Rezension
Als sich der Berliner Arzt Friedrich Adolf Ritter und seine Lebensgefährtin Dore Koerwien im September 1929 auf der zum Galápagos-Archipel gehörenden Insel Floreana niederließen, ahnten sie noch nicht, dass ihr einsamer und friedlicher Lebensstil bald gestört werden würde. Geprägt von einer Lebensphilosophie, die sich am Philosophen Friedrich Nietzsche orientierte, sehnten sich die beiden nach einer Flucht an einen Ort, weit weg von jeglicher Zivilisation. Ritters Erkenntnisse und Weisheiten machte er in Form von einigen Schriften der Öffentlichkeit bekannt. Prompt fanden sich Menschen, die ihnen ins Niemandsland nachzogen: Im August 1932 folgten das Ehepaar Heinz und Margret Wittmer, gemeinsam mit Harry, Heinz Wittmers Sohn aus erster Ehe, den beiden auf das Landstück. Was daraufhin passiert, ist auch heute noch größtenteils ungeklärt. Fest steht: Die zwei Familien bleiben nicht allein und nach und nach sterben einige der Siedler auf unerklärliche Weise …
Trotz der zahlreichen, widersprüchlichen Aufzeichnungen darüber, was in den 1930er Jahren auf Floreana geschah, macht es sich US-Regisseur Ron Howard zur Aufgabe, die Überlebensgeschichte der unterschiedlichen Neuankömmlinge in EDEN zu verfilmen. Seine Besetzung lässt einen erstmal hellhörig werden: Jude Law und Vanessa Kirby spielen das Pionierpaar Ritter/Koerwien, während Sydney Sweeney und Daniel Brühl die Wittmers verkörpern; auf der Suche nach Frieden in Folge der Ereignisse des Ersten Weltkriegs sowie nach Gesundheit für den an Tuberkulose erkrankten Harry. Da bekanntlich alle guten Dinge drei sind, stößt auch Baroness Eloise Wehrborn de Wagner-Bosquet dazu, gespielt von Ana de Armas, mitsamt einer Gefolgschaft von drei weiteren Herren (u.a. Felix Kammerer aus IM WESTEN NICHTS NEUES), die ihr mehr oder weniger „dienen“. Ein exklusives Luxushotel nur für die wohlhabendsten Gäste möchte die Baroness auf Floreana errichten – nichts ahnend darüber, wie sehr ihr die Zustände auf der abgelegenen Insel noch zusetzen werden. Auch ein friedvolles Zusammenleben der drei Parteien rückt nach und nach in weite Ferne.
Genre-Experiment ohne klare Linie
Trotz des prominenten Ensembles und des namhaften Regisseurs tat sich EDEN schwer, einen Verleiher für den amerikanischen Kinomarkt zu finden. Auch der deutsche Kinostart ging sehr leise von der Bühne. Dass die Vermarktung des Films kein Selbstläufer wird bzw. wurde, kann man spätestens dann verstehen, nachdem man ihn selbst geschaut hat. Das allergrößte Problem von EDEN ist nämlich die Ausrichtung des Films, sprich: Was genau möchte er erreichen? Howard versucht sich an einem Genre-Mix aus Survival-Drama und psychologischem Kammerspiel, doch eine unentschlossene Inszenierung und tonale Brüche verhindern eine klare Erzählrichtung. Für einen gruseligen Thriller mit einem Kampf ums Dasein ist der Schrecken nicht genug, eine akkurat historische Aufarbeitung ist allein aufgrund der verschiedenen Ausgangslagen und Erzählungen der Ereignisse ebenfalls unmöglich. Die kleinen komödiantischen Gags und vor allem eine campy Performance von Ana de Armas als vermeintliche Hochstaplerin misslingen völlig. Sicherlich kann man wertschätzend anmerken, dass die Erzählung immerhin nicht linear und eintönig erzählt wurde, derart viele Risiken, Sprünge und Brüche in der Tonalität des Geschehens machen ihn jedoch eher zu einem losen zusammenhängenden Flickenteppich als zu einer schlüssigen Einheit.

Eden ©2025 Leonine Studios
Für manche Sequenzen, die einen ungläubig staunen lassen, sorgt das Drehbuch von Noah Pink dann aber doch. Insbesondere eine ähnlich schockierende Geburtsszene von Sydney Sweeney wie die aus IMMACULATE, in der sie allein ihren Sohn gebärt und gleichzeitig ein Rudel wilder Hunde zurückhalten muss, sorgt für Aufsehen. Während einige Handlungsstränge mit überraschenden Wendungen aufwarten, fallen andere viel zu vorhersehbar aus: Vor allem das Ende kommt relativ unspektakulär daher, einige Plot-Twists gelingen hingegen durchaus, nicht zuletzt auch wegen der Unregelmäßigkeit der Atmosphäre über die gesamte Laufzeit hinweg.
Stimmige Kulisse mit gelungenen Darbietungen
Die großen Namen im Cast glänzen ebenfalls: Mal düster und hinterlistig, mal überzeugend von Furcht geplagt liefern Jude Law und Co. genau das ab, was man von Darstellern ihres Kalibers auch erwartet. Unterstützt werden sie dabei von beeindruckenden und anschaulichen Bildern der Insel Floreana. Wenngleich EDEN hauptsächlich auf Filmsets in Australien und nur zu winzigen Teilen tatsächlich auf der Insel im Galapagos gedreht wurde, tut das der Authentizität in der Bildgestaltung keinen Abbruch. Für die Filmmusik wurde erneut Hans Zimmer beauftragt – seine zehnte Kollaboration mit Howard –, lange im Kopf bleibt diese allerdings nicht, dafür ist sie zu unauffällig und nicht aufregend genug.

Eden ©2025 Leonine Studios
Fazit
„Zusammen ist man stark“ gilt auf der Insel Floreana nicht. Die drei Siedlergruppen wirken alle im Gesamtbild etwas unstimmig, so als würden sie in verschiedenen Filmen mitspielen. Als akkurate Darbietung der Ereignisse rund um die Galapagos-Affäre dient EDEN auch nicht, die Fiktionalität in der Handlung durch überdramatisierte Szenen und etwas zu viel Camp von de Armas ist weder zu übersehen noch zu verzeihen. EDEN bleibt also ein filmisches Rätsel: Ein Genre-Mix ohne klare Linie, der weder als Drama noch als Thriller überzeugt. Wer auf ein harmonisches, historisch fundiertes Werk hofft, wird enttäuscht, doch Freunde eigenwilliger Survival-Geschichten mit ungleichmäßiger Tonalität und überraschenden Plot-Twists könnten hier dennoch auf ihre Kosten kommen.
Wie hat Dir der Film gefallen?
Originaltitel | Eden |
Kinostart | 10.4.2025 |
Länge: | 130 minuten |
Produktionsland | United States of America |
Genre: | Thriller | Drama |
Regie | Ron Howard |
Executive Producer | Miguel Palos | Zach Garrett | Noah Pink | Mathias Herndl | Namit Malhotra | David Taghioff | Masha Maganova | Matt Murphie | Craig McMahon |
Producer | Ron Howard | Brian Grazer | Karen Lunder | Stuart Ford | Patrick Newall |
Kamera | Mathias Herndl |
Visual Effects | Simon Maddison |
Musik | Hans Zimmer |
Cast | Jude Law, Vanessa Kirby, Ana de Armas, Daniel Brühl, Sydney Sweeney, Felix Kammerer, Toby Wallace, Jonathan Tittel, Ignacio Gasparini, Richard Roxburgh, Paul Gleeson, Thiago Moraes, Nicholas Denton, Tim Ross, Antonio Alvarez, Benjamín Gorroño |
Wie hat Dir der Film gefallen?
Hinterlasse einen Kommentar