Zum Mediabook
Im Kino gibt es den neuen Film von Junta Yamaguchi hierzulande zwar nicht zu sehen, dafür hat Busch Media Group dem Ganzen einen limitierten Mediabook-Release gewidmet. Hinter einem sehenswerten Cover-Artwork verbirgt sich eine zweiteilige Blu-ray-Veröffentlichung, die in den Hauptfilm und einige Extras bietet. Zum Durchblättern trennt die beiden Discs ein typisches Booklet, welches wie das zusätzliche Material von hinter den Kulissen Informationen über den Film und dessen Geschichte liefert. Um was es in der Sci-Fi-Comedy geht und wie RIVER – THE TIMELOOP HOTEL im Vergleich zum vorherigen Überraschungshit BEYOND THE INFINITE TWO MINUTES abschneidet, erfahrt ihr in unserer Kritik!
Rezension
An der kleinen Herberge in Kibune, dem idyllisch abgeschiedenen Handlungsort Junta Yamaguchis zweiten Spielfilms, bahnt sich ein Fluss seinen Weg hinab ins Tal. Es ist kein sonderlich reißender Fluss, den man von den Zimmerfenstern der altmodischen Unterkunft aus beobachten kann, nur ein paar Meter breit und nicht einmal knietief. An seinem Ufer, an dem sich der erste Schneefall ankündigt, beginnen für Mikoto, einer aufgeweckten Angestellten der gemütlichen Wohlfühloase, ungewöhnliche Ereignisse. Und das gleich einige Dutzend Mal.
Denn wie im ambitionierten, inoffiziellen Vorgängerwerk BEYOND THE INFINITE TWO MINUTES spielen Yamaguchi und seine kreativ eingespielte Crew erneut mit der Zeit. Statt vor einen Laptop, der mehrere Minuten in die Zukunft zeigt, platziert Yamaguchi seine Figuren diesmal in einer Zeitschleife, die alle zwei Minuten von vorn beginnt und seine schrulligen, aus Hotelgästen beim Essen, Angestellten bei der Arbeit und anderen Passant*innen bunt zusammengewürfelten Figuren wahlweise in den Wahnsinn, zueinander oder auch ein Stück Richtung Freiheit führt.
Heiter bis sonnig
Choreographierte Plansequenzen führen in Echtzeit durch die ständig neu ansetzenden Geschehnisse und lassen jene Elemente wiedererkennen, die auch die erste alleinige Regiearbeit Yamaguchis schon zum heimlichen Hit unter den Science-Fiction-Komödien werden ließ: eine verspielte Prämisse, ein gutes Gespür für Timing und ein lebhaft wie neugierig agierender Cast. In der ständigen Wiederholung ist zwar kaum Platz die skizzen- bis karikaturhaften Charaktere so sehr zu vertiefen, wie jede einzelne Figur mit der Zeit ihren Ausgangspunkt verinnerlicht, aber genug Raum für zwischenmenschliche und optimistische Töne.
Jene mischen sich zwischen die kuriosen, mal heiteren oder auch makaberen, leichtfüßigen, gelegentlich etwas prüden und japanische Mythen verarbeitenden Einfälle, die eines stets vermeiden: die Prämisse so sehr zu strapazieren oder zu hinterfragen, dass sie in sich zusammenfällt oder sich unnötig über die Grenzen des kleinen Ortes ausdehnt. Die Bodenständigkeit durchzieht nicht nur die von amüsanten Begegnungen und Verstrickungen gespickte Handlung, in der die Angestellten die ungewöhnliche Not kurzfristig zur Hoteltugend machen, sondern auch die Inszenierung, die zweckmäßig und abgesehen der gut koordinierten Plansequenzen wenig auffällig bleibt.
Zeiten ändern sich (nicht)
Die Inszenierung passt sich dem gemütlichen Setting und dessen Eigenheiten an, das trotz märchenhaften Charakters nie den Anschluss zur Gegenwart verliert. Zu einer hektischen, digitalisierten und fordernden Gegenwart, in der ausgerechnet die penetrante Wiederholung eines minimalen Tagesabschnitts, den Ausbruch aus der träge gewordenen Routine ermöglicht. Das Umdenken, Innehalten, Zurückbesinnen, das nicht nur in den Gedanken der Figuren stoppt, lässt in kleinen Plädoyers für die gemeinsame Zeit und mit etwas Wohlwollen über die Oberflächlichkeiten, holzschnittartige Entwicklungen und bekannte Überkonstruktionen hinwegsehen.
Wenig Zeit, wie die Figuren verschwenden, wenn sie sich nach einem Neustart wieder zusammenfinden müssen, braucht der Film, um seine runde Prämisse, die einzig noch mehr Mut zum Formbrechen und dringlichere Konsequenzen hätte zeigen können, in seiner Laufzeit einmal durchzuspielen. Diese ist mit knapp anderthalb Stunden zwar fast zwanzig Minuten länger als der erste Zeitreise-Streich der Macher*innen, aber auch mindestens so ideenreich, spielfreudig zum Leben erweckt und trotz repetitiver wie durchschaubarer Facetten ebenso kurzweilig.
Fazit
Aus dem Blick in die Zukunft wird eine zweiminütige Zeitschleife, aus einem leergefegten Cafe eine abgelegene Herberge – gleich bleibt die Leidenschaft und Kreativität mit der Junta Yamaguchi und seine Crew vor und hinter der Kamera agieren. Eine sympathisch wie schräge Kreativschleife, die, wenn sie alle paar Jahre ihren Weg nach Deutschland findet, gern noch einige Filme weiterlaufen kann.
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Originaltitel | リバー、流れないでよ |
Kinostart | 23.6.2023 |
Länge: | 86 minuten |
Produktionsland | Japan |
Genre: | Komödie | Science Fiction | Fantasy |
Regie | 山口淳太 |
Producer | Takahiro Otsuki |
Kamera | Kazunari Kawagoe |
Musik | Koji Takimoto |
Cast | Riko Fujitani, 鳥越裕貴, 永野宗典, Takashi Sumita, 諏訪雅, 石田剛太, Haruki Nakagawa, 土佐和成, 久保史緒里, 近藤芳正, 本上まなみ, 早織, 酒井善史 |
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