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Die Känguru-Verschwörung

Die Känguru-Verschwörung ©2022 X Verleih

Bücher, Hörbücher, Kartenspiele und seit 2020 auch Kinofilme. Das Känguru, Feind des Kapitalismus und hauptberuflicher Kommunist, ist mittlerweile zu einer Figur gewachsen, die kaum noch aus der deutschen Satire Szene wegzudenken ist. Entwickelt von Marc-Uwe Kling, der sogleich auch das Pendant zum Känguru in den eigenen Geschichten ist, spricht das Fantasietier soziale, wirtschaftliche, politische und generell gesellschaftliche Themen an, die sowohl aktuell sind als auch einer kritischen Betrachtung bedürfen. Im März 2020 wurde ein erster Film veröffentlicht, welcher auf der sehr erfolgreichen Buchvorlage beruht. Dies geschah jedoch 1,5 Wochen vor dem ersten Covid-19 Lockdown, welcher für die Schließung aller deutschen Kinos verantwortlich war. Dementsprechend waren DIE KÄNGURU-CHRONIKEN arg gebeutelt und mussten große Einnahmeverluste in Kauf nehmen. Dennoch sicherte sich das Werk den ersten Platz der besten Starts eines deutschen Kinofilms im selbigen Jahr und landete zudem auf dem neunten Platz der erfolgreichsten Filme in Deutschland 2020.

Einmal der kategorische Apperativ: Hopp, hopp, rin in Kopp.<span class="su-quote-cite">Die Känguru-Verschwörung</span>

An diesen Erfolg wollen nun X Verleih und Marc-Uwe Kling anschließen und bereits vor der Veröffentlichung des vorherigen Teils gab es erste Ideen und Entwicklungen für eine Weiterführung. Diesmal jedoch würde nicht Dani Levy die Regie übernehmen, sondern der Autor höchstpersönlich. Kling spricht zudem das Känguru, während seine Figur jedoch erneut von Dimitrij Schaad verkörpert wird. Die Buchnähe des ersten Teils wird nicht wieder aufgegriffen und stattdessen eine losgelöste Geschichte erzählt, die zwar auf der vorherigen Story aufbaut, sich aber vor allem den aktuellen gesellschaftlichen Ereignissen angepasst hat.

Darum geht es

Nachdem Marc-Uwe endlich die Möglichkeit bekommen hat, mit seinem Schwarm Maria einmal auszugehen, wurde das gemeinsame Abendessen wieder einmal vom rebellischen Känguru ruiniert. Doch Marc-Uwe möchte nicht aufgeben und hofft auf eine Chance. Ein Deal mit Maria soll darüber entscheiden, ob ein zweites Date folgen würde und dafür setzt Marc-Uwe buchstäblich alles auf eine Karte. Sollte es dem Kleinkünstler nämlich nicht gelingen, Marias Mutter endlich von ihrem Verschwörungstheoretiker Trip abzubringen, würden er und das Känguru ihre spottbillige Altbauwohnung gegen den neuen Mietvertrag Marias tauschen müssen, was einem persönlichen Ruin gleichkommt. Das Duo macht sich also auf den Weg, um Lisbeth Schlabotnik vor Augen zu führen, dass nicht jede Ungerechtigkeit und politische Idiotie gleich eine Verschwörung ist. Doch dabei stoßen sie auf ungeahnte Hindernisse und Marc-Uwe und das Känguru müssen vollen Einsatz zeigen.

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Rezension

DIE KÄNGURU-CHRONIKEN bot seiner Zeit bereits eine Menge ordentlicher Unterhaltung und lieferte uns einen Film voller Absurditäten, Kneipenhumor, Abenteuer und sogar eine recht überzeugende Animation des Kängurus. Daran schließt DIE KÄNGURU-VERSCHWÖRUNG hervorragend an und baut die verschiedenen Elemente noch weiter aus. Mit einer Vielzahl von Ideen im Bereich Storytelling und Technik liefert uns der Regisseur ein abwechslungsreiches Comedyspektakel, welches in der deutschen Filmlandschaft auf nur wenig Konkurrenz stößt. Unübersehbar ist dabei vor allem die massive Kritik an dem Trend zu Verschwörungstheorien, welche jedoch nicht explizit auf die Querdenker und Coronaleugner abzielt, sondern vielmehr das gesamte Spektrum der Verbreitung von seltsamen Ideologien, die wissenschaftlich widerlegbar sind, ins Visier nimmt.

Die Känguru-Verschwörung

Die Känguru-Verschwörung ©2022 X Verleih

Insbesondere durchläuft Marc-Uwe Kling dabei ein klares Schema, welches jedoch kaum merklich unter all den vielen Szenen versteckt ist. Kleine komödiantische Episoden werden inhaltlich so verknüpft, dass sowohl die Zuschauenden als auch die Hauptfiguren einen klaren Erkenntnisprozess durchlaufen. Der erste Schritt ist dabei die gnadenlose Konfrontation und eine arg überspitzte Widerspiegelung der Realität, gefolgt vom Prozess der Entstehung und Verbreitung solcher Theorien. Abschließend wird aufgeschlüsselt, dass „hinterfragen“, „kritisieren“ und „überprüfen“ nicht bedeutet, Gedanken einer persönlichen Meinung anzupassen und sich Fakten zu bauen, die diese Meinung bekräftigen, sondern wissenschaftlich und logisch zu eruieren und vielfältige Betrachtungsweisen zu berücksichtigen.




Abwechslungsreich und sprunghaft

Humoristisch bedient sich der Autor dabei einem breiten Spektrum von Stilmitteln der deutschen Sprache. Seien es Pleonasmen, Allegorien, Euphemismen, Hyperbeln, die klassische Ironie oder gar Neologismen – hier wird das gesamte Spektrum des Spiels mit dem deutschen Dialog ausgeschöpft, auch wenn dies bei Weitem noch nicht an die feinsinnigen Wortverflechtungen aus den Buchvorlagen heranreicht. Abseits davon sehen wir einen Film, der mehrere verschieden Genre ankratzt, keines davon jedoch wirklich gelungen darstellen kann. Insbesondere eine äußerst abenteuerliche Fahrt auf einer Draisine scheint absolut nicht in das Werk hineinzupassen und dient lediglich der einfallslosen inhaltlichen Füllung, um die volle Zeit eines Kinospielfilms auszuschöpfen. Dementgegen steht jedoch die detailreiche Gestaltung der Szenenbilder, in denen sowohl im Vorder- als auch im Hintergrund immer wieder Anspielungen und Gags versteckt sind, die allerdings oftmals gar nicht in vollem Umfang erfasst werden können.

Die Känguru-Verschwörung

Die Känguru-Verschwörung ©2022 X Verleih

Doch bietet uns DIE KÄNGURU-VERSCHWÖRUNG einige überraschende und mutige Momente, die fast ausschließlich in der ersten halben Stunde aneinandergereiht werden. Sei es ein Sketch in Form einer Sitcomdarstellung oder gar eine unerwartet lange Schwarzblende, die zeitweise sogar das Publikum in den Glauben versetzen kann, dass ein Kinodefekt vorliegt – den Grenzen der kinematografischen Kreativität ist kein Ende gesetzt. Wie schon im ersten Teil bekommen wir zudem eine äußerst überzeugende Darstellung des Kängurus. Dabei wird selbstverständlich nicht auf ein reales Tier zurückgegriffen, sondern sehen wir eine Computeranimation. Beim Dreh wurde dabei sofern möglich auf Schauspieler in entsprechenden Motion Capture Anzügen zurückgegriffen. Teilweise mussten die Darstellenden jedoch auch ohne Gegenpart ihre Rolle mimen und lediglich mit Luft interagieren.

Das Ende ist gekommen

Während Dimitrij Schaad an die Leistungen aus dem ersten Film anknüpft und ein überzeugendes Bild von Marc-Uwe Kling präsentiert, ist es vor allem Petra Kleinert, die in ihrer sympathischen Rolle als Verschwörungstheoretikerin fabelhaft glänzen kann. In ihrer Darstellung ist äußerst viel Leidenschaft, Herzlichkeit und eine intensive Auseinandersetzung mit der Drehbuchfigur erkennbar. Andere Schauspieler wie Michael Ostrowski, Benno Fürmann und Volker Zack hingegen spielen eher ihre eigenen Kunstfiguren, die lediglich auf die hiesige Produktion abgestimmt wurden.

Meine Mutter hat immer gesagt: hüte dich vor Orten, in denen die Rechtsradikalen ihre Plakate niedrig hängen.<span class="su-quote-cite">Die Känguru-Verschwörung</span>

Die Känguru-Verschwörung

Die Känguru-Verschwörung ©2022 X Verleih

Tragischerweise sind die eigentlich recht bissigen und scharfzüngigen Kritiken an Gesellschaft und Politik, die wir aus Marc-Uwe Klings Feder kennen, hier lediglich plakative und oberflächliche Andeutungen, die ein wenig an Mut missen lassen. Statt ein regelrechtes Feuerwerk an Politsatire abzufeuern, fokussiert sich das gesamte Werk lediglich auf die Auseinandersetzung mit Querdenkern und fraglichen Ideologien und setzt statt auf Tiefgründigkeit eher auf unausgegorene Unterhaltung, die vor allem das volle Spektrum an Gags über Verschwörungstheoretiker ausschöpft. Nicht gerade förderlich ist dabei, dass DIE KÄNGURU-VERSCHWÖRUNG vor allem im letzten Drittel massiv schwächelt und lieber auf irrsinnige Übertreibungen setzt, anstatt eine geschickte Abrundung durch gezielte Pointen zu schaffen.

Fazit

Somit ist die Fortsetzung der Kängurugeschichte zwar ein grundsätzlich gelungener Film, der den vorherigen Teil qualitativ übertreffen kann, jedoch leider sein volles Potenzial noch immer nicht ausschöpft und lieber unterhalten und familienfreundlich sein will. Insbesondere eine zweite Sichtung des Films wirft doch deutliche Qualitätsmängel und inhaltliche Lücken auf, die dem vielen Schabernack zum Opfer fallen. Zwar ist deutlich erkennbar, dass das gesamte Team viel Spaß beim Dreh hatte, doch sollte sich Marc-Uwe Kling einmal hinterfragen, ob es lediglich das ist, wofür seine Kunstfigur steht oder ob er sich bei einer möglichen Weiterführung nicht doch lieber darauf besinnt, das aktuelle Zeitgeschehen in größerem Umfang und deutlich schwarzhumoriger aufs Korn zu nehmen.

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