Rezension
Sieben Kinofilme, sieben weitere TV-Filme, ein Videospiel und zahlreiche inoffiziell von ihr inspirierte Filme und Serien wurden über sie bereits veröffentlicht: EMMANUELLE. Ursprünglich als ein Buch mit dem gleichen Namen im Jahr 1959 geschrieben und 1967 veröffentlicht, wurde ihre Geschichte erstmals 1974 mit Sylvia Kristel in der Hauptrolle verfilmt. Überaus erfolgreich noch dazu: Zu dieser Zeit brach der Film zahlreiche Tabus, die damals im Kino galten. Eine sexuell sehr befreite und offene weibliche Figur war Neuland für viele Kinobesucher*innen – daher auch das große Interesse an ihr. 2022 wurde ein kompletter Reboot, also eine Neuverfilmung des ersten Teils, verkündet, welcher 2024 in einigen Ländern in den Kinos erschien. In der Hauptrolle kann man Noémie Merlant sehen, die mit ihrer Performance in PORTRÄT EINER JUNGEN FRAU IN FLAMMEN einen Durchbruch erreichte. Weitere Darsteller*innen sind unter anderem Naomi Watts (MULHOLLAND DRIVE) und Will Sharpe (THE WHITE LOTUS). Regie und Drehbuch wurden von Audrey Diwan geführt, die internationale Anerkennung mit ihrem 2021 erschienenen Film DAS EREIGNIS erlangte.
Die Handlung ist schnell erzählt. EMMANUELLE ist eine Qualitätskontrolleurin einer luxuriösen Hotelkette, für die sie sich gerade in Hongkong befindet. Sie wurde damit beauftragt, das Hotel absichtlich schlecht zu bewerten, um dessen Managerin Margot (Naomi Watts) zu feuern. Während ihres Aufenthalts lässt sie sich auf einige sexuelle Abenteuer und Begegnungen ein. Ein besonderes Interesse gilt dabei dem mysteriösen Hotelgast Kei (Will Sharpe), mit dem sie in einigen Gesprächen über Lust und Liebe philosophiert.
Neuverfilmungen von bereits etablierten Filmen und Franchisen sind immer so eine Sache. Oftmals fehlt ihnen ein Alleinstellungsmerkmal, da sie das Ausgangsmaterial fast eins zu eins kopieren und man dadurch aussichtslos den Sinn hinter dem neuen Werk sucht. Manchmal können sie aber durchaus auch als ein abwechslungsreiches Gegenstück zu dem Original neu interpretiert werden. EMMANUELLE fängt erstmal verheißungsvoll an. So löst sich der Film von der Fassung des Originalwerks. Kühles Hongkong statt heißem Bangkok, alleinstehende Frau auf Arbeitsreise anstatt des Treffens mit ihrem verheirateten Diplomaten. Was für einen anregenden Start mit neu aufgebrachten Themen und Weisheiten verspricht, endet bald jedoch in einem Loch voller Belanglosigkeit. Denn obgleich die beiden Werke unterschiedlich anfangen, schleicht sich in den Rest der Handlung ein Gefühl von „Warum genau brauchte es jetzt diesen Reboot?“ ein.
Ästhetik statt Inhalt
Generell ist das Drehbuch gefüllt mit unwesentlichen bis lächerlichen Dialogen und zu großen Teilen einem schieren Herumwandern der Protagonistin. Sie wandert durch die Hotelzimmer, durch die Lobby, durch die Gänge, am Ende auch noch durch die Stadt – doch was ist eigentlich ihr Ziel? Das wird einem am Ende gänzlich nicht verständlich. Klar, was auf der Hand liegt, ist, dass sie auf der Suche nach sich selbst und einer inneren Befriedigung ist. Daher begibt sie sich von Traurigkeit und Einsamkeit geplagt auf diverse erotische Experimente. Diese Erkundung einer selbst ist jedoch derartig langweilig und ohne jeglichen Höhepunkt inszeniert, dass es schwierig ist, sich für irgendwas zu interessieren, was einem geboten wird. Auch filmkunsttechnisch lässt EMMANUELLE zu wünschen übrig. Wenn man darüber hinwegsehen kann, dass der ganze Film wie eine Parfümwerbung geschossen ist, werden einem ästhetische und klare kinematografische Farbpaletten präsentiert, die meist ganz nett anzusehen sind.

Emmanuelle © LEONINE Studios
Des Weiteren wird auch in schauspieltechnischer Hinsicht nicht viel geboten. Trotz einer Besetzung mit schauspielerischen Größen, die in anderen Filmen und Serien bereits herausragende Leistungen gezeigt haben, bleiben hier alle Akteur*innen hinter ihren Möglichkeiten – was nicht zuletzt auch auf das unterirdische Skript zurückzuführen ist, welches kaum Gelegenheiten für Glanzleistungen bietet. Am ehesten lässt sich noch die Darbietung von Noémie Merlant positiv hervorheben. Obwohl sie EMMANUELLE mit einer Kühle spielt, die fast schon klinisch wirkt, passt diese Darstellung oft zur vorherrschenden Atmosphäre. Alle restlichen Nebenrollen sind leider größtenteils völlig vergeudet worden. Das ist besonders enttäuschend, wenn man bedenkt, dass sowohl Naomi Watts als auch Will Sharpe mit früheren Darbietungen enorm begeistert haben. Hier erscheinen sie deplatziert und im Film verloren.
Fazit
EMMANUELLE enttäuscht leider auf sämtlichen Ebenen. Trotz eines vielversprechenden Potentials mit der Umwandlung der Ausgangslage und den großen Talenten, die involviert sind, liefert der Film weder spannende Momente noch tiefgründige Weisheiten. Nicht zuletzt auch der erotische Aspekt, der die Filme und Werke der Reihe maßgeblich geprägt hat, kommt in dieser Version viel zu kurz und erscheint sehr willkürlich. Was bleibt, ist eine leere Hülle eines Filmes, der im Kern mehr zu sagen gehabt hätte.
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Originaltitel | Emmanuelle |
Kinostart | 25.9.2024 |
Länge: | 109 minuten |
Produktionsland | France |
Genre: | Liebesfilm | Drama |
Regie | Audrey Diwan |
Producer | Marion Delord | Reginald de Guillebon | Audrey Diwan |
Kamera | Laurent Tangy |
Visual Effects | Thomas Duval |
Musik | Evgueni Galperine | Sacha Galperine |
Cast | Noémie Merlant, Will Sharpe, Jamie Campbell Bower, Chacha Huang, Anthony Wong Chau-Sang, Naomi Watts, Harrison Arevalo, Marguerite Dabrin, Simon Yin, 柏天男, Sofie Royer, Kai Hu, Isabella Wei, Hugh Tran, 鄧梓澄, Carole Franck, Andrea Dolente, Naama Preis, 李偉霆, 鄭璟樂 |
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