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Darum geht es
Das Blau des Kaftans Filmstill

Das Blau des Kaftans ©2023 Arsenal Filmverleih

Seitdem der junge Lehrling Youssef in der traditionelle Schneiderei von Halim und Mina arbeitet, fühlt sich der erfahrene Kunsthandwerker zerrissen zwischen der Zuneigung und Verantwortung gegenüber seiner schwerkranken Frau und seinen unterdrückten Gefühlen für Youssef. Auch Mina entgeht die besondere Beziehung der beiden nicht und bringt sie in einen eigenen Zwiespalt.

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Rezension

Die Liebe zu einem kulturellen Handwerk und die besonderen Herausforderungen zwischenmenschlicher Beziehungen unter den rigorosen Moralgesetzen ihres Heimatlandes stand bereits im Mittelpunkt Maryam Touzanis nuancierten Spielfilmdebüts. In ihrer zweiten Kinoarbeit beweist die marokkanische Regisseurin und Drehbuchautorin erneut ihr Gespür für gleichermaßen differenziert ausgearbeitete Charakter- und Szenenbildner. Zweite entfalten ihren Reiz nicht nur durch die in warme Sepiatöne getauchten Kompositionen, sondern die subtile Verknüpfung von Sehnsucht, Sinnlichkeit und Symbolik. Das markanteste dieser Sinnbilder ist das titelgebende Gewand, das der spezialisierte Schneider Halim (Saleh Bakri) mit seinem neuen Lehrling Youssef (Ayoub Messioui) in der mit Gattin Mina (Lubna Azabal) geführten Ladenwerkstatt anfertigt.

Das Blau des Kaftans Filmstill

Das Blau des Kaftans ©2023 Arsenal Filmverleih

Die Tradition, die der mit seinen queeren Neigungen ringende Hauptcharakter durch sein aussterbendes Handwerk bewahr und an Youssef weitergibt, zwingt ihn zugleich zur Unterdrückung seiner gesetzlich kriminalisierten und gesellschaftlich geachteten Gefühle. Die Motive Loslassen und Akzeptanz spiegeln sich in Minas fortschreitender Krankheit, die Raum für eine unerwartete Gemeinschaft eröffnet. Das Schneidern eines kostbaren Gewands illustriert hier den Aufbau eines alternativen Miteinanders, das ebenso viel Fingerspitzengefühl, Geduld und Hingabe erfordert. Vorsichtige Gesellschaftskritik richtet die empathische Story nicht gegen Glaubenskonzepte, sondern die invasive Kontrolle eines korrupten Systems. Dessen anhaltende Diskriminierung lässt selbst den zaghaften Neubeginn der bravourös gespielten und inszenierten Beziehungsstudie utopisch scheinen.

Fazit

Jede der eleganten Einstellungen ist so kunstvoll konzipiert wie das traditionelle Gewand, das zum Schlüsselelement Maryam Touzanis melancholischer Ménage à trois wird. Die Widersprüche des Gefühls stehen in unterschwelliger Analogie zu den Widersprüchen gesellschaftlicher Moralgebote. Letzte verbergen sich hinter der Angst vor dem Tod, der Liebe und dem Leben, die das exzellent dargestellte Figuren-Trio überwinden muss. So schließt mit dem Ende zugleich ein Neuanfang das ästhetisch und erzählerisch gleichsam bestechende Drama, dessen Oscar-Nominierung ein prägnantes politisches Signal setzt.

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