Review Fakten + Credits


Review

V/H/S/99 kam im Jahr 2022 heraus und ist der mittlerweile fünfte Eintrag im V/H/S-Franchise. Die Reihe überzeugte bisher durch auf VHS-Kassetten verteilten Kurzhorrorfilmen, in denen sich Regisseure wie Gareth Evans, Ti West und ehemaliger BLAIR WITCH PROJECT Produzent Gregg Hale mal so richtig austoben konnten. Merkmale waren immer der Found-Footage-Stil, eine analoge Ästhetik, eine Rahmenhandlung, die die Kurzfilme miteinander verbindet, sowie kreatives Freidrehen mit Horroratmosphäre. Zumindest die Rahmenhandlung fällt in V/H/S/99 weg und der Film setzt stattdessen auf Stop-Motion-Sketche mit Spielzeugsoldaten, um Übergänge zu signalisieren. Da die Überhandlungen meist eh nur Mittel zum Zweck waren, haben Fans erstmal wenig Probleme damit und bleiben vorsichtig optimistisch.

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Erster Kurzfilm: Shredding

Regie: Maggie Levin

Shredding begleitet die Punkpand R.A.C.K, die ein Akronym für die Mitglieder Rachel (Jesse LaTourette), Ankur (Keanush Tafreshi), Chris (Dashiell Derrickson) und Kaleb (Jackson Kelly) ist. Diese Truppe filmt dokumentarisch ihre Erlebnisse, alltäglichen Dinge sowie den eigenen jugendlichen Leichtsinn für einen Webblog. Für ihr neues Video will die Gruppe in den Untergrund der Kolonie gehen, in dem vor drei Jahren die Lead-Punk-Band bei einem tragischen Unfall ums Leben kam. Jedoch wollen Rachel, Chris und Kaleb nicht nur filmen, sondern auch entgegen Ankurs Rat selbst in den Ruinen auftreten. Ein Fehler, der Totgeglaubte zurückholen wird.

V/H/S/99 macht es den Fans mit Shredding wirklich schwer. Denn der Kurzfilm präsentiert einfach nur stumpfe edgy Teenager, die kein bisschen Sympathie in sich tragen. Gepaart mit der deutschen Synchronfassung, in der scheinbar alte Menschen besser als der Rest der Welt wissen, wie jugendliche Menschen sprechen, ist das trashige Trauerspiel perfekt. Das würde dank der shaky Kamera und besonders schlechter Splattereffekte sowie Kostümen sogar passen, jedoch nimmt sich die Episode viel zu ernst, wodurch das Seherlebnis unangenehm langweilig wird.

Zweiter Kurzfilm: Suicide Bid

Regie: Johannes Roberts

In der zweiten Episode von V/H/S/99 geht es um die Erstsemesterin Lily (Ally Ioannides), die verzweifelt nach einer Studentenverbindung sucht, um mit ihrer Freundin und Wohnpartnerin nicht als komplette Außenseiterin dazustehen. In der Not bewirbt sie sich bei der Mädchengruppe Beta Sigma Eta, die sie prompt zu einer Einweihungszeremonie auf dem örtlichen Friedhof einlädt. Dort erzählt die Gruppenanführerin Annie (Isabelle Hahn) Lily von einer urbanen Legende, die die Nacht im Sarg verbringen musste. Um Teil der BSE-Gruppe zu werden, soll die Erstsemesterin nun dasselbe über sich ergehen lassen und ahnt bereits, dass sie mit Schikane der Mädchen zu rechnen hat.

vier junge Frauen stehen auf einem Friedhof und schauen sich verunsichert um

V/H/S99 ©Tiberius Film

In Suicide Bid ist die Synchronarbeit nochmal schlechter als in der ersten Episode und ergänzt damit treffend das klischeebeladene, überzeichnete und nervig platte Schauspiel der Darstellenden. Schockmomente sind vorhersehbar und wollen nicht ziehen. Selbst potentielle Momente wie die Bedrohung durch steigendes Wasser werden durch den generischen Geisterbahnhorror im Keim erstickt. Das Publikum wird ratlos, da dieses mit V/H/S/99 einen Horrorschocker erwartet hat.

Dritter Kurzfilm: Ozzy’s Dungeon

Regie: Flying Lotus

Im dritten Kurzfilm von V/H/S/99 geht es um eine gleichnamige Serie im Takeshi’s-Castle-Stil. Die junge Donna Amelia Ann steht im Mittelpunkt und nimmt an der Show teil, damit ihre Familie weniger Geldsorgen hat. Doch schnell wird klar, dass die Serie und ihr Host (Steven Ogg) sich nicht nur über scheiternde Kinder lustig machen, sondern auch Verletzungen billigend in Kauf nehmen. Donnas Familie und insbesondere die Mutter Debra (Sonya Eddy) schwören Rache.

Mit dieser Episode erinnert V/H/S/99 für einen kurzen Moment an den Found-Footage-Horrorfilm LATE NIGHT WITH THE DEVIL, ohne den Charme von diesem ansatzweise zu erreichen. Das Set wirkt viel zu limitiert und echtes TV-Studio-Feeling will partout nicht aufkommen. Alles sieht aus, als ob die Crew im Räumungsverkauf eines ein-Euro-Shops gewesen wäre. Diese Lachhaftigkeit wird von peinlichen Soundeffekten untermalt, die das Geschehen in das absolut Lächerliche ziehen. Selbst ein Steve Ogg kann nichts aus der Situation herausholen und ist nicht mal ansatzweise mit seinen Rollen aus THE WALKING DEAD oder dem Videospiel GTA V vergleichbar. Aber wahrscheinlich hat er das ganze Episodenbudget gekostet.

vor einer blau-schwarzen Spirale steht ein Moderator im rosefarbenen Anzug

V/H/S99 ©Tiberius Film

Vierter Kurzfilm: The Gawkers

Regie: Tyler MacIntyre

In dieser Episode thematisiert V/H/S/99 eine Gruppe halbstarker Jugendlicher, die nichts als Unsinn im Kopf haben, Frauen heimlich filmen und dabei upskirten wollen. Zuhause stellen die Jungfrauen der blonden Nachbarin Sandra (Emily Sweet) nach und ergötzen sich an jeglicher Bewegung von dieser. Als einer der Jungs – Brady (Ethan Pogue) – sich mit Sandra anfreundet, wittert die notgeile Truppe ihre Chance auf Nacktbilder und detailreiche Erlebniserzählungen. Doch schnell müssen die Jungs erfahren, dass es ein großer Fehler ist, die Nähe von Sandra zu suchen.

The Gawkers nervt das Publikum in jeglicher Hinsicht. In diesem Szenario präsentiert V/H/S/99 keine einzige sympathische Figur. Die Jungs sind ein Haufen unreifer Spinner, die Straftaten begehen, um ihre Lust zu befriedigen, da sich ehrlich gesagt auch keine Frau mit diesen Incels abgeben würde. Wenn die Folge dann zum mörderischen Höhepunkt kommt, entsteht bei den Rezipienten keine Spur von Mitgefühl. Es ist sogar das Gegenteil der Fall. Und selbst wenn es so wäre, kann nicht mitgefiebert werden, da dank der Wackelkamera nichts zu erkennen ist.

Fünfter Kurzfilm: To Hell and Back

Regie: Vanessa Winter und Joseph Winter

In der Silvesternacht zum Jahr 2000 begleiten die besten Freunde Nate (Archelaus Crisanto) und Troy (Joseph Winter) mit einer Kamera einen Hexenkult, welcher dem Dämonen Ukoban (Dustin Watts) huldigt und diesem die Frau Kirsten (Tori Pence) als Gefäß anbieten will. Die beiden Freunde halten das Ganze für einen Scherz und denken erst, dass ihnen ein Streich gespielt wird, als eine dämonische Gestalt sie unter den Altar zieht. Doch schnell lernen sie, dass sie ungewollt in der Hölle gelandet sind und nur mit der Hilfe der verdammten Mabel (Melanie Stone) zurück können.

in einem Sessel sitzt eine ältere Frau mit einer Party-Brille vor den Augen, die die Zahl 2000 formt, sie lächelt und hält einen Daumen nach oben in die Kamera

V/H/S99 ©Tiberius Film

Diese Episode ist der Hoffnungsschimmer, ja sogar das Highlight von V/H/S/99, würde aber bei den bisherigen V/H/S-Filmen höchstens als Mittelmaß durchgehen. Das Setdesign ist ein Witz. Der Hexenaltar ist ein Klapptisch mit Tischdecke und die Sets in der Hölle sind klar als Pappmaché zu erkennen. Zudem sind in dieser Dämonen nur gesprenkelt verteilt und laufen mit erkennbaren Karnevalswaffen herum. Einziger Lichtblick ist das Kostüm von Mabel, auch wenn dieses eher in einen hochwertigen MAD-MAX-Fanfilm passen würde. Eine gruselige Atmosphäre kommt auch hier zu keiner Zeit auf.

Fazit – Eine herbe Enttäuschung

V/H/S/99 lässt das Publikum und insbesondere Fans des Franchise ratlos zurück. Wo V/H/S – EINE MÖRDERISCHE SAMMLUNG und S-VHS AKA V/H/S 2 die Zuschauenden noch schocken und begeistern konnten, ist der fünfte Teil eine Enttäuschung durch und durch. Die Kamera ist selbst für Found-Footage-Filme zu hektisch und abgehetzt, sodass nichts erkannt werden kann, der Analogfilter ist ein billiger Trick, das Schauspiel wirkt wie eine Bewerbung auf die Seifenoper LINDENSTRASSE, die Kostüme wie vom Sonderschlussverkauf und es ist keine klare Linie erkennbar.

Hinzu verliert V/H/S/99 die eine Stärke des Franchise. Die Episoden der einzelnen Filme haben sich normalerweise unterschiedlich angefühlt, die Zuschauenden konnten die Visionen der einzelnen Regisseure erkennen und sahen dennoch einen roten Faden, der die Filme verband. Doch dies ist dank Wegfall der Rahmenhandlung schwerer möglich und die Kurzfilme von V/H/S/99 vermischen sich im Kopf der Rezipienten zu einer einzigen homogenen belanglosen Masse ohne Wiederkennungswert. Ich selbst bin Fan der ersten beiden Teile und kann in manchen Punkten sogar dem verpönten V/H/S VIRAL etwas abgewinnen, aber V/H/S/99 hat kein bisschen DNA des Franchise in sich.

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Review Fakten + Credits


Originaltitel V/H/S/99
Kinostart 15.9.2022
Länge: 109 minuten
Produktionsland United States of America
Genre: Horror | Thriller
Regie Johannes Roberts | Joseph Winter | Vanessa Winter | Maggie Levin | Tyler MacIntyre | Flying Lotus
Executive Producer Michael Schreiber | Adam Boorstin
Producer Josh Goldbloom | Brad Miska | David Bruckner | Chad Villella | Matt Bettinelli-Olpin | Tyler Gillett | James Harris | Sherryl Clark | John Negropontes | Jared Cook | Vanessa Winter | Joseph Winter
Kamera Alex Choonooo | Ben Kitchens | Jared Cook | Nicholas Piatnik | Alexander Chinnici
Musik Joseph Winter | Flying Lotus | Keeley Bumford
Cast Jesse LaTourette, Keanush Tafreshi, Dashiell Derrickson, Jackson Kelly, Tybee Diskin, Verona Blue, Aminah Nieves, Kelley Missal, Melissa Macedo, Alexia Ioannides, Isabelle Hahn, Breana Raquel, Caitlin Serros, Brittany Gandy, Logan Riley, Christopher Lee Page, Maurice Webster, Steven Ogg, Jerry Boyd, Sonya Eddy

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