Review Fakten + Credits


Rezension

213 Jahre nach Erstveröffentlichung durch die Gebrüder Grimm, 109 Jahre nach der ersten filmischen Adaption und 88 Jahre nach der ersten Disney-Version des Klassikers, erscheint nun das Live-Action-Remake des Mäusekonzerns. Die Regie übernahm Marc Webb, der mit (500) DAYS OF SUMMER und THE AMAZING SPIDER-MAN sein Können bewies. Unterstützt wurde er durch prominente Kolleg*innen wie Drehbuchautorin Greta Gerwig (Oscars LADY BIRD und LITTLE WOMEN), die Komponisten Benj Pasek und Justin Paul (Oscar LA LA LAND) und Produzent Marc Platt.

Darum geht es

Nach dem Tod ihrer Mutter und dem Verschwinden ihres Vaters, wächst Schneewittchen als Dienerin unter der Regentschaft der neuen Königin auf. Diese sucht ihre royale Bestätigung im magischen Spiegel, der ihr immer wieder attestiert, dass sie die Gerechteste im ganzen Land sei. Das ändert sich jedoch mit der Güte des jungen Schneewittchens, wodurch die Königin sich veranlasst sieht zu handeln. Ein Mordkomplott geht schief, sorgt aber sogleich dafür, dass das naive Mädchen ihre eigenen Führungsqualitäten entdeckt und neue Verbündete im Kampf gegen die bösen Mächte findet.

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Kinderfreundlich umgesetzt

Das Werk verdient eine Betrachtung aus zwei Perspektiven. Zunächst ist und bleibt die Geschichte ein Kindermärchen und wird auch als solches erzählt. Während zwar die Grundidee progressiv aufgefrischt wird und nicht mehr die Schönheit sondern nun die Gerechtigkeit im Mittelpunkt steht, bleibt die Grundstruktur der Geschichte nahezu vollständig erhalten. Auffällig ist vor allem, dass die Mordversuche an der Protagonistin drastisch gekürzt wurden, wodurch eine fast schon in Watte gepackte Handlung entsteht. Man möchte meinen, dass dadurch eine erhebliche Zeiteinsparung stattfindet, doch Marc Webb zieht stattdessen lieber die einzelnen Szenen in die Länge ohne das dafür eine Bewandtnis bestünde.

Für Kinder eine Augenweide, für Filmliebhabende eher unangenehm sind die vielen digitalen Lebewesen, die oftmals eher wie belebte Stofftiere ausschauen, als tatsächlich Gemeinsamkeiten mit der Realität zu teilen. Warum bei einem über 200 Millionen US-Dollar Film auf reale Tiere gänzlich verzichtet wird, bleibt fraglich.

Das (animierte) Ensemble des Films

Im Sinne der Animationen müssen natürlich auch die Zwerge thematisiert werden. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass diese der Verfilmung angemessen entwickelt wurden und sich in das Gesamtkonzept gut einfügen. In Hinblick auf die Hintergrundgeschichte, warum sie überhaupt animiert wurden, wird es jedoch kurios. So sprach sich Peter Dinklage dafür aus, dass kleinwüchsige Menschen nicht in stereotype Rollen gesteckt werden dürften. Diesen Punkt hat Disney ernst genommen und tatsächlich auch umgesetzt.

Schneewittchen steht vor einem Schlossfenster und sieht hinaus

Schneewittchen ©2025 Disney Studios

Die gecasteten kleinwüchsigen Personen wurden nun, zumindest in Teilen, in alternativen Rollen untergebracht. Ob es nun aber ein besseres Bild abgibt, dass die Zwerge komplett ersetzt wurden durch Animationen oder ob man nicht die kleingeistige Charakterisierung und Stigmatisierung selbiger hätte überarbeiten müssen, um nicht trotzdem stereotype Klischees zu bedienen, um dann die Figuren mit Menschen zu besetzen, wird definitiv noch für Diskussion sorgen. Für den Diskurs muss aber auch festgehalten werden, dass Zwerge in erster Linie fiktive Figuren sind und nicht synonym für Kleinwüchsige stehen.

Nachdem auch Rachel Zegler immer wieder im Fokus der Debatten stand, zeigt der Film, dass nicht sie und ihre Schauspielkunst das Problem sind. Besonders gesanglich kann die junge Schauspielerin wieder enorm punkten. Viele werden sich jedoch an der Performance selbst stören, da sie unnahbar und steif wirkt. Der Film zeigt jedoch deutlich, dass sie daran nur wenig Schuld trägt. Vielmehr sind es die diversen Sidedepartements, die auf ganzer Linie versagt haben. Angefangen bei einem Drehbuch, welches fast schon penetrant an alten Ideen festhält und kein bisschen Mut zeigt, um einer Schauspielerin, die in früheren Rollen zurecht als Kämpferin der Unterdrückten gecastet wurde, die Freiheit zu lassen, diesen Kampf auch im Märchenland auszutragen.

Nostalgie vs. Aufbruch

Viel schlimmer ist jedoch, dass Kostüm, Maske und Hairstyling versagt haben und auch hier lieber auf Tradition gesetzt wurde. Entweder hätten diese Departements ihren Stil der Schauspielerin anpassen müssen oder der Fehler ist beim Casting zu suchen, welches auch eine Gal Gadot zu verantworten hat und auch in der männlichen Nebenrolle kein glückliches Händchen zeigte. Möchte Disney eine traditionelle Schneewittchen, so ist die für Aufbruch stehende Rachel Zegler eine Fehlbesetzung.

die böse Königin im schwarzen Umhang und goldener Krone steht in einem finsteren Raum vor einem magischen Spiegel, der das Gesicht einer Frau zeigt

Schneewittchen ©2025 Disney Studios

Damit wären wir auch bei der zweiten Betrachtungsweise angelangt: der nostalgische Blick. Es wurden Dinge weggelassen und neu hinzugefügt – insgesamt hat man aber den Charakter der Geschichte ganz ordentlich erhalten. Das wirft jedoch sogleich die Frage auf: Warum brauchen wir Live-Action Remakes? Hier scheiden sich definitiv die Geister. Riecks Filmkritiken & Co. steht jedoch für den kulturellen Erhalt gemixt mit einem aktuellen Zeitgeist, um Werte und Moralvorstellungen der Gegenwart zu vermitteln und sozialrealistische Themen aufzugreifen (was sogleich eine wesentliche Essenz der Gattung Märchen darstellt). Ansätze davon sind in diesem Film erkennbar, aber zu keinem Zeitpunkt ist der Mut einer klaren Botschaft gegeben. Stattdessen stochert man lieber etwas im Nebel herum, um bestenfalls niemandem (egal ob rechts konservativ oder links progressiv) auf die Füße zu treten.

Fazit

SCHNEEWITTCHEN ist besser als es zu erwarten war, aber auf inszenatorischer Ebene trotzdem ein Totalausfall. Lediglich Zegler und ihre musikalische Begabung versuchen zu retten, was nicht mehr zu retten ist – nämlich eine Disneyparade, wie man sie sonst nur in den hauseigenen Parks erlebt und bei denen unangenehm gekünstelte Strukturen einem immergleichen Schema folgen. Worin Kinder ihren Genuss finden werden, wird beim restlichen Publikum auf Widerstand treffen, was durch aktuelle Umsatzzahlen auch deutlich bestätigt wird. Disney bleibt sich zumindest treu und arbeitet weiter an einem schwer nachvollziehbaren Konzept zu Live-Action-Remakes und beweist damit zumindest eine Form von Konstanz.

Aber was möchte man auch von einem Filmstudio erwarten, welches darauf verzichtet die Kunstfreiheit zu nutzen, um marginalisierten Gruppen, die die Politik versucht zu eliminieren, eine Plattform zu bieten und welches stattdessen lieber berechtigte Warnhinweise zu stereotypen Darstellungen in früheren Werken entschärft.


Review Fakten + Credits


Originaltitel Snow White
Kinostart 19.3.2025
Länge: 109 minuten
Produktionsland United States of America
Genre: Familie | Fantasy
Regie Marc Webb
Executive Producer Callum McDougall
Producer Russell Allen | Marc Platt | Jared LeBoff | Ben Howarth
Kamera Mandy Walker
Visual Effects Max Wood | Chris Uyede | Damien Stumpf | Sean Schur | Sébastien Raets
Musik Jeff Morrow
Cast Rachel Zegler, Gal Gadot, Andrew Burnap, Jeremy Swift, Jason Kravits, Martin Klebba, George Salazar, Tituss Burgess, Andy Grotelueschen, Andrew Barth Feldman, Hadley Fraser, Lorena Andrea, Emilia Faucher, Ansu Kabia, Patrick Page, George Appleby, Colin Michael Carmichael, Samuel Baxter, Jimmy Johnston, Dujonna Gift-Simms

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