Seit Steven Spielbergs DER WEIẞE HAI sind die Meeresbewohner aus der Welt der Horrorfilme nicht mehr wegzudenken. Sein es unzählige Trashfilme wie SHARKNADO, oder Sommerblockbuster wie MEG. Haie geben die perfekten mordlustigen Killermaschinen ab, die alles fressen, was ihnen in die Queere kommt. Dieses Bild ist jedoch falsch und schafft eine irrationale Angst vor Haiangriffen, die heutzutage als „Jaws-Efffekt“ bekannt ist. Die Art der Filme und Hetzjagd durch die Medien verleiht dem Hai heutzutage seinen schlechten Ruf und hat sogar zu Trophäen- und Rachejagden auf diese Fische gesorgt.
Dabei sind Haie für Menschen alles andere als gefährlich und für unser Ökosystem sogar essenziell wichtig. Haiangriffe auf Menschen kommen nur vereinzelt vor und sind selten tödlich. Menschen stehen nun mal nicht auf der Speisekarte der Unterwassertiere. Und trotzdem bleibt die Angst bestehen. Ein Aufklären über die wahre Natur der Haie wäre auch in der Filmwelt wichtig, da diese nachweislich das gesellschaftliche Bild des Hais geprägt hat.
Wichtig hierbei ist noch, dass Hai-Filme und -Dokumentationen nicht nennenswert für den aktuellen enormen Rückgang der Population der Haie verantwortlich sind. Klar gibt es auch Trophäenjäger und einige sind wahrscheinlich durch diese negative Darstellung in Film und Presse motiviert, aber die größte Bedrohung für Haie ist der industrielle Fischfang. Immer wieder schwimmen die Haie in die Netze und werden, wenn erst nach ihrem Tod in die Gewässer zurück geschmissen. Viel mehr müsste man sich also die Frage stellen, ob Haie berechtigterweise Angst vor der zerstörerischen Natur des Menschen haben.
Darum geht es
Maja Bordenave (gespielt von Marina Foïs) soll ihren Beruf bei der Küstenwache an den Nagel hängen und vorzeitig in den Ruhestand gehen. Geplagt von der Tatsache, dass in ihrem Berufsalltag nie etwas erheblich Spannendes geschehen ist, beginnt sie einen Vorfall mit zwei Touristen genauer zu untersuchen und kommt zu dem Entschluss, dass ein gefährlicher Hai vor der Küste sein Unwesen treiben muss. Durch das Verlangen nach Action überredet sie ihren Vorgesetzten, ihren Ruhestand eine Woche zu verschieben und beginnt mit der Jagd nach dem Hai.
Review
Wer sich noch an die deutsche Trash-Perle HAIALARM AM MÜGGELSEE erinnert, weiß wie viel Potential in einer komödiantischen Adaption von DER WEIẞE HAI steckt und könnte meinen, dass YEAR OF THE SHARK diese Idee mit dem Niveau französischer Komödien ergänzen kann. Leider wird das hoffnungsvolle Publikum enttäuscht und bekommt eine humorlose, langweilige Komödie, die im Vergleich zu der Berliner Produktion überhaupt nicht auf den Heimatort und seine Insider eingeht. Der Film erscheint wie eine billige Kopie von Spielbergs Klassiker und vertraut wie schon MONSIEUR CLAUDE UND SEIN GROẞES FEST auf „antiwoken“ Boomer-Humor und diverse rassistische Klischees. Es mag das Publikum überraschen, dass selbst ein SHARKNADO von der Trashschmiede „the Asylum“ mehr Witz und Tiefgang hat.
Ein Hai-Film ohne Hai
Der namensgebende Hai kommt in dem Film so gut wie gar nicht vor und wirkt zudem nicht wirklich wie eine ernstzunehmende Bedrohung. Dafür sterben zu wenig Menschen und deren Tode sind nicht gruselig, da das Kunstblut an Ketchup und die amputierten Körperteile wie Modelliermasse aus dem Kunstunterricht wirken. Außerdem sehen Zuschauende sofort, dass es sich bei dem besagten Hai um eine mechanische Attrappe handelt. Der Hai bewegt sich zu geradlinig und zu mechanisch, als dass dieser real wirken könnte. Immer wieder dient der Hai als Möglichkeit, um sich über vegan lebende Menschen, Klimaaktivist*innen, Tierschützer*innen und weitere Gruppen lustig zu machen. Dadurch verkommt der Hai zu einer nebensächlichen Witzfigur, die das Publikum nicht ernst nehmen kann.
YEAR OF THE SHARK versucht zudem verzweifelt die einzelnen Stationen von Steven Spielbergs DER WEIẞE HAI abzuarbeiten, ohne dabei ansatzweise an dem Niveau des Klassikers kratzen zu können. Die beiden Filme schwimmen nicht einmal im selben Haifischbecken, da der Film unter anderem Szenen dreist, aber schlecht kopiert. Während Steven Spielbergs Film trotz problematischer Darstellung von Haien ein Paradebeispiel für guten Horror ist, plagt dieser Film das Publikum mit einer ermüdenden Langeweile, die zu einem Blick auf das Smartphone einlädt.
Schleichend unlustig
YEAR OF THE SHARK ist langsam und träge erzählt. Trotz der kurzen Lauflänge von 90 Minuten fühlt sich der Film wie eine unendlich andauernde Ewigkeit an und hätte locker um mindestens zehn Minuten gekürzt werden können. Immer wieder kommt es zu unnötigen Auseinandersetzungen und Begegnungen, die der Handlung nichts beizutragen haben. Zudem wird zwischen jedem Satz und vor jeder Antwort eine dramatische Pause gelassen, die das Publikum nach kürzester Zeit bereits nervt und an den Rand der Verzweiflung treibt.
Der Humor des Films bleibt auf ganzer strecke liegen. Die besten Witze wurden bereits im Trailer verraten und zünden daher nicht mehr. Bei den restlichen Witzen verlässt sich der Film auf ein Dauerfeuer aus Gags und Dialogen, die aber alle nicht zünden wollen und durch die schiere Masse zu viel werden. Hinzu kommen die nervigen Meta-Gags a la „wir haben 2022“ oder Corona. Diese sind eine plumpe konservative Kritik über die „woke“ Jugend und können im Gegensatz zu MISS MERKEL – EIN UCKERMARK KRIMI nicht einmal ein Schmunzeln hervorlocken. Generell hängt sich der Film an einer „woken Gefahr“ auf und lässt es nicht aus, sich über den Klimawandel und Aktivist*innen (besonders Greta Thunberg) lustig zu machen. Verwunderlich hierbei ist, dass der Film die Folgen des Klimawandels vereinzelt als Bedrohung darstellt. Wahrscheinlich ein fehlgeschlagener Versuch, beide politischen Lager zu erreichen, der dafür sorgt, dass alle sich langweilen.
Ein abstoßender Hauptcharakter mit schwachen Dialogen
Der Charakter von Marina Foïs hat Anfangs durch getauschte Geschlechterrollen und die Angst, den gewohnten Alltag zu verlieren, potential, das der Film aber nicht nutzt. Die anfänglichen Situationen mit dem treudoofen Ehemann, der die Hausarbeit macht, verschwinden schnell und die Thematik der getauschten Geschlechterrollen wird links liegen gelassen. Hinzu kommt, dass das Publikum mit Marina Foïs über die genannten Probleme hinaus nicht nur keine Bindung aufbauen kann, sie wird ab der Hälfte des Films immer unsympathischer und ihre Entscheidungen sind nur bedingt nachzuvollziehen.
Gleichzeitig plagen YEAR OF THE SHARK schwache und platte Dialoge, die nicht nur schnell wieder vergessen sind, sondern auch wie Füller dienen, um die Lauflänge auf 90 Minuten strecken zu können. Hinzu kommt die deutsche Synchronisation, die schlecht und billig produziert wirkt. Unter anderem ist in dieser Jean-Pascal Zadi schwer zu verstehen, da sich dazu entschieden wurde, ihn besonders stark nuscheln zu lassen. Die schlechte Qualität der Dialoge erinnert Zuschauende eher an die Filme von Asylum als an eine französische Komödie.
Sommergefühle und Kad Merad
Wenigstens schafft YEAR OF THE SHARK es immer wieder vereinzelt Sommergefühle bei dem Publikum zu erzeugen. Die touristische Kleinstadt wirkt mit ihren weiten Stränden und dem klaren Wasser des Mittelmeers einladend und auch der Song „La kiffance“ vom französischen Künstler Naps kann mit seinen Afrotrap- und Dancehall-Elementen das sommerliche Gefühl untermauern. Leider hat der Film zu wenig Szenen davon und schafft es auch nicht, dieses Gefühl nach Urlaub konstant zu halten.
Das größte Highlight ist wohl Kad Merad. Der aus Filmen wie 22 BULLETS, WILLKOMMEN BEI DEN SCH´TIS oder KRIEG DER KNÖPFE bekannte Schauspieler schafft es in seinen viel zu kurzen Auftritten das Publikum von sich zu überzeugen und mit seinem Witz so viel wie möglich noch vom Film zu retten. Hätte der Film mehr auf seine Präsenz gesetzt, hätten Zuschauer*innen einen Charakter, zu dem eine Bindung entsteht.
Fazit
YEAR OF THE SHARK verspricht viel, reiht sich aber nur in eine Reihe vorhersehbarer Kopien von Steven Spielbergs DER WEIẞE HAI ein. Die Witze sitzen nicht und transportieren eine Kritik an einem „woken“ System, das so aber gar nicht existiert. Der Drang nach dieser politischen Botschaft sorgt nicht nur für Langeweile, sondern auch dafür, dass der Film nicht lange in Erinnerung bleibt.
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Originaltitel | L'Année du requin |
Kinostart | 3.8.2022 |
Länge: | 87 minuten |
Produktionsland | France |
Genre: | Komödie | Horror | Drama |
Regie | Ludovic Boukherma | Zoran Boukherma |
Producer | Pierre-Louis Garnon | Frédéric Jouve |
Kamera | David Cailley |
Visual Effects | Cédric Fayolle |
Cast | Marina Foïs, Kad Merad, Jean-Pascal Zadi, Christine Gautier, Ludovic Torrent, Philippe Prévost, Jean Boronat, Jean-Jacques Bernede, Patrice Séraphine, Anwar el Kadi, Joël Artigues, Paul Alleaume, Quentin Alleaume, Loïc Richard, Floriane Labaye, Alain Boitel, Hans Schiller, Uwe Lucking, Vincent Varenne, Robin Hadida |
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