Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (gespielt von Katharina Thalbach) zieht mit ihrem Mann Joachim Sauer (gespielt von Thorsten Merten), dem Hund Helmut und dem Personenschützer Mike (Tim Kalkhof) nach Freudenstadt, eine kleine Ortschaft in der Uckermark. Sie hat genug von der Politik und versucht, eine ruhige Rente zu führen. Jedoch wird ihr der monotone Alltag schnell zu langweilig. Als dann der ortsansässige Freiherr Philip von Baugenwitz (Thomas Heinze) verstirbt, wittert sie ihre Chance und begibt sich, trotz Versprechen an ihren Mann, es ruhig angehen zu lassen, mit Mike auf die Suche nach dem Mörder.
Review
MISS MERKEL – EIN UCKERMARK KRIMI basiert auf David Safiers Buch „Miss Merkel – Mord in der Uckermark“ und erschafft ein märchenhaftes Szenario, in dem Katharina Thalbach als ehemalige Bundeskanzlerin durch die Langeweile des Ruhestands und der eigenen Politikverdrossenheit anfängt, Fälle lösen zu wollen. Dabei werden nicht nur bei dem Namen Parallelen zu Miss Marple gezogen. Immer wieder erklingen Töne, die an die Musik der Serie erinnern, Merkels Charakter stellt ähnliche Fragen und vergleicht sich in einer Szene sogar mithilfe eines Meta-Witzes mit Agatha Christies Legende. Dies geschieht auf so eine charmante und witzige Weise, dass die Kunstfigur Merkel sogar Merkelkritikern ans Herz wächst.
Abseits der gewollten Verweise auf Agatha Christie Romane plagen den Film jedoch die typischen Krimiklischees, die sich gerade im deutschsprachigen Bereich wiederfinden. Der Kommissar ist ungepflegt, hat einen Dreitagebart und persönliche-familiäre Probleme. Jede Person ist mindestens einmal verdächtig und das Drehbuch überlässt bloß nichts dem Zufall. Es wirkt teils zu sehr konstruiert. Die meisten der genannten Probleme kann der Film aber durch seinen Humor sowie seine überdrehte Art wett machen und wirkt auf Zuschauende somit wie ein Tatort und Miss Marple zusammen auf Kokain. Ein Rausch, der eine willkommene Abwechslung zu den Abendkrimis ist, die sich furchtbar ernst nehmen wollen.
Merkel stiehlt allen die Show
Durch die Harmonie von Tim Kalkhof und Katharina Thalbach wirken sie als Ermittlerduo auf das Publikum äußerst sympathisch und erinnern mit ihrer gemeinsamen sarkastischen Art an Thiel und Boerne aus dem MÜNSTER-TATORT. Immer wieder fallen Meta-Witze und das Publikum kann sich sogar auf einen „Mutti“ Merkel-Witz freuen. Gerade die Momente, in denen die Ex-Kanzlerin mit ihrer Suche nach rasanter Action Tim Kalkhof zum Verzweifeln bringt, sind ein Genuss. Dies liegt unter anderem daran, dass ihm die Verzweiflung im Gesicht abzulesen ist, aber auch, dass Katharina Thalbach ihm mit ihrer charmanten Art immer wieder für sich und weitere Expeditionen gewinnen kann.
Katharina Thalbach ist auch das Highlight von MISS MERKEL – EIN UCKERMARK KRIMI. Sie verkörpert die Ex-Kanzlerin glaubhaft und wächst den Zuschauenden gleichzeitig durch ihre bitterböse und zynische Art ans Herz. Zwar ist das wieder ein Verweis auf Miss Marple, aber durch den Meta-Humor gibt es immer wieder Sticheleien gegen ehemalige Kolleg*innen, andere Bundeskanzler oder auch Staatsoberhäupter. Abseits davon hat Katharina Thalbach immer einen frechen Spruch parat, setzt Mimik und Gestik passend ein und punktet mit einem bitterbösen, charmanten Charakter. Sie spielt die anderen Darstellenden mit Bravour an die Wand und setzt die qualitative Messlatte für Merkel-Adaptionen auf eine neue Höhe.
Auf Höhen folgen Tiefen
Durch die Leistung von Katharina Thalbach sind die Schwächen des restlichen Casts besonders zu bemerken. Während Tim Kalkhof und Thorsten Merten selbst noch überzeugend abliefern können, wirken Thomas Heinze und Judith Engel fast schon gelangweilt und spielen ihre Rollen lustlos. Dem restlichen Cast ist zwar keine Langeweile anzumerken, aber Begeisterung für die Rollen ist auch nicht zu erkennen. Für das Publikum ist das ärgerlich, da dies die Schnitzeljagd nach dem Mörder nicht nur stört, sondern auch zu einfach macht.
Auch die Story von MISS MERKEL – EIN UCKERMARK KRIMI hat ihre Schwächen. Der eigentliche Mord geschieht erst bei ungefähr 20 Minuten, was bei einer Lauflänge von 90 Minuten zu lang ist, und erzählerisch verschwendet das Drehbuch zu viel Zeit an Worldbuilding vor dem Mord. Zuschauende bekommen immer wieder das Gefühl, dass bis auf die guten Witze nicht viel passiert und die Handlung sich auch diesen Witzen anpasst. Es kommt auch nie das Gefühl eines Krimis auf. Zwar erinnern viele Verweise daran, dass der Film ein Krimi sein will, viel mehr wirkt es aber wie eine Komödie mit Krimielementen.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Kameraarbeit. Immer wieder gibt es genretypische Kamerawinkel aus dem Blick einer beobachtenden Person. Diese sind Krimifans längst bekannt und nicht zu Unrecht fester Bestandteil des Genres. Jedoch werden diese immer wieder durch Nahaufnahmen unterbrochen, die durch eine wackelige Kamera auffallen. Diese wackelige Kamera findet sich auch immer wieder in Aufnahmen wieder, in denen eigentlich eine ruhige Kameraarbeit zu erwarten sei. Das ist besonders ärgerlich, da die Kamerafahrt in Verfolgungsjagden ruhig und übersichtlich ist.
Fazit
MISS MERKEL – EIN UCKERMARK KRIMI setzt im Genre zwar keine neuen Maßstäbe, überrascht aber mit gut eingesetztem Humor, der mit Hilfe der Chemie des Ermittlerduos und dem Charme von Katharina Thalbach viele Schwächen des Films kaschieren kann. Es ist eine angenehme Abwechslung zu den ganzen Nachmittagskrimis, die sich zu ernst nehmen und überzeugt mit seiner lockeren Art. Fans können sich noch einmal extra freuen, da ein zweiter Teil bereits bestätigt wurde.
7 von 10 Punkte
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Originaltitel | Miss Merkel - Ein Uckermark-Krimi |
Kinostart | 14.3.2023 |
Länge: | 90 minuten |
Produktionsland | Germany |
Genre: | TV-Film | Krimi | Komödie |
Regie | Christoph Schnee |
Producer | Holger Ellermann |
Musik | Frederik Wiedmann |
Cast | Katharina Thalbach, Thomas Heinze, Judith Neumann, Taneshia Abt, Bianca Nawrath, Tim Kalkhof, Judith Engel, Svenja Liesau, Thorsten Merten, Sascha Nathan, Susanne Bredehöft, Michael Specht, Tim Williams |
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