Review
Der Papst ist tot, lang lebe der Papst! Das dachte sich Edward Berger in seinem neuen Film KONKLAVE, welcher nach dem Tod von Papst Franziskus aktueller denn je wurde und danach erneut im Kino lief. Der IM WESTEN NICHTS NEUES Regisseur verzichtet aber darauf, ein ödes Kammerspiel mit ermüdenden Dialogen zu schaffen und bietet mit dem Film eine Produktion, die einem Kriegsfilm gleichkommt, auch wenn hierbei kein Schuss fällt. Die Frage ist nur, ob Edward Berger hierbei ein realistisches Bild schaffen kann, oder ob KONKLAVE uncanny wirkt.
Ein optischer Augenschmaus
KONKLAVE wurde mit seinen Bildern, den beeindruckenden Sets, der grandiosen Kameraarbeit von Stéphane Fontaine sowie den Kostümen von Lisy Christl für die große Leinwand geschaffen. Letztere arbeitete mit Edward Berger bereits für IM WESTEN NICHTS NEUES zusammen. Die Kostüme sind ein Augenschmaus, wirken wertig und immer wieder täuschend echt. Da wundert es nicht, dass KONKLAVE für den Oscar für das beste Kostümdesign nominiert wurde, wenn auch WICKED gewonnen hat.
Ein weiteres Highlight sind die Sets, bei denen Rezipienten sogar die bekannte Treppe aus STAR WARS: EPISODE I – DIE DUNKLE BEDROHUNG in Naboo sehen können. Besonders beeindruckend ist hierbei die Sixtinische Kapelle selbst, in der das namensgebende Konklave abgehalten wird. Diese ist mit Michelangelos Jüngsten Gericht eine detailgetreue Nachbildung, welche von einem Team bestehend aus circa 25 Menschen innerhalb von sechs Monaten nachgebaut wurde. Dadurch wirkt der Film so realistisch, dass das Publikum davon ausgehen könnte, dass es sich um ein echtes Konklave halten könnte. Nur die Tatsache, dass Aufnahmen in der Kapelle zur Wahl des Papstes verboten sind, holt die Zuschauenden in die Realität zurück.
Ein Cast, der oscarreif ist
Bei der Wahl der Darstellenden für KONKLAVE haben Edward Berger sowie die für Casting zuständigen Nina Gold und Martin Ware echtes Fingerspitzengefühl bewiesen. Nun kann man natürlich frech behaupten, dass es relativ einfach ist, einen Haufen alter Männer für einen Film im Vatikan zu finden und das wär nicht mal gelogen. Aber hier wurde sich auf die Besten der Besten für solch eine Rolle fokussiert. Ralph Fiennes, Stanley Tucci, John Lithgow, Lucian Msamati und weitere sprechen für sich.

Konklave ©2025 Leonine Studios
Aber am Meisten überzeugen neben dem Hauptcharakter Ralph Fiennes die Schauspielerin Isabella Rossellini, welche Schwester Agnes spielt, sowie der Schauspieler Carlos Diehz, welcher in KONKLAVE Benitez – den Erzbischof aus Kabul – spielt. Die Zuschauenden erkennen, dass er auf seiner Reise über die ganze Welt so viel erlebt hat und dadurch menschlicher und liebender gegenüber seinen Nächsten ist, als die Meisten der anderen anwesenden Kardinäle. Wenn Carlos Diehz spricht, spricht er nicht nur zu seinen Kollegen und Glaubensbrüdern, sondern auch zum Publikum. Er sorgt für das Erkunden sowie Reflektieren der eigenen Menschlichkeit.
Am Rande der Fiktion
KONKLAVE ist zum Großteil wie ein Thriller, ja fast schon wie ein Kriegsfilm erzählt. Machtkämpfe zwischen den Kardinälen, das Ausbooten, nichts unversucht lassen sowie brutale Dialoge zeigen dem Publikum, dass diese Menschen genau gegen das stehen, was sie die ganze Zeit in ihren Kirchen und Kathedralen propagieren. Der Film erzählt dies in solch einer Ernsthaftigkeit, dass die Zuschauenden vom letzten Akt kurzzeitig überrascht werden.
Edward Berger ändert in diesem Akt die Erzählweise, was aber vom Publikum nicht negativ aufgefasst wird, da dieser Handlungsstrang gerade so zum Rest von KONKLAVE passt. Jedoch signalisiert das Ende den Zuschauenden auch, dass es sich um ein fiktives Werk handelt. Nicht nur, weil das gesetzte Thema des Finales selbst ungewöhnlich ist, sondern weil die katholische Kirche diese Thematik bei sich selbst niemals so akzeptieren würde. Das wurde von führenden Kräften der Institution bereits mehrfach klar kommuniziert.

Konklave ©2025 Leonine Studios
Konklave nach dem Konklave
Und damit kann eine an sich interessante Frage aufgemacht werden: Wie wirkt Edward Bergers KONKLAVE nach dem echten Konklave? Die Antwort darauf ist eigentlich relativ leicht beantwortet und nicht so komplex, wie vermutet oder sogar erhofft: fast genauso wie vorher auch. Der Film bleibt ein Film und für die Außenwelt deutlich spannender als die echte Wahl zum Papst. Denn in der Realität erblicken wir nur den Rauch, aber das Geschehen in der Sixtinischen Kapelle bleibt uns verborgen.
Eine erneute Zusammenarbeit
Edward Berger hat für den Score von KONKLAVE erneut Volker Bertelmann verpflichten, welcher mit der Musik für IM WESTEN NICHTS NEUES sogar einen Oscar nach Hause holen konnte. Aber seine Musik für den Film zur Papstwahl ist nochmal einen Ticken geschmeidiger und besser auf das Geschehen abgestimmt. Es ist zu merken, dass die beiden Persönlichkeiten bereits Erfahrung in der Zusammenarbeit haben. Bleibt nur zu hoffen, dass es sich bei Berger und Bertelmann um ein neues Duo a la Hans Zimmer und Christopher Nolan handelt.
Fazit
KONKLAVE überzeugt zu jeder Sekunde und ist eine filmische Freude für die menschlichen Sinne. Ausnahmslos alle Darstellenden überzeugen und die Sets sowie Kostüme begeistern, sodass die Zuschauenden in die Welt eines Konklave eintauchen können. Einzig das Ende wirkt etwas fiktiv, bringt aber Ideen ein, die interessant sind und zum Nachdenken anregen. Edward Berger hat nach IM WESTEN NICHTS NEUES mit KONKLAVE erneut abgeliefert und könnte, wenn er so weiter macht, einer der interessantesten Regisseure des Jahrzehnts werden.
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Originaltitel | Conclave |
Kinostart | 25.10.2024 |
Länge: | 120 minuten |
Produktionsland | United Kingdom |
Genre: | Drama | Thriller |
Regie | Edward Berger |
Executive Producer | Danny Cohen | Robyn Slovo | Ben Browning | Milan Popelka | Steven M. Rales | Edward Berger | Mario Gianani | Alison Cohen | Tomas Alfredson | Zoë Edwards | Lorenzo Gangarossa | Glen Basner | Ralph Fiennes | Paul Randle | Peter Straughan | Len Blavatnik | Harry Dixon |
Producer | Tessa Ross | Alice Dawson | Juliette Howell | Michael Jackman | Robert Harris |
Kamera | Stéphane Fontaine |
Visual Effects | Viktor Müller |
Musik | Volker Bertelmann |
Cast | Ralph Fiennes, Stanley Tucci, John Lithgow, Isabella Rossellini, Lucian Msamati, Carlos Diehz, Sergio Castellitto, Brían F. O'Byrne, Merab Ninidze, Thomas Loibl, Jacek Koman, Bruno Novelli, Rony Kramer, Valerio Da Silva, Joseph Mydell, Vincenzo Failla, Garrick Hagon, Madhav Sharma, Loris Loddi, Roberto Citran |
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