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Avatar: The Way of Water Filmstill

Avatar: The Way of Water ©2022 20th Century Studios. All Rights Reserved.

2009 revolutionierte Regisseur James Cameron das Filmgeschehen. Mit AVATAR – AUFBRUCH NACH PANDORA entstand nicht nur der später finanziell erfolgreichste Film aller Zeiten, der lediglich für einen kurzen Zeitraum durch eine Marvel Produktion abgelöst wurde und sich daraufhin unmittelbar den ersten Platz zurück erkämpfte, sondern auch noch ein Film, der die 3D-Technik Salonfähig machte und mit Effekten aufwartete, die kein anderes Werk je zuvor bieten konnte. Und dass, obwohl der erste 3D Langfilm knapp 90 Jahre vorher veröffentlicht wurde. Mit THE POWER OF LOVE wurde 1922 uraufgeführt und bediente sich der rot-grün (anaglyphen) Technik, bei der die beiden Komplementärfarben sich gegenseitig auslöschten und dem Zuschauenden daher zwei unterschiedliche Bilder zeigte. Somit nimmt jedes Auge ein anderes Bild war, welches von unserem Gehirn wieder zu einem Gesamtbild zusammengesetzt wird und somit als 3D erscheint. Das Grundprinzip ist noch heute ähnlich, wird aber auf anderen Weg realisiert.

Darum geht es

Nachdem die gierigen Menschen Teile von Pandora zerstört hatten und im Kampf gegen die heimischen Völker eine Niederlage hinnehmen mussten, wurden die meisten von ihnen gezwungen auf die Erde zurückzukehren. Die Na’vi haben sich nun eine neue Existenz in Frieden aufgebaut. Toruk Makto Jake führt zusammen mit seiner Partnerin Neytiri seinen Stamm an und lebt mit seinen fünf Kindern ein friedliches Leben. Doch die Resources Development Administration hat ihren Kampf um wertvolle Ressourcen noch nicht aufgegeben und kehrt mit Verstärkung, neuen Waffen und einem alten Bekannten zurück. Jake ist sich bewusst, dass sie es vor allem auf ihn abgesehen haben. Damit er seinen Stamm und seine Familie schützen kann, sucht er Zuflucht beim Stamm der Metkayina und lernt dort eine ganz neue Seite des Planeten kennen. Doch kann er damit dem Kampf entkommen?

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Rezension

Die faszinierenden Bilder von Pandora haben 2009 eine ganze Generation geprägt und der Filmwelt vor Augen geführt, was visuell überhaupt alles möglich ist. Die Sorge ist nun bei vielen groß, dass ein Sequel nicht einmal ansatzweise an diese Qualität heranreicht. Doch sie ist unbegründet, denn Mastermind James Cameron hat in 13 Jahren, die seit dem ersten Teil vergangen sind, nicht nur rumgesessen und Däumchen gedreht, sondern hart daran gearbeitet ein Kunstwerk zu erzeugen, welches so noch nicht existiert. AVATAR: THE WAY OF WATER führt uns erneut in überwältigende Welten, die perfekter kaum sein könnten. Statt auf eine digitale Nachbearbeitung und Erzeugung von 3D, wie es der Großteil der Filme des vergangenen Jahrzehnts zeigte, setzt Cameron noch immer auf den Dreh mit einer richtigen 3D-Kamera. Und das sieht man dem Film deutlich an.

Technisches
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Für den Dreh des zweiten und dritte Films der Reihe hat der Regisseur sogar extra die Spezialkamera „Venice“ bei Sony in Auftrag gegeben. Diese Kamera erzeugt somit zwei verschiedene Bilder, die zusammengesetzt ein 3D Bild ergeben und nicht erst darauf angewiesen ist, digital nachbearbeitet zu werden. Zudem setzt das Team auf höhere Bildraten. Während normale Filme in 24 oder maximal 25 Bilder pro Sekunde entwickelt werden, wodurch ein flüssiges Bild erzeugt wird, gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Experimente mit höheren Framerates. So zeigte DER HOBBIT, dass diese neue Technik schnell danach aussehen kann, als würde eine schauspielernde Figur wirklich nur vor einer digitalen Wand stehen und ein Theaterstück aufführen. Es entstand ein viel zu deutlicher Realismus. In GEMINI MAN hingegen bewies Ang Lee, dass diese Technik schnelle Actionsequenzen perfektionieren kann, da diese nicht mehr total verwaschen sind, sondern klar und detailreich.

Bisher ist HFR jedoch noch nicht wirklich beliebt beim Publikum, da die Experimente allesamt nicht qualitativ überzeugen konnten. Doch auch hier hat Cameron wieder ein Stückweit Revolution mitgebracht, denn während zuvor die Filme konstant über die gesamte Spieldauer in HFR entwickelt wurden, setzt der Tüftler auf ein dynamisches System, bei dem die Framerates im Laufe des Films entsprechend der Handlungssituation angepasst werden. So werden schnelle Actionsequenzen in HFR präsentiert, während ruhige Elemente in klassischer Geschwindigkeit laufen.




Auf den Spuren einer Dokumentation

Doch was bedeutet all dieser technische Kram nun für AVATAR: THE WAY OF WATER? Cameron ist es gelungen eine alternative Realität zu erzeugen und präsentiert uns über große Teile des Films hinweg fast schon dokumentarisch seine neue Welt. Wir können viele Naturspektakel, besondere Lebewesen und eine einzigartige Flora und Fauna erleben, die fast vollständig der Fantasie entspringt, auch wenn natürlich immer wieder Referenzen auf die echte Welt erkennbar sind. Die Darstellung der Natur ist dabei so detailgetreu und beeindruckend scharf, dass fast nicht erkennbar ist, dass das sehr viele Bildelemente nur digital entwickelt wurden. Noch nie haben wir solch echte gefälschte Bilder präsentiert bekommen, bei denen es scheint, als wäre ein Dokumentarfilmer tatsächlich in die Gewässer Pandoras gestiegen. Jede Bewegung des Wassers, jede Explosion, jedes Tier – alles sieht echt aus. Es gibt nur ganz wenige Ausnahmen, in denen wohl das HFR dafür sorgt, dass uns hier nur etwas vorgegaukelt wird.

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Dabei werden sowohl frühere Kreaturen und Pflanzen einbezogen, aber vor allem auch eine ganze Reihe an neuen Umgebungen vorgestellt. Statt in undurchdringbare Waldlandschaften, tauchen wir nun ab in die große Weite des Meeres. Hier erklärt sich auch die Spieldauer von 192 Minuten, die nicht durch eine umfangreiche Story entsteht, sondern dadurch, dass das Publikum eine Milieustudie von Pandora erleben darf. Im Gegensatz zu BLACK PANTHER: WAKANDA FOREVER, findet hier nicht die „Friss oder Stirb“ – Methode Anwendung. Dennoch sei an dieser Stelle auch erwähnt, dass nach etwa zwei Stunden sich ein wenig Trägheit einspielt, da sich einige Elemente wiederholen und

Schauspiel auf Augenhöhe

Der dokumentarische Teil wird umrahmt von einer Familiengeschichte, bei der Sam Worthington zwar trotzdem die erzählende Leadfigur ist, aber dennoch aus dem Zentrum der Handlung herausgenommen wird und in der Masse untergeht. Im Grunde sind somit mehrere Rollen gleichgestellt und es gibt keine*n eindeutige*n Protagonist*in. Das tut dem Film äußerst gut, denn dadurch entsteht ein viel größerer erzählerischer Handlungsspielraum. AVATAR: THE WAY OF WATER wirkt zudem wie der große Bruder dessen Vorgängers. Statt weichgespülte, weinerliche und überdramatisierte Handlungselemente, bekommen wir deutlich mehr Ernsthaftigkeit und Feinsinnigkeit für eine ausgewogene und mitreißende Erzählstruktur. So ist die lange Spieldauer tatsächlich kaum spürbar, sofern das Erlebnis nicht von einem Zwangstoilettengang unterbrochen werden muss. Zudem ist die Action dosierter und zielgerichteter eingesetzt und dominiert nicht die gesamte Story. Zwar ist eine mögliche feindliche Gefahr stets präsent, doch lenken lange genießerische Passagen davon ab und versetzen das Publikum in ein trügerisches Gefühl von Sicherheit.

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Von der Geschichte selbst war nicht gerade zu erwarten, dass sie plötzlich einen neuen Ansatz findet, der aus einer eher mittelmäßigen und banalen Handlung plötzlich ein vielschichtiges und abenteuerliches Erlebnis herauskratzt. Stattdessen erinnern einige Teile arg an seinen Vorgänger. So setzt der Film sich auch diesmal wieder mit Familiengeschichten, der Vorstellung der Natur, der rücksichtlosen Ausbeutung der Natur durch den Menschen (mehrfach übertragbar auf reale Handlungen), sowie die Machtbesessenheit und der Kolonialisierungswille des „weißen Mannes“ gegenüber traditionelleren Kulturen auseinander. Komplett neue Storyansätze sind dabei nicht zu finden, werden aber in der Regel auch gar nicht gebraucht, da das Publikum viel zu beschäftigt damit ist, diese scheinbar echten Bilder zu begreifen.

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(K)ein Familienfilm

Da AVATAR: THE WAY OF WATER jedoch viel mehr auf familiäre alltägliche Situationen setzt und sich von dem wüsten Durcheinander des Prequels distanziert, wirkt das ganze Werk durchdachter und strukturierter. Noch immer gibt es hin und wieder erzählerische Elemente, die dem “Deus ex Machina” Prinzip gleichen. Abseits dessen handelt es sich hierbei nur bedingt um einen Familienfilm, denn wieder einmal werden die Diskussionen über die FSK auf den Schirm gerufen. Während es Gründe gibt, die eine FSK 12 vollkommen rechtfertigen, gibt es auch Aspekte, die eine höhere Einstufung legitimieren würden. So sei jedem Elternteil gesagt, dass in diesem Streifen zwar kein Blut spritzt, dafür aber Wasser, welches hilfsweise den gleichen Effekt erzeugen soll. Auch ein umherfliegender abgetrennter Arm und diverse skrupellose Auseinandersetzung können verrohend wirken und sollten bei der Entscheidung für einen Kinobesuch berücksichtigt werden.

Fazit

Schlussendlich ist AVATAR: THE WAY OF WATER eine wirklich gelungene Fortsetzung, die alle vorherigen Zweifel tadellos beseitigen konnte. Trotz das die Rahmengeschichte nicht gerade mit kreativen Neuerungen aufwarten kann, hat James Cameron ein Werk entwickelt, welches es so noch nicht auf dem Filmmarkt gibt und welches auch das Prequel noch einmal übertrumpft. Dieser Streifen ist mehr als nur ein Film. Es ist ein Erlebnis, denn hier wird das Eintauchen in eine fiktive Welt plötzlich real. Belanglosigkeiten und Ungenauigkeiten im Erzählerischen sind vernachlässigbar. Und auch wenn fast 30 Euro für ein IMAX-Ticket in der Regel pure Abzocke darstellen, so ist dies doch der erste Film, bei dem ich sage: Jede Minute ist das Geld wert und wer die Möglichkeit hat, sollte nicht auf die mindere Qualität im normalen Nachbarschaftskino setzen.

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