Wenn ich an französische Filme denke, gibt es zwei Bilder, die ich im Kopf habe, zwei Klischees, die ich leider noch nicht losgeworden bin (ich gelobe Besserung). Da wäre zum einen die übertriebene und skurrile Komödie, wie WILLKOMMEN BEI DEN SCH’TIS oder die OSS 117 Filme, diese Filme haben ihre unterhaltenden Qualitäten, sind aber sicherlich nichts für jeden Geschmack. Das andere Bild, dass ich vor Augen habe, ist der Film mit dem sehr hohen künstlerischen Anspruch. Ein zentrales Element ist dabei die Femme Fatale, eine starke Frau, bei der die Fäden in der Hand zusammenlaufen. Die Figuren unterhalten sich nur wenig, dafür wird umso mehr geraucht. Es wird Rotwein getrunken und es gibt viel Sex. Dieses kam mir sofort wieder in den Sinn, als ich gehört habe, dass es sich bei TROUBLE EVERY DAY um einen Erotik-Thriller handelt, als sich denn allerdings gelesen habe, dass der Film auch Horrorelemente bedient, wurde ich neugierig. Ich habe mir den Film für euch angeschaut und will euch in meinem Text zeigen, ob meine Klischees bestätigt wurden, oder ob der Film mehr kann.
Darum geht es…
An einer Straßenecke steht eine junge Frau, es scheint so, als würde Coré (Béatrice Dalle) auf eine Mitfahrgelegenheit warten, doch sie hat anderes im Sinn. Als ein LKW-Fahrer anhält, um der schönen Frau zu helfen, soll es das Letzte gewesen sein was er tut. Léo (Alex Descas) findet seine Frau im Gebüsch, ganz in der Nähe der Leiche und sperrt sie für die Zukunft im Haus ein. Währenddessen reisen Shane (Vincent Gallo) und June Brown (Tricia Vessey) nach Frankreich. Für June ist es nur ein Urlaub, sie weiß nicht, dass ihr Mann sich auf die Suche nach Coré und Léo begeben soll. Ihn verbindet eine gemeinsame Vergangenheit mit dem Neurochirurgen und seiner Frau. Léo scheint wie vom Erdboden verschluckt, Shane ist allerdings jedes Mittel recht, um den Arzt zu finden.
Rezension
Eine Inhaltsangabe über TROUBLE EVERY DAY zu schreiben, ist eine große Herausforderung, da im Film nur sehr wenig passiert. Es geht im Film viel mehr um Beziehungen und die unterschiedlichen Wahrnehmungen, die beide Seiten eines Paares von derselbigen haben. Viel mehr hat TROUBLE EVERY DAY dann leider nicht zu bieten. Der Film beginnt indem wir beide Paare begleiten, dabei handelt es sich um sehr schweigsame Figuren. In den ersten 10 Minuten des Films wird so gut wie gar nicht gesprochen und daran ändert sich auch nicht viel. Grundsätzlich ist das ein valides Stilmittel, doch in einem Film, der zwischenmenschliche Beziehungen in den Fokus nimmt, wirkt es sehr befremdlich, auf das gesprochene Wort zu verzichten. Menschen sind kommunikative Wesen, die sich und ihren Gefühlen Ausdruck verleihen wollen. Dies ist einer der Gründe, warum die Figuren im Film unglaubwürdig erscheinen.
Da hilft auch nicht das hölzerne Schauspiel sämtlicher Darsteller*innen. Vielleicht wurde auf Dialoge verzichtet, weil die seltenen Gespräche zu denen es kommt laienhaft wirken, am schlimmsten fällt hier Vincent Gallo auf. Mit seinem monotonen und völlig emotionslosen Schauspiel hat er mich an Tommy Wiseau erinnert, wenn er versucht in THE ROOM einen glaubwürdigen Charakter zu spielen. In TROUBLE EVERY DAY erfahren wir nichts über die Figuren und sie bleiben uns letztendlich völlig egal. Stattdessen beobachtet man anderthalb Stunden lang die roboterhafte Darstellung von menschlichen Beziehungen, nur in den Sexszenen hat man das Gefühl, dass die Figuren nicht vollkommen Tod sind.
Ist das Kunst, oder kann das Weg?
Grundsätzlich verfolgt der Film eine interessante Prämisse, ein Arzt kümmert sich um seine Frau, die an etwas übernatürlichem erkrankt ist. Eine großartige Vorlage, um Metaphern zu kreieren, TROUBLE EVERY DAY verliert sich leider so sehr im eigenen künstlerischen Anspruch, dass die Handlung keine große Rolle spielt. Bis die eigentliche Geschichte des Films startet, vergehen 40 Minuten, davor sehen wir Figuren, die gedankenverloren ins Leere starren, rauchen und miteinander schlafen. Der Film schafft es damit lediglich das Klischee des prätentiösen französischen Kunstfilms zu befeuern. Dabei wird immer wieder die eigene Logik ignoriert, damit die eh schon lahme Handlung, nicht völlig zum Stehen kommt. Coré hat zufällig einen Schlüssel, um doch aus dem Zimmer zu kommen, oder im späteren Verlauf eine Säge.
Ich will nicht ausschließen, dass viele der Elemente im Film eine tiefere Bedeutung haben, die mir entgangen sind. Es ist gut möglich, dass sich unter der Oberfläche mehr verbirgt, was es zu entschlüsseln gibt, TROUBLE EVERY DAY gibt mir allerdings nicht genug, dass mich reizt mich hier weiter reinzuarbeiten. Wenn man sich im Vergleich MULHOLLAND DRIVE (ein Film, der ebenfalls um die 20 Jahre alt ist) ansieht, bekommt man einen Film, der an der Oberfläche eine interessante Geschichte erzählt, darunter verbirgt sich aber eine ganze Welt, die zum Interpretieren einlädt.
Fazit
TROUBLE EVERY DAY ist ein Film, der durchaus spannende Ideen hat, leider scheitert es zu einem großen Teil an der Umsetzung. Es dauert eine halbe Ewigkeit, bis die Handlung ins Rollen kommt, bis dahin sehen wir uninteressante Figuren, die keine menschlichen Charakterzüge haben. Obwohl der Film eine Geschichte über zwischenmenschliche Beziehungen erzählen will, schafft er es nicht Paare zu zeigen, in die wir uns reinversetzen können. Man betrachtet unangenehme Egozentriker, denen ihre Partner vollkommen gleich sind. Dieser Film ist leider ein einziges Klischee.
Wie hat Dir der Film gefallen?
Shane (Vincent Gallo) und June Brown (Tricia Vessey) reisen nach Frankreich, June erhofft sich einen angenehmen Urlaub in der Stadt der Liebe, doch ihr Mann ist auf der Suche nach Léo (Alex Descas) einem alten Kollegen und dessen Frau Coré (Béatrice Dalle), die an einer eigenartigen Krankheit leidet.
Leider gelingt es Claire Denis mit ihrem Film keine stimmungsvolle Geschichte zu erzählen, TROUBLE EVERY DAY plätschert gerade in der ersten Hälfte vor sich hin, ohne das irgendwas passiert. Man beobachtet schweigsame Figuren, die ins Leere starren, rauchen und ab und zu miteinander schlafen, das wars. In den wenigen Momenten, in denen es zu Dialogen kommt und die Beziehungen der Figuren Fleisch bekommen sollten, wirkt das Schauspiel seltsam hölzern, insbesondere Vincent Gallo wirkt wir ein Laiendarsteller. Sein Schauspiel ist unglaublich emotionslos und monoton. Zusätzlich kommt es immer wieder zu Momenten, die mit der Logik des Films brechen. Ich will nicht ausschließen, dass ich nicht die richtige Zielgruppe für TROUBLE EVERY DAY bin und vielleicht einiges nicht verstanden habe, allerdings können es auch intelligente Filme schaffen auf einer oberflächlichen Ebene zu unterhalten und dann einen Sog auszulösen, der die Zuschauer*innen zum Interpretieren einlädt.
Wie hat Dir der Film gefallen?
Originaltitel | Trouble Every Day |
Veröffentlichungsjahr | 2001 |
Kinostart | 03.03.2022 |
Länge | ca. 101 Minuten |
Produktionsland | Frankreich | Deutschland | Japan | Luxemburg |
Genre | Drama | Horror | Thriller |
Verleih | Rapid Eye Movies |
FSK |
Regie | Claire Denis |
Drehbuch | Claire Denis | Jean-Pol Fargeau |
Produzierende | Georges Benayoun | Françoise Guglielmi | Philippe Liégeois | Kazuko Mio | Jean-Michel Rey | Seiichi Tsukada |
Musik | Tindersticks |
Kamera | Agnès Godard |
Schnitt | Nelly Quettier |
Besetzung | Rolle |
Vincent Gallo | Shane Brown |
Tricia Vessey | June Brown |
Béatrice Dalle | Coré |
Alex Descas | Léo |
Florence Loiret Caille | Christelle |
Nicolas Duvauchelle | Erwan |
Raphaël Neal | Ludo |
José Garcia | Choart |
Hélène Lapiower | Malécot |
Marilú Marini | Friessen |
Aurore Clément | Jeanne |
Bakary Sangaré | Le Gardien de nuit |
Lionel Goldstein | Le Réceptioniste |
Céline Samie | La Femme de la brasserie |
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