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„Frohlocket! Endlich ein neuer Western.“ – das dachte ich zumindest, als ich das Programm meines Kinos überflog. Doch der Name „RUST: LEGENDE DES WESTENS“ kam mit bekannt vor und ich erinnerte mich an die News aus dem Jahr 2021. Alec Baldwin erschoss während des Drehs die Kamerafrau Halyna Hutchins tödlich und verletzte dabei Regisseur Joel Souza. Die Sicherheitsexpertin Hannah Gutierrez-Reed lud den Revolver mit scharfer Munition, bevor sie diesen Baldwin gab. 2024 wurde sie deshalb schuldig gesprochen und kommt mit 18 Monaten Haft noch glimpflich davon, während das Verfahren zwecks fahrlässiger Tötung gegen Alec Baldwin aufgrund eines Verfahrensfehlers eingestellt wurde.

Doch warum den Film dann fertig stellen und in die Kinos bringen? Die Frage ist leicht beantwortet und wird sogar von RUST: LEGENDE DES WESTENS nach dem Abspann thematisiert. Die Familie um Kamerafrau Halyna Hutchins wollte, dass das Projekt finalisiert wird. Man solle sich an ihre beeindruckenden Bilder und nicht nur den tragisch tödlichen Unfall erinnern, wenn man den Namen Halyna Hutchins hört. Und immerhin: Produktion, Studio und Regisseur haben beschlossen, dass alles Erlöse des Films Hutchins verbliebener Familie zu Gute kommen. Müsste das nicht schon Grund genug für einen Besuch im Kino sein?

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Die Handlung von RUST: LEGENDE DES WESTENS könnte zynischerweise nicht passender sein. Der alte Harland Rust (Alec Baldwin) muss seinen dreizehnjährigen Enkel Lucas (Patrick Scott McDermott) vor der Todesstrafe retten, nachdem dieser ausversehen einen Farmer getötet hat, dessen Sohn Lucas Bruder Jacob (Easton Malcom) bedrohte. Rust scheut sich auch nicht, Gewalt gegen Kinder zu thematisieren, ohne diese dabei zu verherrlichen. Und eine Todesstrafe für Kinder war in den USA tragischerweise sogar bis zum 1. März 2005 nichts verbotenes und wurde bis zum Jahr 2003 regelmäßig praktiziert.

Beeindruckende Bilder und die Suche der Nachdrehs

RUST: LEGENDE DES WESTENS präsentiert den Zuschauenden beeindruckende Bilder, die im Gedächtnis bleiben und klar das Highlight sind. Halyna Hutchins Sinn für Bilder der Natur in Verbindung mit Westernfiguren wird klar fehlen. Sie hat einen klaren Blick, der neues schafft und aus den typischen Perspektiven des Genres ausbricht. Auch die neue Kamerafrau Bianca Cline orientiert sich an Hutchins Stil, wodurch es den Zuschauenden bis auf einzelnen Momenten schwer fällt festzulegen, was jetzt altes Material und was Neudreh ist.

Harland Rust (Alec Baldwin) und Lucas Hollister (Patrick Scott McDermott) liegen auf der Lauer

© 2025 RUST MOVIE
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Bei diesen Momenten handelt es sich um Szenen mit Waffen. Nach dem tragischen Tod von Hutchins, in dem Alex Baldwin die Waffe direkt in die Kamera gehalten hat, verzichtet RUST: LEGENDE DES WESTENS bewusst auf solch typische Westernperspektiven, in denen Revolverhelden in die Kamera zielen. Die Rezipienten beobachten immer von der Seite, was sich jedoch nicht fremd anfühlt, sondern in den Kamerastil einfügt.

Der typische Western mit seinen macken

RUST: LEGENDE DES WESTENS fokussiert sich hauptsächlich auf Patrick Scott McDermott als Lucas und Alec Baldwin als Harland Rust. Die Geschichte ist dadurch deutlich linearer erzählt, als zuletzt HORIZON, bei dem der zweite Teil noch immer auf sich warten lässt und der eher wie die Pilotfolgen von einer neuen Westernserie aufgebaut war. Zu viele Charaktere, die noch nicht zusammenfinden und lose in der Handlung koexistieren. Das Publikum von RUST: LEGENDE DES WESTENS kann dem Geschehen an sich deutlich entspannter folgen, da es hier nur die Perspektiven Jäger und Gejagte gibt.

Lucas Hollister (Patrick Scott McDermott) bewaffnet vor einem Haus

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Jedoch etabliert der Baldwin-Western deutlich zu viele Verfolger. Die Bande um den US-Marshall Wood Helm (Josh Hopkins) und der predigende Kopfgeldjäger Fenton Lang (Travis Fimmel) hätten vollkommen ausgereicht. So ist gerade der mittlere Part des Films viel zu überladen und das Publikum verliert kurzzeitig den Überblick, wer jetzt eigentlich wen verfolgt. In diesen Momenten fühlt sich RUST: LEGENDE DES WESTENS mehr nach Gaunerkomödie als nach Western an. Denn es ist offensichtlich, dass der Film im Showdown enden muss, aber die Rezipienten können eine Kleinstadt an Verfolgern nicht wirklich ernst nehmen.

Der eiskalte Mann

RUST: LEGENDE DES WESTENS bedient sich einem Männerbild, welches für Western leider allzu typisch ist: konservativ und in vielen Momenten Machohaft. Männer dürfen hier nicht Gefühle zeigen, sollen immer stark sein, aber vor allem nicht weinen, denn das wird immer wieder als Schwäche ausgelegt. Der „fortschrittlichste“ Charakter ist hier noch der US-Marshall, der einen Verlust betrauern darf. Aber selbst das reicht nicht über traurig in die Kamera schauen und die Probleme in sich hinein fressen hinaus. Doch wenn Männer öfter über ihre Probleme reden würden, ohne dafür verurteilt zu werden, würde sich das positiv auf die Psyche auswirken. Tränen sind keine Schwäche.

Sonnenuntergang in RUST – LEGENDE DES WESTENS

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Fazit

RUST: LEGENDE DES WESTENS ist grundsolide und deutlich unterhaltsamer als Kevin Costners HORIZON. Aber solide ist nicht gleich gut. Die Kamera ist großartig, aber die Musik repetitiv. Die Hauptstory macht Spaß, wird aber von der Menge an Nebencharakteren überschattet, wodurch sich der Film einen Ticken zu lang anfühlt. Auf jeden positiven Punkt kommt ein negativer. Und selbst wenn der Film großartig wär, würde es kein großer Kassenerfolg werden. Aufgrund des Todes von Halyna Hutchins in Verbindung mit den vorigen Skandalen am Set wurde auf eine große Marketingkampagne verzichtet.

Fest steht jedoch: RUST: LEGENDE DES WESTENS liefert wunderschöne Bilder, die dem Publikum in Gedächtnis bleiben und für immer mit Halyna Hutchins in Verbindung stehen. Wahrscheinlich haben Rezipienten selten so sehr auf die Kamera geachtet, wie in diesem Film. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie viele Menschen den Film wirklich deshalb schauen, weil es ein Western ist und wie viele der Besuchenden nur sensationsgeil sind. Letztere kommen zum Glück nicht auf ihre Kosten, da der Film jederzeit respektvoll zu der verstorbenen Kamerafrau ist und sich vor ihr verbeugt. Damit ist Rust eine Empfehlung für Westernfans.

Rest in Peace Halyna Hutchins

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Originaltitel Rust
Kinostart 1.5.2025
Länge: 133 minuten
Produktionsland United States of America
Genre: Western
Regie Joel Souza
Executive Producer Matthew Hutchins | Tyler Gould | Luke Taylor | Matthew Helderman | Elizabeth L. Barbatelli
Producer Matt Delpiano | Nathan Klingher | Kc Brandenstein | Ryan Donnell Smith | Ryan Winterstern | Grant Hill | Anna Granucci | Anjul Nigam | Alec Baldwin
Kamera Halyna Hutchins | Bianca Cline
Musik Lilie Bytheway-Hoy
Cast Alec Baldwin, Josh Hopkins, Patrick Scott McDermott, Travis Fimmel, Frances Fisher, Rhys Coiro, Devon Werkheiser, Xander Berkeley, Jake Busey, Abraham Benrubi, Travis Hammer, Aria Alpert Adjani, Sean J. Dillingham, Todd Bryant, Luce Rains, Bryant Carroll, Roberto Portales, Meadow Williams

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