Mit gerade einmal vier Filmen in seiner Regiekarriere, gehört Navot Papushado noch zu den Jungen Wilden der Branche. Dennoch hat er sich mit seinen Filmen schon früh auf ein wesentliches Genre festgelegt. Bekanntheit erlangte er mit BIG BAD WOLVES, der, ebenso wie RABIES – A BIG SLASHER MASSACRE und THE ABC’S OF DEATH 2, dem Horror-Genre zugeordnet werden kann. Dabei ist er stets darauf bedacht auch ein wenig Ironie und Humor in seine Werke einfließen zu lassen. GUNPOWDER MILKSHAKE ist nun das erste Werk, bei dem er aus diesem Korsett ein wenig ausbricht und statt Horror eher auf Actionelemente setzt. Dafür legt er auf einen vor allem weiblich geprägten Cast wert, der einzig und allein in den Antagonistenrollen von Männern flankiert wird. Im Fokus stehen Karen Gillan (THE BIG SHORT), Chloe Coleman (DER SPION VON NEBENAN), Lena Headey (FIGHTING WITH MY FAMILY), Angela Bassett (SOUL), sowie Michelle Yeoh (SHANG-CHI AND THE LEGEND OF THE TEN RINGS).
Darum geht es…
Schon früh im Leben ist Sam auf sich allein gestellt. Urplötzlich wird sie von ihrer Mutter, die als Profikillerin untertaucht, um ihre Tochter zu schützen, verlassen und muss sich nun alleine durchs Leben schlagen. Doch eine gewisse Gabe ist ihr mit in die Wiege gelegt wurden: sie beherrscht es wie keine zweite zu kämpfen, zu schießen und sich mit voller Kraft zu wehren. Aus diesem Grund wird sie von Nathan, der für ein einflussreiches Unternehmen tätig ist, als Profikillerin abgeworben und erfüllt gewissenhaft und gnadenlos ihre Aufträge. Alles soll sich jedoch ändern, als sie eines Tages einen Auftrag erhält, bei dem sie einen Mann um sein Geld bringen soll, der dieses jedoch gesammelt hat, um seine eigene Tochter aus den Händen von Entführern zu befreien. Im Eifer des Gefechts geschieht ein schwerer Unfall und plötzlich steht Sam selbst vor einer persönlichen Entscheidung und Herausforderung, die all ihre Kräfte abverlangt.
Rezension
Mit GUNPOWDER MILKSHAKE ist endlich wieder das mittelklassige und unterhaltsame Actionkino zurück, welches, anders als RED NOTICE, immer wieder beweist, dass sowohl Darstellende als auch Regisseur Lust hatten einfach einen netten Film zu drehen, der den Feierabend der Zuschauenden versüßt. Ähnlich wie schon bei FREE GUY in diesem Jahr, bekommen wir mit dem hiesigen Werk eine vollkommen solide Geschichte präsentiert, die hin und wieder durch sehr charmante Ideen glänzen kann und sich damit ein wenig abhebt von anderen Werken des Genres. Ohne Frage ist natürlich auch bemerkenswert, dass Regisseur Navot Papushado schlichtweg auf weibliche Protagonistinnen gesetzt hat und damit die Geschlechterrollen einmal wunderbar auf den Kopf stellt – wohlgemerkt ohne, dass es zwanghaft gewollt wirkt und jegliche Natürlichkeit verloren geht. Alle Rollen sind wirklich hervorragend besetzt und werden wunderbar ausgefüllt von ihren Darstellerinnen.
Dieser Actionthriller macht keinen Hehl daraus, dass er sich an vielen großartigen Vorlagen orientiert, und hin und wieder versucht die starken Essenzen der anderen Werke zu übernehmen. Der Regisseur meint dazu selbst, dass er sich gerne inspirieren lässt von anderen Regiegrößen, die er bewundert. Neben damaligen Größen wie Buster Keaton und Charlie Chaplin tauchen auch heutige Filmkünstler wie Quentin Tarantino und die Coen-Brüder in seiner Favoritenliste auf. Ebenso hat es ihm auch die asiatische, sehr präzise und durchchoreografierte Kampfkunst angetan. Wer nun GUNPOWDER MILKSHAKE aufmerksam schaut, wird immer wieder entsprechende Einflüsse vorfinden. Auch in der Soundgestaltung scheint sich der zuständige Haim Frank Ilfman von anderen Filmen inspiriert haben zu lassen. So bekommen wir als fast schon prägendes Leitmotiv einen Sound etabliert, der arg an die SHERLOCK HOLMES Filme mit Robert Downey Jr. erinnert.
Antihelden auf brutaler Mission
Ein besonderes Augenmerk legt der Film vor allem auf die Erzählweise. Zwar folgt das Werk einer klassischen Antiheldenstruktur und bietet damit im gesamten roten Faden nur wenig Spektakuläres, doch sind es die Einzelszenen, die immer wieder kreativ gestaltet sind. So gibt es mehrere Schauplätze an denen Kämpfe ausgetragen werden, bei denen stets die Umgebung einen wesentlichen Einfluss auf das Kampfgeschehen nimmt. Sehr erfrischend werden immer wieder neue Prämissen festgelegt, die zwar in jeder Realität völlig hanebüchen scheinen, aber in eben jener Filmwelt gerade eine wunderbare Abrundung der Szenerie ausstrahlen. Fast schon selbstverständlich hat sich dabei die Kampfsequenz in einer Arztpraxis dauerhaft in mein Gedächtnis gebrannt, in welcher die Protagonistin mit der Prämisse leben lernen muss, dass sie ihre Arme von jetzt auf gleich nicht mehr bewegen kann und trotzdem gegen sehr üble Typen antreten muss. Der ganze Storyverlauf erinnert zudem an den fabelhaften Film COLUMBIANA.
Zurecht hat der Film eine FSK 18 erhalten, denn es sind einige Szenen dabei, die recht enorm auf den Magen schlagen können. Die Kämpfe werden sehr intensiv geführt und strahlen in ihrer Durchschlagskraft eine enorme Wucht aus. Brutale und einfallsreiche Kills gehören dabei ebenso zum normalen Geschehen wie schmerzhafte und blutige Schlägereien. Papushado erzählt diese recht rasant und begeht trotzdem nicht den Fehler, hier ein Schnittgewitter zu etablieren, welches es dem Publikum schwer machen könnte, der Handlung zu folgen. Das Gegenteil ist der Fall, denn je höher das Pacing des Films ist, je öfter setzt er Zeitlupen ein oder spielt regelrecht mit der Kameraeinstellung. Dies ist auf Dauer zwar auch nervig, da dieses Stilmittel einfach viel zu oft Anwendung findet, beschert uns aber dennoch einige denkwürdige Aufnahmen, die einfach Spaß machen. Das Zusammenspiel aus Musik, Kampf und Kamera gelingt prächtig und hat ein wenig was vom Charme von GUNS AKIMBO.
Und noch eine Zeitlupe…
Ohne Frage bietet uns GUNPOWDER MILKSHAKE auch zahlreiche Schwächen, die auch immer wieder recht deutlich ins Auge fallen. Einerseits erfahren wir viel zu wenig über die Hintergrundorganisationen, die hier am Werk sind (auch wenn an dieser Stelle womöglich einfach eine Wissenslücke für einen möglichen zweiten Teil gelassen wurde), andererseits schleichen sich immer wieder kleine Logikfehler ein. Auch die Konsequenz in den einfallsreichen Settings wird weitestgehend übergangen und einfach als gegeben betrachtet. Sprich es wird eine Parallelwelt im Film erzeugt, die nicht so recht mit unserer Welt vereinbar ist. Dies ist deshalb schwierig, weil der Film trotzdem suggeriert in unserer normalen Zivilisation zu spielen. Dies ist an sich wunderbar mit den JOHN WICK-Filmen vergleichbar, nur dass in diesen die Brücke zu den Welten deutlich besser ausgearbeitet wurde. Viele der möglichen Kritikpunkte lenken jedoch nicht von dem sonst recht gelungenen und kurzweiligen Film ab.
Fazit
GUNPOWDER MILKSHAKE ist somit ein Film, der das Kinogeschehen gar nicht erst versucht zu revolutionieren und sich wohl auch niemals einen Platz in der Filmgeschichte ergattern wird. Das Filmteam wusste offenbar von Beginn an genau, wie das Werk später qualitativ einzuordnen sein würde und arbeitete dementsprechend auch genau auf diesen Punkt hin. Als sehr solider mittelklassiger Actionfilm, beweist Regisseur Papushado immer wieder Mut erfrischende Ideen einzustreuen und den Film lebhaft und mitreißende zu gestalten. Alle Darstellerinnen kommen dabei sehr sympathisch rüber und machen ihren Job wundervoll mit einem angenehmen Mix aus Liebe zur Rolle und sprühender sowie humorvoller Energie. Eine Sichtung lohnt sich allemal im Kino, da visuell und akustisch immer tolle Momente geboten werden, doch sollten die Erwartungen nicht zu hoch gesetzt werden und GUNPOWDER MILKSHAKE als nette Kost für den Zeitvertreib betrachtet werden.
Milkshake – Geschüttelt, nicht gerührt! Besser kann man wohl den hiesigen Film kaum beschreiben, denn GUNPOWDER MILKSHAKE bietet uns ein Potpourri an tollen Ideen, die nicht einfach zu einem farblosen Brei verrührt, sondern kräftig durchgeschüttelt werden und letztlich ein schmackhaftes, aber durchaus auch bodenständiges, Endprodukt bieten. Der Film verkörpert auf der einen Seite den klassischen unterhaltsamen Actionfilm, der in der Brutalität modernen Werken wie JOHN WICK und NOBODY ähnelt, und auf der anderen Seite ein Werk, welches immer wieder versucht, kleine und besondere Akzente zu setzen, die dieses letztlich ein wenig von der breiten Masse abheben sollen. Sowohl bildgestalterisch als auch in der Musikauswahl und Storyidee finden sich immer wieder charmante Elemente, die sich auch nachhaltig bei mir einprägen werden, auch wenn wohl letztlich der Film nicht das Zeug hat, dauerhaft im Gedächtnis zu bleiben.
Abseits davon ist der Film bei weitem nicht perfekt und hat immer wieder mit Logiklöchern, offenen Fragen und oberflächlichen Figuren zu kämpfen. Doch da der Film gar nicht erst versucht mehr zu sein als er letztlich ist, sind sowohl die Lücken als auch die unzähligen Zeitlupen durchaus mal ertragbar. Ich war sehr amüsiert und fühlte mich wunderbar unterhalten und ging mit einem guten Gefühl aus dem Kino, weshalb ich nur ans Herz legen kann, diesen Film im entsprechenden Filmtheater zu schauen, immer jedoch mit dem Wissen, dass die Erwartungen niedrig gehalten werden sollten.
With just four films under his belt, Navot Papushado is still one of the young guns in the industry. Nevertheless, he committed himself to an essential genre with his films early on. He gained fame with BIG BAD WOLVES, which, like RABIES – A BIG SLASHER MASSACRE and THE ABC’S OF DEATH 2, can be assigned to the horror genre. At the same time, he is always careful to inject a little irony and humour into his works. GUNPOWDER MILKSHAKE is the first work in which he breaks out of this corset a little and focuses more on action elements instead of horror. In return, he emphasises a mainly female cast, flanked only by men in the antagonist roles. The focus is on Karen Gillan (THE BIG SHORT), Chloe Coleman (MY SPY), Lena Headey (FIGHTING WITH MY FAMILY), Angela Bassett (SOUL) and Michelle Yeoh (SHANG-CHI AND THE LEGEND OF THE TEN RINGS).
That’s the story about
Early in life, Sam is on her own. Suddenly, she is abandoned by her mother, who has gone into hiding as a professional killer to protect her daughter, and must now fend for herself. But she was born with a certain gift: she knows how to fight, shoot and defend herself with all her might like no other. For this reason, she is recruited by Nathan, who works for an influential company, as a professional killer and fulfils her orders conscientiously and mercilessly. Everything is about to change, however, when one day she receives an assignment to rob a man of his money, but who has collected it in order to free his own daughter from the hands of kidnappers. In the heat of the moment, a serious accident occurs and suddenly Sam herself is faced with a personal decision and challenge that demands all her strength.
Review
With GUNPOWDER MILKSHAKE, middle-class and entertaining action cinema is finally back, which, unlike RED NOTICE, proves time and again that both the actors and the director simply wanted to make a nice film to sweeten the viewer’s evening. Similar to FREE GUY this year, we are presented with a perfectly solid story that occasionally shines with very charming ideas and thus stands out a little from other works in the genre. Of course, it is also remarkable that director Navot Papushado has simply relied on female protagonists, thus turning gender roles upside down for once – mind you, without it seeming forced and without losing any naturalness. All the roles are really excellently cast and are wonderfully filled by their actresses.
This action thriller makes no secret of the fact that it takes its cue from many great originals, and every now and then tries to adopt the strong essences of the other works. The director himself says that he likes to be inspired by other great directors whom he admires. In addition to former greats such as Buster Keaton and Charlie Chaplin, today’s film artists such as Quentin Tarantino and the Coen brothers also appear in his list of favourites. He is also very fond of Asian martial arts, which are very precise and choreographed. Anyone who watches GUNPOWDER MILKSHAKE attentively will find corresponding influences again and again. In the sound design, too, the responsible Haim Frank Ilfman seems to have been inspired by other films. Thus we get a sound established as an almost defining leitmotif that reminds us a lot of the SHERLOCK HOLMES films with Robert Downey Jr.
Antiheroes on a brutal mission
The film pays particular attention to the narrative. Although the work follows a classic anti-hero structure and thus offers little that is spectacular in the overall thread, it is the individual scenes that are always creatively designed. There are several locations where fights are fought, and the environment always has a significant influence on the fighting. Very refreshingly, new premises are always set up, which seem completely outlandish in any reality, but in just that film world radiate a wonderful rounding off of the scenery. Almost as a matter of course, the fight sequence in a doctor’s office is permanently burned into my memory, in which the protagonist has to learn to live with the premise that she can no longer move her arms from one moment to the next and still has to fight very bad guys. The whole storyline is also reminiscent of the fabulous film COLUMBIANA.
The film was rightly given a rating of 18, because there are some scenes that can be quite stomach-churning. The fights are very intense and radiate an enormous force in their penetrating power. Brutal and inventive kills are just as much a part of the normal events as painful and bloody brawls. Papushado narrates these quite rapidly and yet does not make the mistake of establishing a flurry of cuts here that could make it difficult for the audience to follow the plot. The opposite is the case, because the higher the pacing of the film, the more often it uses slow motion or plays with the camera angles. This is annoying in the long run, as this stylistic device is used far too often, but it still gives us some memorable shots that are simply fun to watch. The interplay of music, fighting and camera works splendidly and has a little of the charm of GUNS AKIMBO.
And another slow motion
Without question, GUNPOWDER MILKSHAKE also offers us numerous weaknesses, which are also quite obvious time and again. On the one hand, we learn far too little about the background organisations that are at work here (even if at this point a gap in knowledge was possibly left for a possible second part), on the other hand, small logical errors creep in again and again. The consequences of the imaginative settings are also largely ignored and simply taken for granted. In other words, a parallel world is created in the film that is not really compatible with our world. This is difficult because the film nevertheless suggests that it is set in our normal civilisation. This in itself is wonderfully comparable to the JOHN WICK films, except that in these the bridge to the worlds was much better worked out. However, many of the possible criticisms do not detract from what is otherwise a quite successful and entertaining film.
Conclusion
GUNPOWDER MILKSHAKE is thus a film that does not even attempt to revolutionise cinema and will probably never earn a place in film history. The film team obviously knew from the beginning exactly how the work would later be classified in terms of quality and accordingly worked towards this very point. As a very solid mid-range action film, director Papushado proves again and again that he has the courage to introduce refreshing ideas and to make the film lively and rousing. All the actresses come across as very likeable and do their job wonderfully with a pleasant mix of love for the role and sparkling and humorous energy. A viewing in the cinema is definitely worthwhile, as visually and acoustically great moments are always offered, but expectations should not be set too high and GUNPOWDER MILKSHAKE should be regarded as nice fare to pass the time.
Originaltitel | Gunpowder Milkshake |
Kinostart | 02.12.2021 |
Länge | ca. 114 Minuten |
Produktionsland | Frankreich | Deutschland | USA |
Genre | Action | Krimi | Thriller |
Verleih | StudioCanal |
FSK |
Regie | Navot Papushado |
Drehbuch | Navot Papushado | Ehud Lavski |
Produzierende | Shana Eddy-Grouf | Luc Etienne | Christoph Fisser | Ron Halpern | Alex Heineman | Rachel Clara Henochsberg | Aharon Keshales | Didier Lupfer | Henning Molfenter | Andrew Rona | Charlie Woebcken |
Musik | Haim Frank Ilfman |
Kamera | Michael Seresin |
Schnitt | Nicolas De Toth |
Besetzung | Rolle |
Karen Gillan | Sam |
Lena Headey | Scarlet |
Carla Gugino | Madeleine |
Michelle Yeoh | Florence |
Joanna Bobin | Rose |
Freya Allan | junge Sam |
Ed Birch | Lead Russian Thug |
Paul Giamatti | Nathan |
Ralph Ineson | Jim McAlester |
Adam Nagaitis | Virgil |
David Zimmerschied | Factory Goon |
Angela Bassett | Anna May |
Samuel Anderson | David |
Mai Duong Kieu | Nurse |
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