Review Fakten + Credits


Der junge Chinese Chan Lok-kwun (Raymond Lam) flieht in der Hoffnung auf ein besseres Leben in das Hongkong der 80er Jahre. Doch aus seinen Bemühungen nach ehrlicher Arbeit wird so schnell erstmal nichts, da dieser sich ungewollt mit den Triaden anlegt. Als einziger Fluchtort bleibt dem Flüchtling die Kowloon-Walled-City – die City of Darkness. Hier stößt Chan Lok-kwun schnell auf den Schirmherren der Stadt: Tornado (Louis Koo). Dieser ist ein ehemaliger Verbrecherboss, welcher um die Vorherrschaft der Stadt in der Stadt gekämpft hat. Schnell entdeckt Tornado das Potential, aber auch die wahre Herkunft von Chan Lok-kwun und weiß, dass die Stadt mit seinem Erscheinen mehr denn je durch den Machthunger der Triaden bedroht ist.

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Review

CITY OF DARKNESS ist ein Martial-Arts-Film vom LIMBO-Regisseur Soi Cheang aus Hongkong und China. Der Film erinnert an die alten Hong-Kong-Martial-Arts-Filme und Actionstreifen der 1980er Jahre. Mit seiner Geschichte des Flüchtlings und der Bedeutung echter Freundschaft trifft der Film den weltweit aktuellen Zeitgeist und paart das mit einer stimmigen Unterhaltung, welche durch die Kämpfe zum Vorschein kommt. Bei diesen hat Regisseur Soi Cheang aus einem Mix aus Street Fighting, Kung Fu, Wing Chung und weiteren Kampfstilen gesetzt.

Stimmung und Gesellschaftskritik pur

Das Gewusel der namensgebenden CITY OF DARKNESS zieht sofort in den Bann und lässt den Film dadurch lebendiger wirken. Denn es handelt sich nicht um leere Kampfkulissen für die Protagonisten, sondern ein echtes Treiben mit geregeltem Tagesablauf. Das nutzt der Film zugleich als Gesellschaftskritik, da die Stadt Zufluchtsort für (illegale) Flüchtlinge, Verbrecher und vom Staat abgehängte ist. Und dennoch gibt es eine Art Hierarchie, welche jedoch im krassen Kontrast zum Leben außerhalb der Kowloon Walled City steht.

ein Mann im kurzärmeligen Hemd zieht an einem dünnen Seil

City of Darkness ©2024 Plaion Pictures

Denn in CITY OF DARKNESS wird durch die Flüchtlingswelle der 80er das Staatsversagen und das damit einhergehende Erstarken der Triaden kritisiert. Diese profitieren von hilflosen Flüchtlingen und der Rückgabe Hongkongs von Großbritannien an China, da korrupte Politiker auf kommunaler Ebene mit lukrativen Deals locken. Deals für welche die Triaden über Leichen gehen bereit sind. Die Bürger*innen der Stadt beruhen dagegen im Kampf auf menschliche Werte wie Nächstenliebe, Zusammenhalt, Hilfsbereitschaft sowie Mitgefühl. Einige Stimmen mögen dies vielleicht als chinesische Propaganda abstempeln, jedoch sind es Werte, die in heutigen Zeiten des Hasses wichtiger denn je sind.

Von Pathos und zweiten Teilen

Bei der Hilfsbereitschaft geht es selbstredend um Ehre und CITY OF DARKNESS kann es sich dabei nicht verkneifen, bei den Heldenszenen pathetisch zu werden. Das ist in einer Gesamtbetrachtung gar nicht mal so sehr zu kritisieren, da dieser Pathos ein häufiges Stilmittel chinesischer Filme ist. So hat Beispielsweise auch ein SAKRA die Kämpfe für Unterdrückte besonders heroisch dargestellt. Es ist Teil der kulturellen Unterschiede zwischen China und westlichen Kino, bei dem es sich aber lohnt, diesen offen gegenüberzustehen.

Denn für das an westliche Filme gewöhnte Publikum ist die Erzählweise von CITY OF DARKNESS im ersten Moment verwirrend und erfordert mehr Konzentration. Immer wieder kommt es zu Rückblenden und die Story entwickelt sich immer wieder in kürzester Zeit rasant voran. Doch wenn sich die Zuschauenden auf die unterschiedlichen Erzählweisen einlassen können, werden diese mit einem wilden Mix bestehend aus Martial Arts, Rachestory und den Fantasyelementen des Wuxia-Genre belohnt, wobei letzteres nicht so stark wie in einem SAKRA oder TIGER AND DRAGON vertreten ist.

ein Mann im schwarz-roten Hemd sitzt zurückgelehnt da und raucht

City of Darkness ©2024 Plaion Pictures

Doch gerade der dritte Akt fühlt sich dadurch wie eine Fortsetzung von CITY OF DARKNESS an. Hier kommt es zu noch mehr Wuxia-Elementen sowie fantastischen Entwicklungen, welche sich so sehr von der Haupthandlung unterscheiden, dass eine Aufteilung in zwei Teile von Vorteil gewesen wäre. Nicht mal, weil die Laufzeit von zwei Stunden und sechs Minuten zu lang wäre, aber einfach, um den Switch der Elemente ausgefeilter präsentieren zu können.

Kämpfe für das Seelenheil

Der Unique-Selling-Point von CITY OF DARKNESS ist selbstredend die Action, welche durch kreative Kämpfe und bekannte Stilmittel des Genres, wie beispielsweise aufgedrehte Bässe bei wuchtigen Schlägen, überzeugen kann. Allein die Einführung des rauchenden Barbiers Tornado (Louis Koo), welcher Raymond Lam eine Lektion in Sachen Kampfkunst erteilt und anschließend seine hochgeworfene Zigarette geschickt lässig auffängt, setzt Maßstäbe, aber auch ein Statement: Action darf cool, unterhaltsam und Comichaft überzeichnet sein.

Dieser Tenor setzt sich im Laufe von CITY OF DARKNESS weiter fort. Die teils fliegenden Kämpfe und Schläge in einer hypnotisierenden Schnelligkeit mit perfekt ausgetüftelten Choreografien faszinieren die Zuschauenden durch und durch. Alles fühlt sich wuchtig und konsequent an, was nicht zuletzt an der Maskerade der blutigen Wunden liegt. Da tut es auch nichts zur Sache, dass die Kowloon-Walled-City von außen nur CGI ist. Immerhin gibt es das Original nicht mehr, aber es wurde sich im Design auf dieses bezogen. Das CGI ist für das geübte Auge zwar zu erkennen, ist aber im Vergleich zu immer mehr Hollywood-Blockbustern grundsolide und präsentiert die schiere Mächtigkeit sowie Gewalt dieser Stadt.

Starke Charaktere mit einem Haken

Kampfsequenz in einem Friseursalon, ein Mann streckt seine rechte geballte Faust nach vorn, ein anderer macht in der Luft einen Überschlag

City of Darkness ©2024 Plaion Pictures

CITY OF DARKNESS profitiert zudem von kreativen sowie Comichaft überzeichneten Charakteren, welche sich lebendig in die Handlung einfügen. Sei es der pornosammelnde Arzt (German Cheung) mit Unterhosen als Maske, Tornado (Louis Koo) als Vaterfigur, sein Handlanger Shin mit der roten Lederkrawatte (Chun-Him Lau) oder Mr. Big (Sammo Kam-Bo Hung) als Anführer der Triaden mit seinem schrillen Handlanger King (Philip Ng). Sie sorgen dafür, dass die eigentlich ernste Handlung auf eine charmante unterhaltsame Weise erzählt wird. Doch gleichzeitig wirkt Protagonist Raymond Lam in dem Geschehen und Kontrast der anderen Darstellenden zu normal und kann abseits seines besonders starken Ehrgefühls kaum herausstechen.

Auffällig ist, das kaum bis gar keine Frauen in CITY OF DARKNESS vorkommen und nicht mal als nennenswerte Nebenrolle bezeichnet werden können. So ist die Recherche zu den weiblichen Charakteren selbst über die Datenbank IMDb äußerst schwer und weibliche Charaktere lassen sich ihren Darstellendne kaum zuordnen. Auch, wenn CITY OF DARKNESS Gewalt gegen Frauen konsequent verurteilt und im Gegensatz zu unseren rechtskonservativen Politikern es schafft, zu benennen, dass Gewalttaten gegen Frauen meistens Beziehungstaten sind, ist die Erzählweise des Films dennoch patriarchal. Platz für weibliches Heldentum existiert hier nicht.

Fazit

CITY OF DARKNESS ist eine Hommage an Hong-Kong-Actionfilme der 80er und überzeugt mit Kreativität sowie Qualität. Die Stadt in der Stadt fühlt sich durch das Gewusel lebendig und die Bedrohung daher konsequent an. Für einige dürfte die unterschiedliche Erzählweise, die pathetische Darstellung und der wilde Genremix abschreckend sein, doch ein Blick über den eigenen kulturellen Tellerrand lohnt sich allemal. Denn CITY OF DARKNESS ist ein Actionhighlight durch und durch, welches des auch schafft, Gesellschaftskritiken anzusprechen. Wobei bei diesen in Betrachtung der Rolle der Frau nicht immer eine konsequente Umsetzung gefunden wurde. Dennoch ist der Film eine Empfehlung für alle Fans von Martial-Arts sowie Rezipienten, welche ihren filmischen Horizont erweitern wollen.

Trivia
Die Kowloon Walled City gab es mit ihrem namensgebenden Spitznamen „City of Darkness“ wirklich und war ein Stadtteil Hongkongs auf der Halbinsel Kowloon. Mit einer Dichte von 1,3 Millionen Einwohnenden auf den Quadratkilometer – insgesamt lebten im Jahr 1987 33.000 Menschen auf einer Fläche von circa 2,7 Hektar – ist die Stadt der Ort mit der höchsten Bevölkerungsdichte der Welt gewesen. Der Stadtteil war ursprünglich ein Außenposten des chinesischen Militärs, wurde aber durch die Pacht der Briten und die japanische Besetzung Hongkongs im zweiten Weltkrieg eine Zuflucht chinesischer Flüchtlinge, welche durch die günstigen Mieten angelockt wurden. Schnell entstanden aneinander gereihte Hochhäuser, Gewerbegebieten, aber auch der Platz für durch die Triaden kontrollierten Drogenhandel und Prostitution. Ab 1987 hat sich die Regierung dazu entschlossen, die Stadt zu räumen, bis sie komplett abgerissen wurde. Seit 1995 ist auf dem Platz der ehemaligen Kowloon Walled City ein Stadtpark im Stil der Qing-Dynastie eröffnet.

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Originaltitel 九龍城寨之圍城
Kinostart 23.4.2024
Länge: 126 minuten
Produktionsland China
Genre: Action | Krimi | Thriller
Regie Soi Cheang
Producer John Chong | Wilson Yip | Peter Lam
Kamera 鄭兆強
Musik Kenji Kawai
Cast 林峯, Sammo Hung, Louis Koo, Richie Jen, 劉俊謙, Tak-Bun Wong, Philip Ng, Tony Wu, Man Kit Cheung, 郭富城, Fish Liew, Pak Hon Chu, Cecilia Choi, Deon Cheung Chung-Chi, Jozev Lau, 羅永昌, Kam Loi-Kwan, Tsun-Hung Liu, Lee Tse-Hei, Wong Wan-Ching

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