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Die Geschichte der Menschheit - leicht gekürzt

Die Geschichte der Menschheit – leicht gekürzt ©2022 Warner Bros. GmbH

2015 begann für die Regisseure Sven Unterwaldt, Erik Haffner und Tobi Baumann in Zusammenarbeit mit dem Drehbuchautor Chris Geletneky eine neue aufregende Reise. Gemeinsam entwickelten sie die Comedy-Serie SKETCH HISTORY für das ZDF, die binnen vier Jahren in drei Staffeln ganze 30 Folgen mit rund 25 Minuten Spieldauer umfasste. Das Konzept war so einfach wie auch raffiniert. In kurzen Sequenzen wurden wesentliche geschichtliche Ereignisse neu aufgerollt und mit humoristischen Elementen versehen. Dementsprechend beruhen sehr viele Ereignisse auf wahren Begebenheiten, sind dabei aber massiv verfälscht und werden oftmals anachronistisch mit modernen Weltanschauungen verknüpft. Dafür erhielt die Serie in drei aufeinanderfolgenden Jahren beim Deutschen Comedypreis die Auszeichnung als Beste Sketch-Show. Gleichzeitig gab es jedoch auch vielfache Kritik mit dem Tenor, dass die Sequenzen der Humor aufgezwungen wurde und sich daher fernab guter Unterhaltung bewegen würde.




Darum geht es

Endlich ist es so weit. Die Voyager, die ihre Reise 1977 begann, wurde von außerirdischem Leben entdeckt und mit ihr die legendäre Golden Record, eine Schallplatte, auf der wichtige Elemente der menschlichen Errungenschaften gesichert sind. Als die Aliens diese jedoch beginnen auszulesen, sind sie geschockt, welche primitives Volk die Erde bevölkert. In 15 kleinen Geschichten müssen sie sich mit ansehen, wie stets die Dummheit und Idiotie obsiegt und wie sich der Homo sapiens sein eigenes Grab schaufelt. Dr. Gerhard Friedle führt die Betrachtenden der Platte einmal durch die gesamte Historie des Menschen und wählt dabei die wohl wichtigsten und größten Momente. Dabei kommen erstaunliche Sachen zutage, die auch der Rest der Menschheit so zuvor noch nie gesehen hat.

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Rezension

Mutmaßlich aus rechtlichen Gründen macht Chris Geletneky deutlich darauf aufmerksam, dass es sich bei DIE GESCHICHTE DER MENSCHHEIT – LEICHT GEKÜRZT nicht um eine Fortsetzung der Serie SKETCH HISTORY handelt, die 2019 aus unbekannten Gründen vom ZDF eingestellt wurde und auch nicht an der Produktion des Films beteiligt sind. Weiter heißt es von ihm, dass jede der Sequenzen aus dem bekannten Ensemble bestehe und einen besonderen Gaststar enthalte. Zudem gibt es erstmalig eine allumfassende Rahmenhandlung, die die einzelnen Episoden miteinander verknüpft und eine konkrete Zeitlinie anbietet. Doch wenn wir ehrlich sind, zeigt schon die erste Episode, dass all diese Angaben nur produktionspolitische Albernheiten darstellen und es keine wirkliche Abgrenzung zwischen der Serie und dem Film gibt, außer dass nun nicht Bastian Pastewka als allwissender Narrator die Sketche verbindet, sondern Christoph Maria Herbst diesen Job in etwas abgewandelter Form übernimmt.

Die Geschichte der Menschheit - leicht gekürzt

Die Geschichte der Menschheit – leicht gekürzt ©2022 Warner Bros. GmbH

Statt also eine neue einfallsreiche Comedy-Produktion zu schaffen, werden alte Ideen noch einmal aufgegriffen und neu inszeniert. Aus technischer Perspektive bekommen wir dabei so einiges geboten. Jede Sequenz sieht für deutsche Verhältnisse hochwertig in der Szenenausstattung aus. Das liegt vor allem daran, dass viele Sequenzen in den bulgarischen Nu Boyana Studios gedreht wurden, die bereits einige aufwendige Filmsets bereitstellten. Dadurch konnten Schauplätze mit umfassender Detailtreue nachgestellt werden und es entsteht ein tolles Bilderlebnis, welches sich auch in den vielseitigen Kostümen widerspiegelt. Zwei eigens komponierte Songs spiegeln die einzige musikalische Untermalung dar. Beide sind vor allem inhaltsgeprägt und sollen die Historie kritisch ins rechte Licht rücken.




Lächeln und winken, Männer

Letztlich ist der technische Aspekt jedoch nur ein Zubringer für den gesamten Film. Über die Gesamtqualität entscheiden vor allem die Stärke des Drehbuchs sowie die Präsentation der Schauspielenden. DIE GESCHICHTE DER MENSCHHEIT – LEICHT GEKÜRZT bietet uns große Teile der deutschen Comedy-Elite, die in den unterschiedlichsten Rollen zu sehen sind. Einen klare Kernbesetzung für die einzelnen Sketche gibt es dabei nicht und so kommt es, dass die Darstellenden jedes Mal neu wild durcheinandergemischt werden. Dennoch spiegeln sie häufig Rollen ihrer eigenen Comedy-Programme wider. So bilden Alexander Schubert und Holger Stockhaus das berüchtigte Handwerksunternehmen Kasallek und Max Giermann präsentiert sich als Jesus in einer Klaus Kinski-Version. Ergänzt wird der Cast um namhafte Darstellende wie Tom Schilling, Kostja Ullmann und Barbara Meier sowie dem wunderbaren Hannes Jaenicke, der nun schon mehrere Jahre nicht mehr auf der Kinoleinwand zu sehen war.

Die Geschichte der Menschheit - leicht gekürzt

Die Geschichte der Menschheit – leicht gekürzt ©2022 Warner Bros. GmbH

Grundlegend lobenswert ist auch die unglaubliche Breite der ausgeübten Kritik. Sowohl Religion, Politik, Gesellschaft als auch Wissenschaft fallen den Satirikern zum Opfer und werden in ihrer Gesamtheit an den Pranger gestellt. Insbesondere die Idiotie des Menschen, immer das Gleiche zu tun und unterschiedliche Ergebnisse zu erwarten, wird genauso bemängelt wie Fake News, Gleichstellungsdiskussionen, die Vielfalt der Menschen, die Sprache und Kommunikation sowie das Machtgefüge zwischen arm und reich sowie gebildet und ungebildet. Leider setzt der Diskurs dabei oftmals an den falschen Hebeln an oder wird zugunsten eines Gags überworfen. Nicht selten handelt es sich zudem um sehr oberflächlich angerissene Themen, die leichtfüßig auf eine Problematik hinweisen, ohne sie genauer zu benennen oder gar sinnvolle Alternativen vorzuschlagen – es ist natürlich leichter, Fehler zu finden, als deren Lösung zu erörtern.

Die Geschichte der Menschheit - leicht gekürzt

Die Geschichte der Menschheit – leicht gekürzt ©2022 Warner Bros. GmbH

Die Odyssee der platten Gags

Die eigentliche Dramatik dieses Films ist jedoch, dass DIE GESCHICHTE DER MENSCHHEIT – LEICHT GEKÜRZT eine Comedy-Satire-Produktion sein will und dabei jeglicher Humor fehlt. Satirisch angelegte Szenen parodieren zwar, können aber nicht mit einer ausgefeilten Pointe aufwarten. Nahezu alle Gags basieren auf Anachronismen, die einer eigentlich ernsten Thematik zugrunde liegen und hier ins Lächerliche gezogen werden. Nicht selten werden Szenarien recht plump aufgelöst und keiner der Jokes kommt wirklich überraschend. Spätestens an den Darstellenden ist meist schon vorab erkennbar, in welche Richtung sich ein Sketch entwickelt. Natürlich sind Wikinger, die über eingegangene Beschwerden des Brandschatzens diskutieren, in irgendeiner Form nett anzusehen, doch der Biss dieser Idee ist nach nur wenigen Sekunden verflogen und braucht nicht eine minutenlange Sequenz, die nicht mehr als diesen einen Gag zu bieten hat. Wenn dann nicht einmal die Outtakes Spaß machen, dann hat ein Film leider sein Genre verfehlt.

Fazit

Mit großen Ambitionen kommt DIE GESCHICHTE DER MENSCHHEIT – LEICHTE GEKÜRZT daher und lässt auf Albernheiten wie in DER WIXXER oder auf historische Parodien, wie sie Monty Python perfektionierte, hoffen. Stattdessen müssen wir uns aber mit einer lieblosen Fortsetzung der Sendung SKETCH HISTORY begnügen, die weder Biss noch Spaß anbieten kann und daher komplett vorbei am Publikum spielt. Einzig lobenswert bleiben daher die technische Umsetzung sowie die eigens komponierten Songs, die es in heutigen Filmen leider nur noch selten gibt. Nicht auszuschließen bleibt dabei, dass viele für Gleichberechtigung und Aufmerksamkeit kämpfende Gesellschaftsgruppen sich in ihren Bemühungen verunglimpft fühlen könnten und das auch zurecht.

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