Anfang August dieses Jahres wird das 75. Locarno Film Festival stattfinden, bei dem unter anderem der neueste Spielfilm von Ali Ahmadzadeh CRITICAL ZONE ursprünglich im Programm vorgesehen war. Doch laut Berichten mehrerer US-amerikanischer Branchenmagazine wie Deadline und Variety, versuchen die iranischen Behörden nun, die Vorführung des Films zu verhindern.

Berichten zufoge wurde Ali Ahmadzadeh nach der Bekanntgabe der Locarno-Wettbewerbsbeiträge am 5. Juli ins iranische Sicherheitsministerium vorgeladen. Dort wurde er gezwungen, den Film dem Sicherheitsdienst vorzuspielen, und anschließend soll er veranlassen, dass der Film wieder aus Locarno abholt werde. Weiteren Berichten zufolge wurde ihm die Ausreise aus dem Iran untersagt, und es wurde Druck auf den Handelsvertreter Luxbox und die Produzentin Sina Ataeian Dena ausgeübt, den Film zurückzuziehen.

 

Die Premiere von CRITICAL ZONE ist für den 10. August 2023 geplant, und die Verantwortlichen haben betont, dass sie an dieser Entscheidung festhalten werden. Sina Ataeian Dena äußerte gegenüber Variety, dass Ali Ahmadzadeh ständig psychischer Folter ausgesetzt sei und die Veröffentlichung des Films eine gewisse Schutzfunktion habe. Sie bekräftigte die Entschlossenheit, den Film trotz der Drohungen und Anfeindungen aufzuführen, da die Vorführung ein wichtiger Teil des Kampfes für künstlerische Freiheit sei.

Auch Giona Nazzaro, der Leiter des Locarno Film Festivals, sprach sich deutlich für die Aufführung von CRITICAL ZONE aus und forderte die Freilassung von Ali Ahmadzadeh sowie die „Achtung seiner körperlichen und geistigen Integrität als Mensch und Künstler“. Doch warum will die iranische Sicherheitsbehörde die Locarno-Premiere von CRITICAL ZONE unbedingt verhindern?

Die Frage, warum die iranischen Sicherheitsbehörden die Premiere von CRITICAL ZONE unbedingt verhindern wollen, lässt sich vor dem Hintergrund der politisch aufgeheizten Situation im Iran erklären. Nach dem durch Polizeigewalt verursachten Tod der kurdischstämmigen Iranerin Jina Mahsa Amini am 16. September 2022 kam es zu landesweiten Protesten gegen die Regierung des Landes, bei denen auch viele Minderjährige ums Leben kamen. Die größte Protestwelle wurde inzwischen gewaltsam niedergeschlagen, und die Sittenpolizei ist seit diesem Monat wieder im Einsatz.

 

Vor diesem Hintergrund drehte Ali Ahmadzadeh seinen Film CRITICAL ZONE als „künstlerische Reflexion über den Zorn und die Wut der jungen Generation der Iraner“. Der Film wurde unter schwierigen Bedingungen gedreht, indem Ahmadzadeh echte Menschen statt Schauspieler einsetzte und die Kamera verstecken musste, um Einschränkungen zu umgehen, wie der Regisseur später in er Presseerklärung ausführte. Die Aufmerksamkeit der iranischen Sicherheitsbehörden auf den Film und ihre Versuche, seine Veröffentlichung zu verhindern, sind daher Berichten zufoge vermutlich auf den provokanten Charakter des Films zurückzuführen.

Trotz der Widrigkeiten planen die Festivalveranstalter nach wie vor, den Film zu zeigen und hoffen auf eine friedliche Lösung, die die künstlerische Arbeit von Ali Ahmadzadeh respektiert und gleichzeitig den politischen Kontext im Iran berücksichtigt.