Review Fakten + Credits


Rezension

Gewissermaßen teilt sich Mati Diops Dokumentation über die Rückkehr von 26 Kunstschätzen des Königreichs Dahomey ins heutige Benin in zwei Hälften. Die erste begleitet Aufbewahrung, Transport und Ankunft der von den französischen Kolonialherren geraubten Werke in ihrem Herkunftsland, die zweite stellt Debatten um das materielle Erbe, um die Deutungshoheit und Symbolpolitik in den Vordergrund. Beide Hälften durchdringt die mystische Erscheinung der Kunstwerke, personifiziert in einem enigmatischen Voice Over. Jenes und die konzentrierten Aufnahmen verleihen der überschaubaren Anzahl an zurückgegebenen Stücke, selbst im Vergleich zu all den Tausenden, die sich weiterhin in fremder Hand im Ausland befinden, eine eingehende Präsenz.

eine Frau im weißen Kittel betrachtet ein Artefakt

Dahomey © Les Films du Bal – Fanta Sy

Öffnet sich die Kiste mit den Kunstwerken wieder, nachdem sie in Paris sorgfältig verschlossen wurde, scheinen diese nicht nur von den Menschen in Benin, sondern auch von der Umgebung des westafrikanischen Landes erleichtert willkommen geheißen zu werden. Der ersten halben Stunde des ungewöhnlichen, nur knapp siebzig minütigen Wettbewerbsbeitrags gehört eine Mischung aus Zustandserfassung, nüchternen Kategorisierungen und Monologfetzen, die den Kunstwerken schnell größere Rolle zuweisen, als die lebloser Exponate. Sie sind lebensgroße Erinnerungen an die Ausbeutungsmechanismen der Kolonialzeit, Symbole der andauernden europäischen Inbesitznahme entwendeter Objekte und jahrhundertelanger Geschichte und Kunstwerke, die sich der Film mit Nachdruck wieder aneignet.

eine Podiumsdiskussion unter Studierenden, viele junge Menschen sitzen eng nebeneinander, ein junger Mann meldet sich

Dahomey © Les Films du Bal – Fanta Sy

Dass im Vergleich zu den weiterhin im Ausland ausgestellten Werken nur ein Bruchteil des materiellen Kulturerbes nach Benin zurückgekehrt ist, ist Teil der anknüpfenden Diskussionsrunden an der Universität von Abomey-Calavi. Die Wortkargheit der ersten Hälfte weicht Ausschnitten von hitzigen Debatten der Student*innen, die in der Kürze der Laufzeit nur Einblick in die Komplexität der postkolonialen Diskurse geben können. Aufgewühlt reflektieren die jungen Menschen in gekürzt eingefangenen Redebeiträgen Rolle und Nachwirken Frankreichs kolonialer Vergangenheit, den Stellenwert der Exponate und Museen sowie die weiße Deutungshoheit über Bildung und Kulturpflege. In 67 Minuten porträtiert DAHOMEY den Zwischenstand, vielleicht auch nur den Beginn, eines entschädigenden Prozesses, der mit der Auslieferung von 26 Kunstwerken noch längst nicht abgeschlossen ist. Und dennoch keimt Hoffnung in einem harmonisch ausgelegten Ende.

Fazit

Erst wortkarg und mystisch aufgeladen, dann diskussions- und konterfreudig inszeniert Mati Diop ihren kleinen, prägnanten Dokumentarfilm DAHOMEY zwischen Kulturpflege, Wiederaneignung und Appell.

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Originaltitel Inside
Kinostart 9.3.2023
Länge: 85 minuten
Produktionsland Belgium
Genre: Thriller | Drama
Regie Vasilis Katsoupis
Executive Producer Vasilis Katsoupis | Jim Stark | Konstantinos Kontovrakis | Charles E. Breitkreuz | Martin Lehwald | Jean-Claude Van Rijckeghem | Stephen Kelliher
Producer Giorgos Karnavas | Marcos Kantis | Dries Phlypo
Kamera Steve Annis
Visual Effects Martin Jurado | Antonis Kotzias
Musik Frederik van de Moortel
Cast Willem Dafoe, Gene Bervoets, Josia Krug, Eliza Stuyck, Andrew Blumenthal, Vincent Eaton, Daniel White, Cornelia Buch, Ava von Voigt, Youl Samare

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