspiele der 70er Jahre eher kleine und knackige Episoden umfassen, war es etwas schwierig eine Geschichte daraus zu stricken, die einen Spielfilm füllen könnte. Das Team löste sich also von den Vorlagen und entwickelte eine eigene Handlung, die natürlich trotzdem angelehnt ist an die Originalidee. Rausgekommen ist dabei der Gedanke, den Film 15 Jahre nach den Handlungen des ersten Films spielen zu lassen und ein Gedankenspiel zu veranstalten, wie sich die Figuren in so langer Zeit entwickelt haben mögen.
Diese Idee ist nicht gerade revolutionär und wird gerade in jüngster Zeit bei vielen überraschenden Fortsetzungen von bekannten Klassikern wieder aufgegriffen. Dennoch bringt der Ansatz stets auch einen gewissen Charme mit sich und erklärt auf einfachste Weise eine erzählerische Lücke. Während es jedoch im ersten Teil vor allem um die titelgebende und von Michael Herbig dargestellte Figur und die von Christoph Maria Herbst verkörperte Rolle von König Julius ging, widmet sich HUI BUH UND DAS HEXENSCHLOSS einer Abenteuergeschichte, die dem Publikum noch mehr Einblicke in die außergewöhnliche und zeitlich nicht einordbare Welt des Schlossgespenst liefert. Die Handlung ist dabei nur lose mit dem ersten Film verknüpft, funktioniert grundsätzlich aber als abgeschlossene und eigenständige Geschichte, wodurch es nicht notwendig ist, den Vorgänger nachzuholen.
Tollpatschig wie eh und je
Es ist deutlich erkennbar, dass weitestgehend wieder das gleiche Team hinter diesem Film steckt, denn er schafft es, die gleiche Atmosphäre und Tonalität anzuschlagen. Zwar ist das Werk als deutscher Kinderfilm mit Comedyfaktor angelegt, doch glücklicherweise folgt er dabei nicht dem modernen Trend, bei welchem Jugendstreifen viel zu hektisch inszeniert werden und oftmals mit Slapstick und Ekelhumor dealen. Stattdessen kann Niemanns Film vom erzählerischen Stil eher in die 2000er Produktionen einsortiert werden und präsentiert den Charme, den wir beispielsweise bei der DIE PROSIEBEN MÄRCHENSTUNDE kennen gelernt haben. Positiv zu bemerken ist dabei, dass die Geschichte von Kreativität zeugt und immer wieder auch moralische und wertebasierte Elemente einfließen lässt und damit als besonders wertvoll erachtet werden muss. Diese Art der Filmkunst gibt es in der heutigen Zeit leider viel zu wenig.
Tragischerweise ist jedoch nicht nur die Handlung von HUI BUH UND DAS HEXENSCHLOSS in einem anderen Jahrzehnt stecken geblieben, sondern auch die visuelle Umsetzung. Spezialeffekte sehen zumeist nicht mehr zeitgemäß aus, wodurch die Frage berechtigt ist, ob man hier bewusst an die Qualität des 2006er Films sich orientiert hat oder einfach die Entwicklung verschlafen wurde. Vor allem Hui Buh selbst, welcher ein Mix aus digitaler Kopie von Michael Herbig und einer Animationsfigur darstellt, scheint recht günstig produziert. Dadurch entstehen immer wieder unansehnliche Szenen wie Umarmungen, wo viel zu deutlich erkennbar ist, dass in der Drehphase die anderen Schauspielenden ohne diese Figur improvisieren mussten. Abseits dessen ist der Cast jedoch lobend zu erwähnen, da vor allem Hauptdarsteller Christoph Maria Herbst und die mittlerweile 15-jährige Nelly Hoffmann eine hervorragende Darbietung abgegeben haben und eine angenehme Harmonie ausstrahlen.
Einfach zauberhaft
Doch besonders überraschend bleibt Carmen-Maja Antoni im Gedächtnis, die mit Abstand die beste Knusperhexe mimt, die je in einem Film zu sehen war. Die deutsche Schauspiellegende, die vor allem auch in DAS WEIẞE BAND mitwirkte, aber auch immer wieder mit kleinen Rollen wie in DIE KÄNGURU-VERSCHWÖRUNG begeistert, liefert von Natur aus eine hexenartige Ausstrahlung (und das ist keineswegs despektierlich gemeint), bringt die perfekte Stimmlage mit und wird darüber hinaus auch noch in eine Rolle gesteckt, die sowohl durch Humor als auch mit einem gewissen Gruselfaktor überzeugen kann. Es ist zudem ein Geniestreich von Sebastian Niemann die Knusperhexe aus den Hänsel und Gretel Märchen neu zu interpretieren und zeitgemäß darzustellen. Statt einer hinterlistigen und fiesen Täuscherin, bekommen wir eine liebenswürdige, charmante und lustige Figur, die darüber hinaus auch noch an „Hexentourette“ leidet und es daher mit einigen Bemerkungen präzise und amüsant auf den Punkt bringt.
Fazit
Mit einigen Einflüssen anderer magischer Filme – hier ist insbesondere HARRY POTTER zu nennen, von dem klar erkennbar einige Szenenbilder und Figuren inspiriert sind – erhalten wir einen zweiten Teil, der deutlich mehr zu bieten hat als sein Vorgänger und zudem noch viel erwachsener wirkt, ohne dabei den Blick für die kindliche Unterhaltung aus den Augen zu verlieren. Leider verliert sich dabei die Geschichte immer wieder ein wenig in seiner Liebe zu den Figuren und vergisst dabei etwas mehr Spannung und einen interessanteren dramaturgischen Bogen zu entwickeln, wodurch HUI BUH UND DAS HEXENSCHLOSS zeitweise eher unbeholfen dahinplätschert und lediglich als Zeitvertreib betitelt werden kann. Während Kinder somit auf einen Film treffen, der ein Rundumpaket der Emotionen bietet, sollten erwachsene Begleitpersonen sich darauf einstellen, dass erst mit dem Auftritt von Carmen-Maja Antoni in der zweiten Hälfte eine gute filmische Zeit beginnt.
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