Rezension
“Black History is Black horror”, heißt es in Xavier Burgins exzellenter Genre-Doku Horror Noir über Schwarzen Horrorfilm. Jener findet einen weiteren Höhepunkt in Ryan Cooglers geschichtsbewussten Genre-Film BLOOD & SINNERS, der die brutale und blutige Bedeutsamkeit des Zitats unterstreicht. Das übernatürliche Böse, das den Zwillingen Stack und Smoke (beide Michael B. Jordan) im Mississippi Delta der 20er Jahre begegnet, ist zugleich Allegorie und Amplifizierung geschichtlichen Grauens und gesellschaftlicher Gewalt. Jene zeigen sich schon, bevor die dämonische Bedrohung überhaupt auftaucht.
Das alte Sägewerk, das die Brüder direkt an ihrem Ankunftstag in eine Juke Bar verwandeln, gehörte dem Ku Klux Klan. Wenn der rassistische Vorbesitzer den Klan als Vergangenheit beschreibt, deutet das zugleich auf die Verleugnung rassistischer Strukturen und deren nahtlose Absorption in systemische Institutionen. Der rassistische Terror, dessen generationsübergreifende Verheerung der alte Blues Musiker Delta Slim (Delroy Lindo) sowie Smoke und seine entfremdete Frau Annie (Wunmi Mosaku) erfahren mussten, wird von den Weißen gleichgültig abgetan.

Blood & Sinners © 2025 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved.
Musik wird buchstäblich zum Instrument, das Trauma zu verarbeiten, es künstlerisch zu dokumentieren und die eigene Kultur am Leben zu halten. Diesen synergetischen Prozess illustriert die spektakuläre Schlüsselszene. Der junge Gitarrist Sammie „Preacher Boy“, den die Zwillinge neben Delta Slim und Sängerin Pearline (Jayme Lawson) für die Eröffnungsnacht angeworben haben, beschwört mit seinem Spiel musikalische Geister der Vergangenheit und Zukunft. Das als solches visualisierte kreative Feuer lockt auch den irischen Vampir Remmick (Jack O’Connel) an.
Sein strategischer Angriff erfolgt mit Verstärkung der bereits vampirisierten Ku Klux Klan Adepten, die mit ihm eine creepy Country Band bilden. Die Gegenüberstellung der kontrastierenden Musik-Stile liefert nicht nur effektive Grusel-Gags, sondern pointierte Parallelen zu manipulativen Methoden kultureller und individueller Unterdrückung: als Integration getarnte (Zwangs)Assimilation und die Zerstörung von Safe Spaces durch deren Vereinnahmung. Dass Remmick als Sohn irischer Immigranten selbst einer verfolgten Gruppe angehört, unterstreicht die paradoxen Mechanismen sozialen Status und rassistischer Konstrukte.

Blood & Sinners © 2025 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved.
Cooglers scharfer Fokus auf die politischen und sozialen Aspekte der straff inszenierten Story gibt dem Blutbad, in das die Eröffnungsfeier eskaliert, sowohl Splatter-Spaß als auch intellektuelle Resonanz. Dynamische Dialoge und organische Interaktion verleihen jeder der zahlreichen Figuren psychologisches Profil und eine komplexe Geschichte, deren Vermittlung keiner Erklär-Monologe oder Rückblenden bedarf. Authentische Details verleihen dem Setting einen packenden Realismus, der die düstere Atmosphäre verstärkt. Einziger Wermutstropfen ist die bizarre Betonung chauvinistischer Sex-Phantasien und absichtlich abturnender Fetische.
Fazit
Mit seiner ausgefeilten Komposition aus Vampir-Thriller und Horror-Musical kreiert Ryan Coogler ein schillerndes Genre-Glanzstück, das ebenso clever wie unterhaltsam ist. Michael B. Jordan spielt seine Doppelrolle mit ironischem Touch, der die Glaubwürdigkeit nicht mindert. Autumn Durald Arkapaws furiose Kamerabilder und Ludwig Göranssons enigmatischer Soundtrack verschmelzen zum blutig-brutalen Rausch, der nie die narrative Bodenhaftung verliert. Obwohl die Fixierung auf überflüssige Sex-Szenen die Handlung ausbremsen und das sexistische Lustkonzept den emanzipatorischen Subtext untergräbt, überwiegen die positiven Qualitäten.
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Originaltitel | Sinners |
Kinostart | 16.4.2025 |
Länge: | 138 minuten |
Produktionsland | United States of America |
Genre: | Thriller | Horror |
Regie | Ryan Coogler |
Executive Producer | Ludwig Göransson | Rebecca Cho | Will Greenfield | Pete Chiappetta | Andrew Lary | Anthony Tittanegro |
Producer | Ryan Coogler | Zinzi Coogler | Sev Ohanian | Kenneth Yu |
Kamera | Autumn Durald Arkapaw |
Visual Effects | Michael Ralla | Espen Nordahl | Guido Wolter | Pepe Valencia | Nick Marshall | Antoine Moulineau | Jared Sandrew |
Musik | Ludwig Göransson |
Cast | Michael B. Jordan, Miles Caton, Hailee Steinfeld, Wunmi Mosaku, Jack O'Connell, Delroy Lindo, Omar Benson Miller, Jayme Lawson, Li Jun Li, Yao, Lola Kirke, Peter Dreimanis, Buddy Guy, Saul Williams, Andrene Ward-Hammond, Tenaj L. Jackson, David Maldonado, Aadyn Encalarde, Helena Hu, Sam Malone |
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