FilmkritikIn KürzeDarsteller:innen und RollenDas sagen die Kolleg:innen
Jetzt auf Amazon kaufen oder leihen

Originaltitel: Alone
DVD/Blu-ray – Release: 25.03.2021

FSK 16

FSK 16 ©FSK

Länge: ca. 98 Minuten
Produktionsland: USA
Regie: John Hyams
Schauspieler:innen: Jules Willcox | Marc Menchaca | Anthony Heald
Genre: Drama | Thriller
Verleih: Koch Films

Alone - Du kannst nicht entkommen

Alone – Du kannst nicht entkommen ©2021 Koch Films

Während Regisseur John Hyams gerade erst durchzustarten beginnt mit seiner Filmkarriere, gehören die Schauspieler Marc Menchaca und Anthony Heald fast schon zu den alten Hasen. Allerdings hat sich Marc vor allem mit verschiedenen Serien-Teilnahmen einen Namen gemacht. Anthony hingegen scheint seine große Zeit bereits hinter sich gebracht zu haben. Als Anstaltsdirektor in ROTER DRACHE unvergessen, sahen wir ihn auch in großen Filmtiteln wie DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER, DIE AKTE, DER KLIENT, DIE JURY und 8MM – ACHT MILLIMETER. In den vergangenen Jahren ist es jedoch auch um ihn deutlich ruhiger geworden, so dass auch er nur noch in diversen Serien auftritt.

Mit ALONE – DU KANNST NICHT ENTKOMMEN inszeniert John Hyams ein Werk basierend auf dem Drehbuch von Mattias Olsson. Dieser hatte auch im schwedischen Originalfilm NIGHT HUNT – DIE ZEIT DES JÄGERS die Geschichte beigesteuert, womit naheliegend ist, dass nicht nur die Handlung ziemlich identisch ist, sondern auch die Umsetzung sich sehr ähnelt. NIGHT HUNT – DIE ZEIT DES JÄGERS erschien 2011, entwickelte sich allerdings zu einem ziemlichen Misserfolg. Mit einem Budget von rund 1,1 Millionen US-Dollar schaffte er es gerade einmal die Hälfte davon auch wieder einzuspielen. Ähnlich wie es die USA zuletzt häufiger macht haben sie sich ausländischen Filmstoff zu eigen gemacht und daraus eine fast deckungsgleiche Kopie produziert für den heimischen Markt, die schon jetzt minimal mehr Umsatz eingebracht hat als sein Original. Allerdings sind auch die Produktionskosten bisher nicht bekannt gegeben wurden. Es ist damit zu rechnen, dass diese deutlich höher lagen.

Darum geht es…

Jessica muss endlich raus aus ihrem Leben. Seit kurzem steht sie allein da, weil ihr Mann verstorben ist. Sie fasst den Plan zurück zu ihren Eltern zu ziehen, die eine Viertagesreise entfernt leben. Die Koffer sind gepackt, die Möbel im Anhänger verstaut und nun kann es losgehen – einmal quer durch die USA. Doch eine solch lange Autofahrt birgt viele Gefahren. Nicht nur, dass damit zu rechnen ist, dass etwas am Auto kaputt gegen könnte, auch Müdigkeit und Unkonzentriertheit können große Herausforderungen sein. Doch mit dem nun auftretenden Problem hat sie bei weitem nicht gerechnet. Ein unbekannter Mann versucht nicht nur auf der Straße zu drängeln, sondern scheint sie zu verfolgen, denn egal wo sie hinfährt, irgendwann taucht immer dieser fremde Wagen auf. Angst und Sorge macht sich in ihr breit und sie versucht vorsorglich die Polizei zu informieren – doch vergebens. Als sie dann auch noch einen Platten hat, spitzt sich die Situation dramatisch zu.

Aus datenschutzrechtlichen Gründen benötigt YouTube Ihre Einwilligung um geladen zu werden. Mehr Informationen finden Sie unter Datenschutzerklärung.
Akzeptieren

Rezension

Spannung pur bietet ALONE – DU KANNST NICHT ENTKOMMEN. Zwar kommt es nicht gerade überraschend, dass eine solche Reise, die die Protagonistin auf sich nimmt Komplikationen mit sich bringt, doch hat es Hyams geschafft aus der Vorlage von Olsson eine beklemmende und druckvolle Verfolgung zu kreieren, die das Publikum hervorragend in die Position der Hauptdarstellerin versetzt. Es fühlt sich fast schon so an, als würde man selbst in diesem Fahrzeug unterwegs sein und plötzlich einer Drucksituation ausgesetzt werden, für die es scheinbar keine sinnvolle Lösung gibt. Dabei sind die Handlungen der Figuren gewählt, um eine möglichst ernste und natürliche Entwicklung zu erzeugen, die genauso vorstellbar wäre, auch wenn gerade die Anfangsszene doch etwas den Charme des Films versaut.

Alone - Du kannst nicht entkommen

Alone – Du kannst nicht entkommen ©2021 Koch Films

Nicht nur das beim Packen des Anhängers ein Konvolut von Gegenständen in selbigem verstaut werden, die wohl kaum alle reinpassen würden, nein man nutzt auch nicht das Auto, um dort noch Dinge unterzubringen und lässt sie lieber zurück. Schon hier ist es interessant einfach mal auf das schwedische Original einen Blick zu werfen, welcher exakt die gleiche Szenerie besser gelöst hat: Wir sehen weder was alles verstaut werden muss noch bleiben Gegenstände einfach am Straßenrand stehen. Natürlich ist dies nur eine belanglose Kleinigkeit, die partout keine Auswirkungen auf das restliche Geschehen hat, aber stößt sie leider schon zu Beginn unangenehm auf.

Alone - Du kannst nicht entkommen

Alone – Du kannst nicht entkommen ©2021 Koch Films

Lasche Details, aber schöne Atmosphäre

Der hiesige Film wird daraufhin kapitelhaft erzählt und bedient sich recht lange sehr ausgiebig der Vorlage. Es wirkt teilweise sogar so, als würde man exakt den gleichen Film schauen. Erst in späteren Kapiteln entstehen dann doch deutlichere Unterschiede, die sich jedoch mehr auf belanglose Handlungen beziehen als wesentliche Eckpfeiler der Story. ALONE – DU KANNST NICHT ENTKOMMEN gliedert sich in die Kapitel: Die Straße, Der Fluss, Der Regen, Der Nebel und Die Lichtung. Ähnlich wie in UNHINGED – AUSSER KONTROLLE, schafft es das Werk mit einfachsten Mitteln einen äußerst effektiven Straßenterror zu erzeugen, der die Nervosität ansteigen lässt. Dabei kann vor allem Marc Mencaca mit seiner schauspielerischen Darbietung sehr gut punkten, da er es schafft eine zwiegespaltene Persönlichkeit auszustrahlen, die zwischen ehrlich helfender Attitüde und bedrohlich psychopatischer Charakterisierung hin und her schwingt und bei dem es lange schwer ist ihn richtig einzuschätzen.

Besonders gut kann der Film seine Stärken jedoch im zweiten Kapitel ausspielen, auch wenn dies recht kurz und schlicht gehalten ist. Das Unwissen über die feindliche Person ergänzt die Beklommenheit geschickt, die sich sowohl in der Protagonistin als auch den Zuschauenden ausbreitet, als diese erkennen, dass die Dame plötzlich in einem dunklen Keller eingesperrt ist, welcher keine Fluchtmöglichkeiten zu bieten scheint. In einem kurz darauffolgenden Dialog fällt unter anderem auf die Aussage hin, dass die Frau niemandem etwas verrät und ihn ja gar nicht beschreiben könnte, der Satz: „Denkst du wirklich, du wärst die Erste, die das sagt?“ Diese Frage sitzt auf den Punk und schafft es die Angst auf ein Maximum zu treiben, da nicht nur die Ausweglosigkeit noch deutlicher wird, sondern plötzlich auch klar wird, dass der Angreifer diese Entführungen nicht das erste Mal vornimmt.

Alone - Du kannst nicht entkommen

Alone – Du kannst nicht entkommen ©2021 Koch Films

Hin- und Hergerissen

In dessen Folge schafft es das Werk immer wieder eine vernünftige Brücke zu schlagen zwischen logischen und sinnigen Handlungen und totaler Hoffnungslosigkeit und Sorge, die sich stets schlüssig erklärt. Zwar ist deutlich erkennbar, dass es sich um einen Low-Budget-Film handelt, doch macht John Hyams absolut das bestmögliche aus seinen Finanzen und bringt sehr rudimentäre Stunts mit ins Spiel, die ordentlich aussehen und alles erfüllen, was der Story zuzumuten ist. Besonders erwähnenswert ist dabei wohl die Flussszene, die an einem tatsächlichen Schauplatz gedreht wurde und bei der es zwar Proben gab, aber immer auch klar war, dass der Fluss unberechenbar bleibt und wenn die entsprechende Darstellerin etwas falsch machen würde, auch Gefahr droht. Diese Sequenz bringt zwar die Handlung nicht wesentlich voran, sorgt aber für eine entsprechende Atmosphäre und schafft Voraussetzungen, die eine weitere Flucht immer schwieriger gestalten würde.

Dabei arbeitet der Regisseur immer wieder gut mit den Kameraeinstellungen und einer intensiven Geräuschkulisse. Durch diese wird die Anspannung stets hochgehalten. Da wir nur wenige Darsteller:innen haben ergeben sich viele Szenen die ohne Dialog auskommen müssen, was jedoch nicht weiter tragisch ist, da so die Möglichkeit geboten wird, dass die Zuschauenden selbst überlegen können, wie sie in einer vergleichbaren Situation reagieren würden und damit eben zumeist den Entschluss fassen dürften, dass man ähnliche Wege gegangen wäre. Erst in Richtung des finalen Kapitels funktioniert dieser Mechanismus nicht mehr, mit der Folge, dass ALONE – DU KANNST NICHT ENTKOMMEN langsam uninteressant wird. Dies ergibt sich vor allem daraus, dass plötzlich das Endergebnis klar und offensichtlich wird und Hyams sich somit in die Reihe der Regisseure einreiht, die einfach keine finalen Konsequenzen aus der Handlung holen, sondern plötzlich auf Friede, Freude, Eierkuchen setzen.

Alone - Du kannst nicht entkommen

Alone – Du kannst nicht entkommen ©2021 Koch Films

Fazit

Überraschenderweise bietet der Film eine unerwartete Intensität und einige gut ausgeformte Spannungsmomente, die letztlich dazu führen, dass es sich um einen durchaus respektablen Thriller handelt. Zwar bekommen weder die Figuren noch die Handlung eine wirkliche Tiefe, doch das braucht es auch nicht, weil eine Situation geschaffen wird, die sich das Publikum bestens vorstellen kann und bei der sich dies mithilfe der recht nahen Kameraführung gegenüber der Protagonistin, sehr identitär auswirkt. Sprich es ist mit Leichtigkeit möglich sich unabhängig der gezeigten Persönlichkeit in die Situation hinein zu fühlen. Leider schafft es der Film jedoch nicht über die gesamte Spieldauer die Anspannung aufrecht zu erhalten und verliert auf der Zielgeraden die Betrachtenden an die Langeweile. Allerdings kann auch gesagt werden, dass es das schwedische Original weitestgehend kein bisschen besser gemacht hat und somit sogar eine deutliche Qualitätssteigerung erkennbar ist.

Unscheinbar und heimlich kommt nun ein Film ins Heimkino, der durchaus auch eine größere Bühne verdient hätte. Wie schon so häufig haben die USA einen ausländischen Film kopiert und zu ihrem Eigen gemacht, diesmal jedoch auf etwas ungewöhnlichere Art und Weise. Basierend auf dem schwedischen Film NIGHT HUNT – DIE ZEIT DES JÄGERS aus dem Jahr 2011 hat Mattias Olsson sich um die Drehbücher des Originals und Remakes gekümmert und somit offenbar versucht dramaturgische Fehler aus dem skandinavischen Werk nun zu beheben. Dies ist ihm auch erstaunlich gut gelungen. Auch wenn der hiesige Film lange Zeit scheinbar eine exakte Parallele bildet, so geht man doch im weiteren Verlauf immer wieder neue Wege, die deutlich mehr Atmosphäre und Glaubwürdigkeit bieten und damit die Spannung hochhalten. Leider jedoch sind beide finalen Szenen relativ ähnlich strukturiert und bieten jeweils kein würdiges Ende. Vielmehr zerstören sie die bedrückende Unterlegenheit der Protagonistin und schaffen eine Art Rachemomentum, welcher das Publikum einfach nicht mehr so richtig mitnimmt. Dennoch bleibt nur zu sagen, dass wirklich gute Szenen geschaffen wurden, die es rechtfertigen sich diesen Film einmal zu gönnen.

Alone - Du kannst nicht entkommen

Alone – Du kannst nicht entkommen ©2021 Koch Films

Schauspieler:in Rolle
Jules Willcox Jessica
Marc Menchaca Man
Anthony Heald Robert
Jonathan Rosenthal Eric
Katie O’Grady Polizistin (Stimme)
Betty Moyer Mutter (Stimme)
Shelly Lipkin Vater (Stimme)
Emily Sahler Catherine (Stimme)
Laura Duyn 911 Operator (Stimme)
Brenton Montgomery 911 Operator (Stimme)
Nico Floresca 911 Operator (Stimme)


Alone (2020) on IMDb