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Review

Videospielverfilmungen sind für Filmstudios der neu erhoffte Goldrausch. HBOs Serie THE LAST OF US, Amazons FALLOUT und vereinzelte Episoden von SECRET LEVEL konnten dabei beweisen, dass die Verfilmungen ernst und anspruchsvoll sein können, während die Filme SONIC THE HEDGEHOG, EIN MINECRAFT FILM und der SUPER MARIO BROS. FILM zeigen konnten, wieviel Geld dank Fans und Familien hinter solchen Stoffen liegt. Da trifft es sich für Sony gut, dass diese nicht nur Filme, sondern auch diverse Videospiele produzieren und somit keine teuren Lizenzverträge ausgehandelt werden müssen. Und mit GRAN TURISMO sowie UNCHARTED hat das Studio auch die ersten Versuche in der eigenen Lizenzwelt gewagt.

Doch mit UNTIL DAWN will Sony mit einer FSK 16 Freigabe ein erwachseneres Publikum ansprechen. Und die Idee klingt auf dem ersten Augenblick spannend, aber auch zutiefst riskant. Denn in dem gleichnamigen Videospiel geht es um eine Gruppe Jugendlicher, die sich in einer entfernten Skihütte von einem der Eltern trifft und um eine verstorbene Freundin sowie Schwester trauern will, ehe mit den Wendigos eine große Gefahr lauert. Der Twist: das Publikum kontrolliert abwechselnd die Charaktere und kann mit den eigenen Entscheidungen bestimmen, wer stirbt, oder überlebt. Solch eine Entscheidungsmacht in einen Kinofilm zu bringen ist mehr als nur schwer.

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Gute Klischees, schlechte Klischees

UNTIL DAWN begleitet die junge Gruppe um Clover (Ella Rubin), ihrem Exfreund Max (Michael Cimino), der übernatürlich empfänglichen Megan (Ji-young Yoo), sowie dem Paar bestehend aus Nina (Odessa A’zion) und Abe (Belmont Cameli). Diese suchen Clovers Schwester Melanie (Maia Mitchell), die seit einem Jahr verschwunden ist. Ein Tankstellenbetreiber (Peter Stormare) einer entlegenen Tankstelle hat den Hinweis, dass Melanie damals nach Glore Valley ist und dort viele Menschen seit dem Minenunglück verschwinden. Die Gruppe begibt sich zum Ziel, macht im verlassenen Besucherzentrum aufgrund des Regens rast und löst damit den tödlichen Kreislauf der Sanduhr aus.

Die Charaktere sind nicht wirklich intelligent geschrieben, fühlen sich nicht lebendig an: sie leben für das Drehbuch und den Plot. Zudem treffen diese immer wieder Entscheidungen, in denen das Publikum die Leinwand anbrüllen will. Denn hier werden diverse Klischees, wie das Aufteilen der Gruppe, in dunkle Räume gehen und Geräusche immer untersuchen wollen, bedient. So sehr das mittlerweile hanebüchen ist, passt es zu UNTIL DAWN, da die Videospielvorlage genau diese Klischees bedient hat. Der Film ist damit ein Teil der Ausnahme, in dem diese Mittel gebilligt werden.

ein Gruppe junger Menschen steht in einem altmodisch eingerichteten Zimmer und schaut besorgt hinter die Kamera

Until Dawn ©2024 Screen Gems, Inc. | TSG Entertainment II LLC.

Das gilt jedoch nicht für die Exposition-Person, die leider auch in UNTIL DAWN vorkommt und selbstredend der Freundesgruppe zur Hälfte des Films erklärt, was diese zu tun hat und wie diese aus dem Albtraum entkommt. Eine Exposition-Person ist immer ärgerlich, aber hier nochmal ärgerlicher, da die Freunde am Anfang sogar erst eigene Schlüsse gezogen haben. Zudem ist ab der Hälfte von UNTIL DAWN auch noch die Luft raus, da der Film sich durch die Exposition-Person verrät. Fans des Horrorgenres durchschauen nun, wann Gefahren lauern und wann nicht, wodurch die Geisterbahn-Jahrmarktsatmosphäre des Films nicht mehr zieht und die Laufzeit von 104 Minuten deutlich zu lang ist.

(K)eine Videospielvorlage

UNTIL DAWN kann sich nicht so recht entscheiden, wie sehr der Film die Videospielvorlage nutzen will. Mal streut Regisseur David F. Sandberg Easter Eggs zu den Spielen und verweist in einem kurzen Moment sogar auf den Charakter Josh (Rami Malek), aber das ist eher die Ausnahme. Abseits davon ist die Verbindung zwischen Spiel und Film ziemlich dünn, zumal der Film mit den Teenagern, die in einer Zeitschleife gefangen sind, sein eigenes Konzept verfolgt, auch wenn dieser das Potential nicht ganz ausnutzt. Die Rezipienten bekommen nicht genug von den Mördern, Dämonen und ähnlichen, sondern viel zu viel Exposition sowie erzwungene Gefühlsduselei.

Doch das ist schade, da Ansätze immer wieder erkennbar sind. Sei es das Ausprobieren neuer Fluchtwege, was sich wie das ständige Wiederholen eines Levels anfühlt, oder die veränderte Nacht, die an Rogue-Lite-Spiele erinnert. Wenn an diesen Elementen in UNTIL DAWN weiter gearbeitet worden wäre, hätte das Publikum einen deutlich größeren Horrorschocker haben können, in dem es echte Variationen gibt. Denn selbst diese sind im Film nur eine Illusion, da die Antagonisten vom großen Unbekannten eingestreut wurden.

Sand rinnt durch eine Sanduhr

Until Dawn ©2024 Screen Gems, Inc. | TSG Entertainment II LLC.

Doch immerhin: es gibt eine Szene zwischen Wendigo und Protagonistin, die sich exakt wie die Spiele anfühlt. Es bereitet für einen kurzen Moment Freude, da die Zuschauenden merken, dass sie jetzt, in dieser Szene wirklich in UNTIL DAWN sitzen. Es zeigt auch, dass die kreativen Köpfe hinter dem Film zumindest wissen, worauf es eigentlich ankommt. Einerseits beruhigt es, wenn nur an BORDERLANDS gedacht wird, bei dem sich Eli Roth stolz gebrüstet hat, die Vorlage nicht zu kennen. Aber andererseits enttäuscht es, denn warum hat David F. Sandberg nicht noch mehr dieser Szenen eingebaut und weniger die eigene Idee verfolgt.

Ein großes Lob mit kleinem Haken

Doch eins müssen die Zusehenden UNTIL DAWN lasen: es kommt überraschend wenig CGI zum Einsatz. Vielmehr wollte David F. Sandberg so viel praktische Effekte, Masken, echte Sets und Kunstblut wie nur möglich verwenden, was zur Atmosphäre des Films deutlich beiträgt. Und selbst wenn Computereffekte zum Einsatz kommen, sind diese durchdacht, kaschiert und passen sich in die Umgebung ein. Gerade im Horrorgenre, in dem die Zuschauenden in den letzten Jahren eine Flut an CGI-Dämonen ertragen mussten, ist das ein willkommener Ersatz.

Jedoch tun sich die praktischen Effekte von UNTIL DAWN bei einigen Wendigos sehr schwer. Die meisten dieser Kreaturen entsprechen dem Design der Spiele: unnatürlich groß, schlaksig, flink, agil, abgemagert und irgendwie geisterhaft. Doch vereinzelte Wendigos sind noch viel zu kräftig, wirken zu menschlich und damit fast wie eine Zombiemutation. Es erschließt sich auch nicht, ob die Transformation in einen vollwertigen Wendigo länger als in der Spielvorlage dauert, womit die Unterschiede zumindest logisch erklärt werden. Denn UNTIL DAWN bricht die Logik sonst bewusst, damit das Publikum einzelne Wendigos erkennt.

das Gesicht einer jungen Frau, dreckverschmiert, im Dunkeln

Until Dawn ©2024 Screen Gems, Inc. | TSG Entertainment II LLC.

Fazit

UNTIL DAWN erfindet das Rad nicht neu, ist nicht der neue Stern der Videospielverfilmungen, tut aber auch niemanden weh und passt auf eine leicht zynische Weise zur Filmografie von Regisseur David F. Sandberg sowie der von den Drehbuchautoren Blair Butler und Gary Dauberman. Am Ende ist es ein herkömmlicher, generischer Horrorfilm, bei dem dies aber besonders schmerzt, da echte Ansätze erkennbar sind. Zudem fehlt UNTIL DAWN die direkte Verbindung zur Videospielvorlage. Hier beweist Sony wieder ein tollpatschiges Händchen für Videospielverfilmungen.

Denn der Film passt damit treffend zu UNCHARTED, in dem sich bis heute nicht erschließt, warum Tom Holland Nathan Drake spielt und Berliner Bushaltestellen angeblich in New York zu finden sind. Und auch GRAN TURISMO hatte wenig Charme der Spielvorlage. Nicht nur das, der Film verschwendete sogar das Potential von Regisseur Neill Blomkamp mit der Lizenzgurke. Aber wer Hardcorefan des Spiels ist, oder mit Freunden sich an einem Schocker erfreuen will, kann UNTIL DAWN zumindest in seiner ersten Hälfte eine Chance geben.

 

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Originaltitel Until Dawn
Kinostart 23.4.2025
Länge: 103 minuten
Produktionsland United States of America
Genre: Horror | Mystery
Regie David F. Sandberg
Executive Producer Charles Miller | Hermen Hulst
Producer David F. Sandberg | Gary Dauberman | Lotta Losten | Roy Lee | Asad Qizilbash | Carter Swan | Mia Maniscalco
Kamera Maxime Alexandre
Visual Effects Viktor Müller
Musik Benjamin Wallfisch
Cast Ella Rubin, Michael Cimino, Odessa A'zion, Ji-young Yoo, Belmont Cameli, Maia Mitchell, Peter Stormare, Zsófia Temesvári, Tibor Szauerwein, Lotta Losten, Mariann Hermányi, Willem van der Vegt, Ádám Bot, Ádám Kocsis, Adrienn Mész, Ádám Zambryzcki, Boglárka Heim, David F. Sandberg

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