Die vergessenen Kinder Südkoreas! „War es überhaupt gut, dass ich geboren wurde?“, lautet die berührende Frage, die sich der japanische Regisseur Kore-eda Hirokazu bei den Recherchen zu seinem neuen Film immer wieder anhören musste. BROKER – FAMILIE GESUCHT handelt von Kindern, die von ihren Eltern verlassen wurden – ausgesetzt in Babyboxen, dem südkoreanischen Pendant zu den in Deutschland als Babyklappe bezeichneten Vorrichtungen für ungewollte Neugeborene. Eben jenen Kindern möchte Hirokazu Kore-eda in seiner einfühlsamen Tragikomödie eine Stimme verleihen und gleichzeitig mit viel Frohsinn und Hoffnung auf die eingangs erwähnte Frage antworten. Das Ergebnis ist ein tröstlicher Film. Gutherzig und sensibel, aber auch ein bisschen zu einfach gestrickt.
Darum geht es
Als So-young (Ji-eun Lee) ihr neugeborenes Kind in einer Babybox zurücklässt, hadert die junge Mutter mit ihrer folgenschweren Entscheidung und macht sich schließlich doch auf den Weg, um den Vorgang rückgängig zu machen. Auch wenn sie sich nicht dazu im Stande sieht, dem jungen Leben eine angemessene Zukunft zu gewähren, möchte sie doch darüber mitbestimmen, wer sich um ihren Nachwuchs kümmert. Aber die Box ist bereits leer. Statt im örtlichen Waisenhaus, landet So-youngs Kind bei Sang-hyun (Song Kang-ho) und Dong-soo (Gang Dong-won), zwei Männern, die ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von ungewollten Babys an kinderlose Paare bestreiten. Auch wenn dieses Geschäftsmodell von finanziellen Interessen getrieben ist, steht bei ihnen dennoch das Wohl der Kinder an oberster Stelle. Jedes Kind sollte die Chance auf die Wärme einer liebevolle Familie erhalten und nicht in der Anonymität eines Waisenhauses heranwachsen müssen. Als sich die Wege der Beiden mit dem von So-young kreuzen, möchte sich die junge Mutter an der Suche nach passenden Adoptiveltern beteiligen. Dies ist der Auftakt eines spaßigen Roatrips quer durch Südkorea, der beweist, dass Familie nichts mit Blutsverwandtschaft, sondern mit echter Zuneigung zu tun hat!
Rezension
Mit seinem sensiblen Außenseiter-Drama SHOPLIFTERS avancierte Kore-eda Hirokazu zum Publikums- und Kritikerliebling. Auch wenn es „nur“ bei einer Oscar®-Nominierung für den besten fremdsprachigen Film blieb und der Preis letzten Endes doch an einen anderen Film ging, bleibt sich der japanische Filmemacher treu und erzählt in BROKER – FAMILIE GESUCHT erneut eine Geschichte über eine Gruppe von der Gesellschaft vergessener Menschen, die sich zu so etwas Ähnlichem wie einer echten Familie zusammenrotten. Während sich Kore-eda Hirokazu auch inszenatorisch stark an SHOPLIFTERS orientiert, schlägt er tonal einen anderen Weg ein, indem er das menschliche Drama ein wenig in den Hintergrund geraten lässt, um Platz für warmherziges Wohlfühlkino zu machen. BROKER – FAMILIE GESUCHT ist dadurch auch weniger sperrig und dafür ein weitaus zugänglicher Film geworden. Durch den Zuschnitt auf ein breiteres Publikum und der Überlagerung der im Kern zutiefst tragischen Thematik, ist eine gewisse Naivität und Blauäugigkeit jedoch nicht von der Hand zu weisen – auch wenn das der guten Laune keinen Abbruch tut.
Wenn das leichtfüßige Roadmovie erst einmal in Fahrt kommt, offenbart BROKER – FAMILIE GESUCHT seine wahren Stärken. Bis es jedoch soweit ist, benötigt die Tragikomödie etwas Anlaufzeit, um richtig in Gang zu kommen. Das liegt zum einen an dem breiten Spektrum an Charakteren, die lange Zeit eher schwammig in ihrer Figurenzeichnung daherkommen, aber auch an den unterschiedlichen Nebenschauplätzen, die im Zusammenhang mit den Figuren aufgemacht werden und eher lose nebeneinander herlaufen, ehe sie sich am Ende zu einem homogenen Ganzen zusammenfügen. Dafür gestaltet sich die zweite Hälfte als humoristischer Roadtrip, der ungemein von den starken Darstellerleistungen des durchgängig einwandfrei besetzten Casts profitiert. So darf der „Parasite“-Darsteller Song Kang-ho ein weiteres Mal unter Beweis stellen was für ein fantastischer Charakterdarsteller in ihm steckt, während sich der niedliche Kinderdarsteller Seung-soo Im als kleiner Szenendieb herausstellt.
Fazit
Baby umständehalber abzugeben! Eines muss man Kore-eda Hirokazu lassen. Den Drahtseilakt, den das heikle Thema rund um den Handel mit ungewollten Kindern mit sich bringt, meistert der japanische Regisseur mit Bravour – aber auch viel Gutgläubigkeit. Nach seinem Oscar®-Nominierten Drama SHOPLIFTERS steht auch in BROKER – FAMILIE GESUCHT wieder eine Familie im Mittelpunkt, die eigentlich gar keine ist. Die Konsultation an liebenswerten Figuren macht die rührende Tragikomödie zu einem warmherzigen Feel-Good-Erlebnis, einfühlsam und sympathisch, aber allzu oft auch kindlich naiv. Während die humoristischen Töne für kurzweilige Unterhaltung sorgen, fühlt sich das Drama bedauerlicherweise nicht immer ganz glaubwürdig an.
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