Originaltitel: Спутник (Sputnik)
DVD/Blu-ray – Release: 04.12.2020
Länge: ca. 114 Minuten
FSK: 16
Produktionsland: Russland
Regie: Egor Abramenko
Schauspieler:innen: Oksana Akinshina | Fedor Bondarchuk | Pyotr Fyodorov
Genre: Sci-Fi | Thriller
Verleih: capelight pictures
Russland. Thriller. Sci-Fi. Drei Begriffe, die dieser Tage einfach großartig zusammenpassen. SPUTNIK – ES WÄCHST IN DIR reiht sich ein in ein gutes Jahr für die russischen Filmproduktionen mit einigen tollen kleinen Werken wie COMA, FEEL THAT BEAT oder BABA YAGA (letzterer überzeugte jedoch eher visuell als im Storytelling) ein. Aber auch ATTRACTION 2 wurde in diesem Jahr veröffentlicht und auch wenn ich ihn noch nicht gesehen habe, so überzeugt dieser doch schon im Trailer durch visuelle Brillanz und ein beeindruckendes Creature-Design. Die Drehbuchautoren Oleg Malovichko und Andrey Zolotarev sowie auch Schauspieler Fedor Bondarchuk, die allesamt schon an ATTRACTION und ATTRACTION 2 maßgebend beteiligt waren (wenn auch teilweise in anderen Funktionen), zeigen nun erneut, welch gutes Feingefühl sie für das Sci-Fi-Genre besitzen.
Darum geht es…
Als das Raumschiff Orbita-4 aus heiterem Himmel in der Sowjetunion abgestürzt ist, ist lange Zeit nicht klar, wie es zu diesem Unfall kommen konnte. Leider verstirbt einer der Piloten bei diesem Unfall, während ein weiterer sich schwer verletzt aus dem Cockpit retten kann. Nun gilt es für Colonel Semiradov herauszufinden, was geschehen ist, den Astronauten wieder auf zu päppeln und der Welt als Raumfahrthelden zu präsentieren. Doch schnell stellt sich raus, dass der Colonel ganz andere Ziele verfolgt, denn das medizinische Team hat entdeckt, dass der Pilot Konstantin Veshnyakov ungewöhnlich schnell regeneriert und seine Wundheilung geradezu unmenschlich ist. Und nur wenig später lernen sie auch den Grund dafür kennen: In Veshnyakov lebt ein außerirdisches Wesen, welches eine enge Verbindung zu ihm eingegangen ist und sich nächtlich zeigt um sich zu ernähren. Veshnyakov dient dem Biest somit als eine Art Kokon, in dem sich das Lebewesen entwickelt und anpasst.
Der Colonel zieht für intensivere Untersuchungen die Psychologin Tatyana Klimova hinzu, die eher durch ungewöhnliche Methoden in ihrer Professur aufgefallen ist und scheinbar genau die richtige Person für den Job zu sein scheint. Tatyana wird vor unvollendete Tatsachen gestellt und merkt schnell, dass ihr nur sporadisch Informationen mitgeteilt werden, die jedoch für eine genaue Analyse wichtig wären. Also beginnt sie selbst zu recherchieren und entdeckt unfassbare Vorgänge. Wird sie es schaffen das Wesen von seinem Wirt zu trennen oder muss Veshnyakov mit dieser Last nun bis ans Lebensende auskommen?
Rezension
Bevor wir zur eigentlichen Bewertung des Films kommen, wäre es sehr interessant ein paar kurze Worte zum Filmtitel zu verlieren. Sputnik ist, wie viele sicherlich wissen, der Name der ersten zehn sowjetischen Satelliten, die eine Erdumlaufbahn erreichten. Berühmtheit erhielten diese vor allem, weil Sputnik 1 der erste künstliche Erdsatellit auf einer Umlaufbahn war und dieser den Startschuss für die sowjetische Raumfahrt einläutete. Doch noch heute ist der Begriff nicht wegzudenken, denn neben dieser prominenten Bezeichnung bedeutet das Wort auch noch so viel wie Weggefährte oder Begleiter. Somit ist der Titel wirklich hervorragend gewählt, da er in nur einem einzigen Wort den Spagat zwischen Raumfahrt und der eigentlichen Handlung schafft und damit so präzise auf den Film zutrifft, wie es wohl keinem anderen Begriff möglich wäre. Deutschland musste natürlich in der Titelvergabe wieder ein wenig hinten dran hängen, aber das ist ja nichts ungewöhnliches mehr.
Doch wenn schon der Titel so klasse gewählt ist, taugt dann auch der Film etwas? Absolut! Angefangen bei den Postern und Artworks sowie dem Coverbild des Mediabooks bekommen wir schnell einen herrlichen Eindruck der großartigen Bildgestaltung, die auch im Werk selbst nicht zu verachten ist. Zwar spielt der Film fast ausschließlich im Dunkeln, dennoch sind die Lichtquellen so gut platziert, dass man stets ausreichend sehen kann und das Bild nie unkenntlich wird. Doch das wohl genialste ist das Creature-Design, denn dieses außerirdische Wesen sieht unfassbar gut aus. Hier wurden alle Regeln der digitalen Filmkunst ausgepackt und kein Cent gespart – und dies ist als zentraler Handlungspunkt auch wirklich wichtig gewesen. Zwar bekommen wir die Kreatur nur selten komplett zu Gesicht, doch wenn dies der Fall ist, so gibt es nur zwei mögliche Reaktionen, die sich breit machen: zitternde Nervosität und vollkommene Neugier.
ARRIVAL und LIFE in einem Film?
Regisseur Egor Abramenko hat es nämlich geschafft ein außerordentlich gutes Gleichgewicht zwischen mitreißendem Storytelling und natürlicher Spannung zu erzeugen. Ein großartiger Kniff dabei ist, dass man als zuschauende Person stets die Sicht der Protagonistin Tatyana (gespielt von Oksana Akinshina) einnimmt und somit in gleichem Maße diese Kreatur erst kennen lernen muss. Das Publikum befindet sich somit im exakt gleichen Lernprozess, den auch Tatyana im Verlauf der Handlung durchlebt. Durch die ziemlich präzise Dosierung von Informationsmaterial schafft es der Regisseur also das Interesse stets aufrecht zu erhalten und die Zusehenden nach mehr Inhalt lechzen zu lassen. Somit bedient sich Egor Abramenko ähnlichen Methoden, wie wir sie auch in ARRIVAL bereits kennen und lieben lernen durften und schafft es eine ziemlich ähnliche Atmosphäre aufzubauen.
Gleichzeitig jedoch bekommen wir auch deutlich mehr Power vorgesetzt, als es uns der eben genannte Film vor einigen Jahren bieten konnte. Egor Abramenko ist dabei skrupellos und zeigt uns einige recht heftige Szenen, die stark vorbereitet werden und dann sehr plötzlich und schnell vonstattengehen. Hier kommt schnell die Erinnerung an LIFE von 2017 wieder hoch. Schon jetzt ist also erkenntlich, dass ein Gemisch aus einem starken ARRIVAL und einem ebenso guten LIFE ein gutes Potential bietet und dieses wurde hier auch vollkommen ausgeschöpft. Einzig das Ende lieferte dann doch wieder einige kleine unnötige Längen, die dem ganzen vorherigen Geschehen nicht so wirklich gerecht wurden. Dadurch, dass die gesamte Geschichte jedoch recht kompakt gehalten wurde, fällt dies nur bedingt ins Gewicht.
Es surrt noch immer in meinen Ohren
Abschließend bleibt nur noch meine Empfehlung auszusprechen. Wieder mal schafft es ein russischer Film mich vollkommen zu begeistern und zu überraschen. Lange Zeit saß ich sehr gebannt und konnte mich sehr gut von der Handlung treiben lassen. Gleichzeitig fühlte ich mich in einer sehr authentischen Atmosphäre aufgehobene, denn nicht nur visuell ist dieser Film ein kleines Kunstwerk, sondern auch akustisch bekommen wir einiges geboten. Insbesondere die surrenden Lichtröhren, die es überall in der Militärbasis gibt, sorgen für einen beklemmenden, kalten Charakter, der die Anonymität und das Bürogefühl angemessen forciert. Von der ersten Minute an hat der Film mich gepackt und nicht mehr losgelassen und es gibt nur marginale Kleinigkeiten, die ich kritisieren könnte, es aber aus Respekt zur tollen Leistung gerne auch unterlasse.
Der Titel ist hier Programm. Selten passte ein solcher so gut wie in diesem Film. Warum das so ist, erfahrt ihr in meiner Langreview. Für den Moment sei jedoch gesagt, dass es sich absolut lohnt hier einen Blick hinein zu werfen. Nicht nur das wir überschüttet werden mit visuellen Glanzleistungen, wir bekommen zudem auch noch eine fantastische Akustik geliefert. Doch auch das war noch nicht alles, denn auch die Storyline kann vollends überzeugen und es geschafft mich über die gesamte Laufzeit in den Bann der Geschichte zu ziehen. Daran waren sowohl die sympathischen Schauspieler und deren Auftreten schuld als auch die Glanzleistung des Regisseurs, durch die das Publikum in die Rolle der lernenden Hauptfigur versetzt werden und zusammen mit dieser die krasse Geschichte Stück für Stück aufarbeiten. Es wird regelrecht die Neugier geschürt mehr zu erfahren und dem Geschehen treu zu bleiben. Sicherlich könnte man auch einige Kleinigkeiten bemängeln, doch sehe ich dies als überflüssig an, da einfach der Gesamteindruck äußerst stark ist und sich langfristig in meinem Kopf festgesetzt hat. Sputnik schafft es nämlich die starken Inszenierungen von Arrival und Life zu einem beeindruckenden neuen Werk zu verschmelzen.
Bei der Sache im Spoiler:
Die beiden Kinder sind nicht identisch.
Das eine ist nämlich eine Rückblende in die Vergangenheit – und er erklärt auch, warum jemand so viel “läuft”.