Review Fakten + Credits


Darum geht es
Um ihr Produkt besser zu vermarkten, gehen die Entwickler Mike und Doug ein Zusammenarbeit mit dem erprobten Geschäftsmann Jim Balsillie ein. Es ist Ende der 1990er und gemeinsam bringen sie ein multifunktionales Gerät auf den Markt, welches die Art und Weise der Kommunikation grundlegend verändern sollte …

Rezension

Ein leises Geräusch bildet die erzählerische Klammer in Matt Johnsons wahre Ereignisse verarbeitenden Wettbewerbs-Beitrag. Zu Beginn ist es das Summen einer Sprechanlage, die die von Jay Baruchel gespielte Figur vor einem entscheidenden Pitch ins Schwitzen bringt, am Ende das Rauschen vielfach geordeter Smartphone-Modelle. Zwischen den Szenen liegen mehrere Jahrzehnte unternehmerischer und produktionstechnischer Höhen- und Tiefenflüge, die in BLACKBERRY Einsicht in die Entwicklung der gleichnamigen Marke geben. Vom Aufstieg der Underdogs über die Erfolgsgeschichte bis zum Anstoß des Niedergangs ist der Film reich an wegweisenden Weiterentwicklungen, aber leider alles andere als ein innovatives Business-Drama.

BlackBerry Filmstill

BlackBerry ©Budgie Films Inc.

BLACKBERRY erzählt nicht die Erfindungsgeschichte des Smartphones, sondern in erster Linie von der Vermarktung eines neuen Produkts. Ein schmieriges Marketing-Theater, in welches die beiden Unternehmer-Freunde hineinschlittern und dessen verlogenen Sog sie sich verzweifelt zu entziehen versuchen. Der vor allem zu Beginn als Heilsbringer in Szene gesetzte Businessmann Balsillie wird zum einflussreichen Geschäftspartner und beginnt die Handlung fortan zu kapern, bis Marketing-Strategien und Verhandlungsrunden das Tempo des Films bestimmen. Viele der Entwickler*innen bleiben hingegen hintergründige Geeks mit einem Hauch THE IT CROWD. Diejenigen, die sich auf den wöchentlichen Filmeabend freuen, durchs Star Trek Foren scrollen oder popkulturelle Referenzen in den Raum werfen. In Mikes engen Freund, dem vom Regisseur selbst verkörperten Doug, verschwimmen die Grenzen von Sidekick und Instanz des Gewissens, gerecht wird der Film dieser und vielen anderen Figuren nicht. Erst recht nicht, wenn er sie nacheinander aus den Augen verliert.

Hauptakteure des temporeich vorgetragenen Spielfilms sind neben Mike Lazaridis und Jim Balsillie die Mechanismen des Konkurrenzkampfes und die rücksichtslose Unternehmenspolitik. Letztere böten Potential für eine kritische Auseinandersetzung mit der Branche, die in BLACKBERRY bestenfalls angeschnitten werden. Reflektion von Machtmissbrauch, Ausbeutung der Arbeitskräfte oder Hochstapelei sind Beiwerk eines auf den Thriller und die Aufstiegsgeschichte fokussierten Spielfilms. Zwar verdichtet sich der Druck zuvor getroffener Entscheidungen in einer glaubhaften Lead-Performance von Jay Baruchel und Glenn Howerton mimt den egozentrischen Geschäftsmann äußerst markant und cholerisch, doch viele ihrer Facetten verbleiben oberflächlich. Zusammengeschrumpft gegenüber einer trotz allerhand Close-Ups und Zugeständnissen an einen Spielfilm emotional distanziert aufbereiteten Erfolgsstory.

BlackBerry Filmstill

BlackBerry ©Budgie Films Inc.

Rasch hat sich in dieser schon nach den ersten Minuten eine aufwühlende Dynamik eingestellt, die innerhalb zwei Stunden nie zum Stillstand kommt: Unruhvoll sieht sich die Kamera von Jared Raab bei Meetings, Vertragsverhandlungen und Konstruktionsmontagen um, justiert nach oder fokussiert einzelne Reaktionen. Im Hintergrund ein ebenso wenig ruhender Retro-Soundtrack. Den Drucksituationen und der Schnelllebigkeit des Technologie-Marktes ein inszenatorisches Ausdrucksmittel verliehen, hangelt sich BLACKBERRY in amüsant aufgelockerter Stationsarbeit durch die Markenhistorie, nur um noch vor deren eigentlichen Abstieg gehörig abzubremsen. Beiläufig wird der Werdegang der Marke in einer Texttafel abgerundet, ohne sich auch dem Niedergang als gewichtigen Teil der Unternehmensgenese hinreichend zu widmen.

Fazit

Millionenschwere Marketing-Hatz, seichte Insider-Einblicke und rigorose Unternehmenspolitik vermengen sich in Matt Johnsons Berlinale-Beitrag zu einem konventionell erzählten Thrillerdrama über den Aufstieg der titelgebenden Smartphone-Marke. Mit Stoff für eine ganze Miniserie über die Entwicklung des Smartphone-Business ist BLACKBERRY nicht arm an Potential, lässt eine kritische Auseinandersetzung, die eigentliche technologische Entwicklung und gründliche Figureneinblicke jedoch nur am Rande zu. Ein temporeich inszenierter, seine satirischen wie reflektierenden Ansätze zu selten vertiefender Kinopitch im Wettbewerb der diesjährigen Berlinale.

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