Betrachtet man die überschaubare Filmografie des jungen Regisseurs Matthew Ninaber sticht eigentlich nur ein Name besonders ins Auge: PSYCHO GOREMAN, ein Titel, der unter Freunden des splatterigen Horror-Trashs vermutlich für ein begeistertes Nicken sorgen dürfte. Nur saß er dort aber nicht etwa selbst auf dem Regiestuhl, sondern schlüpfte lediglich in das dämonische Gummikostüm des titelgebenden Antihelden, um reihenweise Gliedmaßen abzumontieren und roten Lebenssaft aus geschundenen Körpern zu pressen. Diesen Fakt sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man sich auf seine jüngste Regiearbeit DEATH VALLEY einlässt. Tonal könnten die beiden Genrefilme trotz Monster-Thematik nämlich nicht weiter voneinander entfernt sein. Auch in Sachen Kreativität und Ideenreichtum liegen Welten zwischen dem völlig bekloppten Blutrausch aus dem Jahr 2020 und dem schon bald auf dem Heimkinomarkt erscheinenden DEATH VALLEY. Für den bierernst gemeinten Action-Horror-Mix ließ sich Ninaber offensichtlich von Horror-Klassikern wie ALIEN – DAS UNHEIMLICHE WESEN AUS EINER FREMDEN WELT und PREDATOR inspirieren, die er ungelenk mit einer ordentlichen Prise Trash à la RESIDENT EVIL – WELCOME TO RACCOON CITY anreichert. Statt sich qualitativ an den beiden Erstgenannten zu orientieren, geht das Endergebnis dann doch klar in Richtung Letzterem – ganz zum Leidwesen der unwissenden Zuschauer*innen.
Darum geht es…
Kurz bevor die blutüberströmte Bioingenieurin Dr. Chloe (Kristen Kaster) den rettenden Ausgang erreicht, wird sie kaltblütig niedergeschossen und das Tor zur Freiheit verschließt sich. In den unterirdischen Gängen der biologischen Forschungsstation scheint ein ethisch höchst fragwürdiges Genexperiment schiefgelaufen zu sein. Infolgedessen hat ein mysteriöses Monster fast das gesamte Stationsteam auf bestialische Art und Weise dahingerafft und trachtet nun nach dem Leben der einzigen Überlebenden. Doch auch außerhalb der Anlage lauert Gefahr in Form des lokalen Militärs, das es auf die streng geheimen Dokumente des Labors abgesehen hat. Chloes letzte Hoffnung lebend aus der Situation zu kommen, ist ein von ihr abgesetztes Notsignal, dass die beiden Soldaten Marshall (Ethan Mitchell) und Beckett (Jeremy Ninaber) auf den Plan ruft. Diese erhalten den Auftrag, die versteckte Station zu finden, die Gefahr zu neutralisieren und die gefangene Wissenschaftlerin zu bergen. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt!
Rezension
An schnörkellosem Monster-Horror ist nichts auszusetzen. Für einen gemütlichen Abend unter Freunden – vorzugsweise in Verbindung mit einem oder vielleicht auch zwei, drei kalten Bieren – darf man gut und gerne auch mal das Hirn ausschalten, um sich an den einfachen Dingen des Lebens zu erfreut. Dann gibt es natürlich auch noch eine zweite Art von Monsterfilm – und zwar die, die abseits leichtbekömmlicher B-Movies auch mit echter filmischer Qualität oder sogar Tiefgang und Anspruch überzeugen können. Um eines gleich vorwegzunehmen: DEATH VALLEY ist keines von beidem. Für einen launigen Party- oder reinen Unterhaltungsfilm fehlt es Matthew Ninabers Horrorthriller an Tempo, Schauwert und Spaß – und als ernstzunehmendes Spannungskino ist er noch viel weniger geeignet. Dafür lässt er nämlich so ziemlich alles vermissen, was ein guter Film mit sich bringen sollte. Doch zuerst zu den positiven Aspekten.
Flackernde Lichter, weite dunkle Gänge und blutverschmierte Wände. Das industrielle, dreckige Setting der verlassenen Forschungsstation macht tatsächlich etwas her und erinnert stark an Ridley Scotts Meilenstein ALIEN – DAS UNHEIMLICHE WESEN AUS EINER FREMDEN WELT. Besonders viel weiß Ninaber jedoch nicht damit anzufangen und verlässt nach einer vielversprechenden Eröffnungsszene die unterirdische Station noch bevor sich ein Gefühl von Klaustrophobie und Beklommenheit einstellen will. Stattdessen geht es an die Oberfläche, raus in den Wald, um dort viel zu lange uninspirierten kriegsfilmartigen Feuergefechten beizuwohnen. Für den Trailer – der tatsachlich sehr atmosphärisch und stylisch daherkommt – reichen einige Slow-Motion-Aufnahmen von explodierendem Unterholz zwar aus um Coolness auszustrahlen, im fertigen Film wirkt die Action dann aber einfach nur noch ermüdend. Das einzige Versprechen, das der Trailer halten kann, ist das ordentliche Creature-Design. Das handgemachte Kostüm kommt ohne CGI aus und wird von Beginn an gut ausgeleuchtet in seiner vollen Pracht gezeigt. Hier hätte man sich ebenfalls mehr an ALIEN halten können, um der Atmosphäre und der Suspense zuliebe nicht zu vorschnell alles preiszugeben.
Mehr RESIDENT EVIL als ALIEN oder PREDATOR
DEATH VALLEY wirft das Publikum unvermittelt ins Geschehen. Wenn sich die schweren Tore schließen und die Lautsprecheransage eine 24-stündige Abriegelung von der Außenwelt ankündigt, wird man als Zuschauer*in mit der Wissenschaftlerin Dr. Chloe zunächst einmal alleine zurückgelassen. Das sollte genügend Zeit für ein Kennenlernen der Figur mit sich bringen – doch Fehlanzeige! Für Figurenzeichnung oder eine Charakterentwicklung hat das Drehbuch keinen Platz vorgesehen. Stattdessen begleiten wir zwei blasse Protagonisten, gespielt von Ethan Mitchell und Jeremy Ninaber, deren einzige Aufgabe darin besteht zunächst durch Wälder – was in der Forschungsstation passiert ist lange Zeit unwichtig – und später dann doch noch durch düstere Korridore zu laufen, stets begleitet von dümmlichem Gebabbel und seltsamen Entscheidungen. Die schlechten Dialoge sind entweder substanzlos oder dienen dazu, die eigentliche Handlung zu kommentieren oder uninteressante Details über die Hintergründe zu berichten. Dass man eine Geschichte auch mit Bilder erzählen kann, scheint Matthew Ninaber nicht bewusst – oder zumindest egal zu sein.
So fühlt sich DEATH VALLEY trotz großer Vorbilder der Horrorgeschichte letztlich doch viel mehr wie der jüngste Versuch das RESIDENT EVIL Franchise wiederzubeleben an und weniger wie die genannten Filmklassiker. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man tatsächlich denken, dass es sich bei dem B-Movie um eine weitere lieblose Computerspielverfilmung handelt. Die Missionsbesprechung ehe sich Marshall und Beckett auf den Weg für ihre Bergungsaktion machen, könnte so auch direkt aus einem Videospiel stammen. Eine nette Spielerei, die aber keinen Mehrwert für den ansonsten überraschungsarmen Genre-Hybriden mit sich bringt.
Fazit
Nach dem stimmungsvollen Trailer hätte DEATH VALLEY genau das werden können, was RESIDENT EVIL – WELCOME TO RACCOON CITY sein wollte. Davon ist im fertigen Film jedoch nichts mehr zu spüren. Immerhin kann sich das handgemachte Creature-Design sehen lassen und auch das düstere Setting hätte als Grundlage für einen spannenden Horrorthriller durchaus Verwendung finden können. Nun werden hier aber keine Eventualitäten, sondern der tatsächliche Film bewertet. DEATH VALLEY bleibt deutlich hinter seinen Möglichkeiten zurück und entpuppt sich als unterdurchschnittlicher Actionhorror, mit dem vermutlich nur Hardcore-Genrefans ihre Freude haben dürften.
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Originaltitel | Death Valley |
Kinostart | 26.05.2022 |
Länge | ca. 91 Minuten |
Produktionsland | Kanada |
Genre | Action | Horror | Sci-Fi |
Verleih | Koch Films |
FSK |
Regie | Matthew Ninaber |
Drehbuch | Matthew Ninaber | Jennifer Lloyd |
Produzierende | Matthew Ninaber | Chad Archibald | Cody Calahan | Patrick Ewald | Ira Levy | Michael McGuigan |
Musik | Sean Croley |
Kamera | Brent Tremain |
Schnitt | Matthew Ninaber |
Besetzung | Rolle |
Jeremy Ninaber | James Beckett |
Ethan Mitchell | Marshall |
Kristen Kaster | Chloe |
Matthew Ninaber | Monster |
Matt Daciw | Olek Volkov |
Jacqueline Ninaber | Rachel |
Jonah Fortin | Jonah Petrov |
Melissa Joy Boerger | Jessica |
Justin Moses | Moses |
Jeff Waters | Preacher |
Jacob Fortin | Militia Boy |
Connor Mitchell | Flight Crew |
Jeremy Dueck | Cadaver |
Tyler Garton | Flame Thrower |
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