Review
WEEKEND IN TAIPEI beginnt wie ein Musikvideo für Gangsterrap und ist akustisch von einer asiatisch angehauchten Version vom Rolling-Stones-Hit Paint it Black untermalt. Damit zieht der Film das Publikum sofort in den Bann, schürt aber auch hohe Erwartungen. Denn dieses erwartet nun dreckige Bilder auf der Straße, kriminelle Verschwörung, Triaden und eine Menge Gewalt.
Alles nur Schall und Rauch?
Doch die hohe Erwartung kann nicht erfüllt werden. WEEKEND IN TAIPEI präsentiert Hauptdarstellerin Kwai Lun-Mei zwar auf eine elegant erotische Weise, die ihr gerecht wird, schafft es aber im selben Moment nicht, zeitnah zum Punkt zu kommen. Der Film will in jeder Hinsicht eine Schippe drauflegen, führt mit Sung Kang den Antagonisten überdramatisch ein und macht mit Wyatt Yang als Raymond (der Sohn von Kwai Lun-Meis Charakter) auch noch auf das Klima aufmerksam. Was die Zuschauenden hier am Meisten irritiert: Wyatt Yang schert sich nicht für das Drogenimperium seines Stiefvaters, sondern nur daran, dass dieser dafür Delfine wegfangen lässt. In einer realistischen Darstellung würde den Jungen beides stören.
Immerhin Luke Evans erster Auftritt ist den Rezipienten sofort sympathisch. WEEKEND IN TAIPEI präsentiert ihn auf der einen Seite knallhart und auf der anderen Seite liebevoll. Er setzt sich für seinen Kollegen in der verdeckten Ermittlung ein und rettet einen Goldfisch vor dem Ertrinken. Hinzu erinnert seine mit Humor versetzte Schlägerei in der Küche, in der anstatt Schusswaffen Kochutensilien zum Einsatz kommen, entfernt an die Kämpfe in BULLET TRAIN und mit den immer mehr erscheinenden Wellen an Gegnern an Videospiele.
Ein 101 minütiges Klischee mit manchen Überraschungen
Luke Evans kann zwar die anfänglichen Wogen von WEEKEND IN TAIPEI glätten, vermag aber keine Wunder zu bewirken. Denn auch, wenn der Film nur seichte Unterhaltung bieten will: die Handlung ist von Klischees durchzogen, bietet leere sowie schnulzige Dialoge, nervt besonders im letzten Drittel und ist schnell in Vergessenheit geraten. Doch das ist eigentlich schade, da die Story von Luke Evans als Cop im Außendienst, der seine alte Liebe Kwai Lun-Mai aus den Fängen von Sung Kang retten muss, Potential haben könnte. Dieses wird aber durch eine Welle schnulziger sowie abgelesener Dialoge sofort im Keim erstickt. Dagegen wirkt selbst das JOHN-WICK-Franchise als Meisterwerk in Punkto Handlung.

Weekend in Taipei ©2024 EUROPACORP | LEONINE Studios
Ein Pluspunkt für WEEKEND IN TAIPEI ist jedoch die Darstellung von Kwai Lun-Mai. Wo andere Actionfilme auf selben Niveau sie zur Damsel in Distress verdonnern würden, präsentiert der französisch-taiwanesische-Film sie als ebenbürtige Hauptdarstellerin neben Luke Evans und als absolute Profifahrerin. Beide sind aufeinander angewiesen und wissen, wann sie zurücktreten oder die Initiative ergreifen müssen. Damit ist WEEKEND IN TAIPEI kein feministisches Meisterwerk aber leistet mehr feministische Arbeit als die meisten Filme im testosterongeladenen Genre.
Die Kamera als Highlight
Die Autofahrten und Verfolgungen in Kraftfahrzeugen sind intelligent gefilmt. Die Kamera bleibt ruhig, Schnitte sind wohl bedacht gesetzt und die Zuschauenden behalten jederzeit den Überblick, ohne auf Adrenalin verzichten zu müssen. Ein Highlight sind hier auch die GoPro-Aufnahmen am 2019er Ferrari 488 GTB, die das Gefühl von Hochgeschwindigkeitsfahrten besser als eine Aufnahme von außen vermitteln. Gerade die FAST-AND-FURIOS-Reihe, welche Identität in Schnittmassakern und kruden Weltverschwörungen verloren hat, kann sich von WEEKEND IN TAIPEI ordentlich eine Scheibe abschneiden.
Die Action profitiert auch von der Kameraarbeit, jedoch bleibt die anfängliche Prügelszene in der Küche das Highlight des Films. Denn WEEKEND IN TAIPEI kann sich nicht entscheiden, ob dieser den Zuschauenden intelligent-kreative Action a la BULLET TRAIN, Autoverfolgungen wie in BABY DRIVER, oder doch wilde Ballerorgien, die an THE EXPENDABLES 4 erinnern, liefern will. Diese Inkonsistenz verwirrt nicht mal, sie nervt. Denn der Film nimmt sich für solch einen wilden Genremix viel zu ernst.

Weekend in Taipei ©2024 EUROPACORP | LEONINE Studios
Soundanlagen für nichts und wieder nichts
Der Sound von WEEKEND IN TAIPEI ist alles andere als optimal abgemischt. Selbst, wenn die Rezipienten das Beste aus ihren Soundsystemen herausholen, sind die Dialoge deutlich leiser und vor allem dumpfer als Actionszenen. Letztere holen auch deutlich mehr aus Surround- oder Atmosanlagen heraus. Dialoge hingegen finden akustisch fast ausschließlich über die Soundbar statt. Auch, wenn es sich nur um einen Direkt-zu-DVD-Film handelt, haben Zuschauenden etwas besseres als das verdient.
Fazit
WEEKEND IN TAIPEI kann seine anfänglich hoch gesetzten Versprechen nicht halten. Die Story ist übertrieben, dick aufgesetzt und voller Klischees. Jedoch bietet der Film in manchen Momenten kurzweilige Unterhaltung, was nicht zuletzt an der starken Kamerafahrt liegt, die in Verbindung mit den Autofahrten aktuelle FAST-AND-FURIOS-Filme übertrumpft. Aber kann das genug sein? Können Zuschauenden sich damit zufrieden geben, dass etwas besser als der Durchschnitt ist und sollte das FnF-Franchise ein eigenes Genre darstellen? Zumindest beweist WEEKEND IN TAIPEI, dass Vin Diesels Familiendrama kein Patent auf starke Autoszenen mit Hanebüchenen Storys hat.
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Originaltitel | Weekend in Taipei |
Kinostart | 19.9.2024 |
Länge: | 98 minuten |
Produktionsland | France |
Genre: | Action | Abenteuer | Thriller |
Regie | George Huang |
Producer | Virginie Besson-Silla | Luc Besson |
Kamera | Colin Wandersman |
Musik | Matteo Locasciulli |
Cast | Luke Evans, 桂綸鎂, Sung Kang, Wyatt Yang, Pernell Walker, 左右, 李沛旭, 錢薇真, 陸弈靜, 庹宗華, Tjarret Yong, Erin Adele Clark, 謝怡芬, Alain Figlarz |
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