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Netflix, Prime Video, WOW (vormals Sky Ticket), Disney Plus, Paramount Plus, MUBI – die Liste der populären Streaminganbieter wächst von Jahr zu Jahr und bietet dem Konsumenten ein schier unendliches Spektrum an Möglichkeiten des Film- und Seriengenusses. Alles ist zu jeder Zeit abrufbar und kann unendlich oft mit der Familie oder alleine geschaut werden. Zudem fungieren Streaminganbieter nicht mehr ausschließlich zum Vertrieb der Produkte, sondern produzieren selbst neue, manchmal exklusive Stoffe, die nirgendwo anders erhältlich sind. Kann das Kino da noch mithalten oder erleben wir nun die sukzessive Vernichtung dieser Kulturinstitution?

Video-on-Demand – was ist das eigentlich?

Die Möglichkeit Videoinhalte im Internet gegen eine Gebühr abzurufen wird als Video-on-Demand bezeichnet. Hierbei gibt es verschiedenen Formen. Am bekanntesten ist mittlerweile der SVoD (Subscription-Video-on-Demond) Bereich, bei welchem die konsumierende Person ein Abonnement abschließt und gegen eine monatliche oder jährliche Gebühr auf einen großen Pool an Inhalten zugreifen kann. Die Anbieter werden häufig auch als Streaminganbieter bezeichnet. Darunter zählen beispielsweise Netflix, Prime Video, Disney Plus und auch WOW, die teilweise mit immer neuen Angeboten, wie sie beispielsweise HIER zusammengefasst werden, in den Konkurrenzkampf eintreten und um die Userhoheit ringen.

Aber es gibt auch andere Abrufarten. So wächst derzeitig der Markt von AVoD (Advertised-Video-on-Demand) rasant. Hier werden Inhalte komplett kostenlos zur Verfügung gestellt. Im Gegenzug müssen die Konsumenten jedoch Werbung vor, nach oder sogar während des Streamings akzeptieren (Netzkino und Freevee sind prominente Vertreter). Weitere Arten sind DTR (Download-to-Rent), also eine begrenzte Leihe eines Inhalts gegen eine Gebühr; TVoD (Transactional-Video-on-Demand) bzw. PPV (Pay-per-View), also eine einmalige Sichtungsmöglichkeit gegen eine Gebühr; EST (Electronic-Sell-Through), also zeitlich unbeschränkte gekaufte digitale Inhalte; KoD (Kino-on-Demand) – Kinofilme werden zeitnah online angeboten und die entsprechenden Kinos verdienen anteilig mit. Somit bekommen wir schon an dieser Stelle ein erstes Indiz, welches zeigt, dass Kino neue Vertriebswege für sich findet und nutzt, um auch künftig wettbewerbsfähig zu bleiben.

Diagramm Verteilung von Heimkino und Kino Einnahmen

Der Home Video Markt ©2023 GFK im Auftrag der FFA

Wachsender Streamingmarkt – Aus für das Kino?

Seit Netflix 2007 in das SVoD Geschäft eingestiegen ist und 2014 auch in Deutschland den Grundstein für den Konsum von Onlinefilmen gelegt hat, haben sich mehr als 30 Streaminganbieter gegründet. Die FFA  (Filmförderungsanstalt in Deutschland) verzeichnet seit 2015 die Ausgaben der deutschen Bürger*innen für SVoD Angebote, die sich anfangs noch auf 228 Millionen Euro beliefen und mittlerweile auf 2,329 Milliarden Euro Umsatz (Stand 2022) angewachsen sind. Rund zwei Milliarden Euro Unterschied in nur sieben Jahren wecken den allgemeinen Irrglauben, dass das Publikum sich zunehmend dem Heimkino widmet und die deutschen Kinos auf eine große Insolvenzwelle zusteuert.

Diagramm über die Entwicklung von Kinobesucherzahlen

Besucherzahlen in Deutschland ©statistiker-blog.de

Doch dem ist nicht so. Tatsächlich entsteht gerade eine erfolgreiche Koexistenz. Zwar gab es 1956 noch rund 817 Millionen Kinobesuche pro Jahr und 2022 gerade einmal 78 Millionen verkaufte Tickets, jedoch sind diese beiden Zahlen allein nicht aussagekräftig. In den Folgejahren nach 1956 gelangte der Fernseher zunehmend auch in die heimischen vier Wände. Doch ab etwa 1975 pegelten sich die Publikumszahlen auf rund 115-150 Millionen Besucher pro Jahr ein. Diese Werte haben bis heute bestand und wurden lediglich durch die ersten staatlichen Langzeitkinoschließungen der Geschichte im Jahr 2020 im Zuge der Covid-19 Pandemie noch einmal radikal gesenkt. Während 2020 gerade einmal 38 Millionen Tickets verkauft wurden, sind es 2022 schon wieder 78 Millionen mit einem anhaltend steigenden Trend. Es ist damit zu rechnen, dass 2023 erstmalig wieder an Vor-Covid-Zeiten anknüpfen kann.

Wer kämpft gegen wen?

 

Wichtig dabei ist auch ein Blick auf die Umsatzzahlen zu werfen. Erkennbar ist nämlich, dass trotz scheinbaren Besucherrückgangs in gewissen Intervallen die Umsätze des gesamten Kinomarktes in Deutschland stetig steigen. War beispielsweise das Jahr 2001 mit einem Gesamtgewinn von über einer Milliarde Euro noch eine überraschende und einmalige Ausnahme, so sind zwischen 2012 und 2019 gerade einmal zwei Geschäftsjahre dabei gewesen, die nicht die magische Milliardengrenze geknackt haben. Mit rund 720 Millionen Euro Umsatz hat das noch immer Coronageschwächte Jahr 2022 sogar knapp die Gewinne von 2005 verpasst, die sich auf 738 Millionen Euro beliefen.

Einen Nutzungseinbuch erfuhr das Streaminggeschäft durch die Pandemie nicht – im Gegenteil. Es entstand ein rasantes Wachstum. Betrachten wir einmal die Gesamtumsatzzahlen aller Kino- und Heimkinoeinnahmen, so sind zwei Dinge wesentlich erkennbar: (1) in den letzten 20 Jahren sind die Gesamtumsätze konstant gestiegen, in den letzten 5 Jahren sogar rasant und (2) der DVD und Blu-ray Markt ist massiv eingebrochen. Es ist also ein deutlicher Trend erkennbar, dass das Filmpublikum nicht zwischen Heimkino oder Kino entscheidet, sondern eine Koexistenz existiert bei der die Konsumierenden sowohl ins Kino gehen als auch Streamingangebote nutzen. Gleichzeitig ist jedoch bedauerlich, dass das physische Medium nun ausgedient hat und die Verkaufszahlen von Filmen auf Scheibe kaum noch erwähnenswert sind.

Tabelle Kino- und Filmergebnisse 2022 von der FFA

Kino- und Filmergebnisse 2022 ©FFA

Abschlussgedanken

Filme wie TOP GUN 2: MAVERICK und AVATAR 2: THE WAY OF WATER mit weit über einer Milliarde US-Dollar Einspielergebnis zeigen ganz klar, dass das Kino noch lange nicht am Endpunkt angelangt ist. Eine durch Corona bedingte schwere Phase liegt hinter der Filmbranche und hat einigen Unternehmen schwer zu schaffen gemacht. Dennoch ist klar ersichtlich, dass in Deutschland gerade einmal acht Kinounternehmen in den vergangenen drei Jahren schließen mussten, was teilweise nicht einmal in den finanziellen Einbußen der zwanghaften Auszeit begründet liegt.

Dennoch ist aber noch immer eine deutliche Vorsicht bei den Kinogästen erkennbar und es wird noch einige Zeit dauern, bis die Besucher- und Umsatzzahlen wieder auf ein ursprüngliches Niveau zurückkehren können. Besonders die Ergebnisse von 2023 werden richtungsweisend sein. Das Kino wird in jedem Fall weiter existieren, doch ein Trend aus den vergangenen Jahren zeigt, dass das Kinoerlebnis immer exklusiver wird, die Preise steigen und ausverkaufte Säle, wie wir sie früher einst kannten, anders ausschauen.

Parallel dazu entwickelt sich der Streamingmarkt in seiner Gesamtheit hervorragend. Trotzdem entstehen auch hier zunehmend Schwierigkeiten, weshalb beispielsweise Netflix rückläufige Nutzungszahlen verzeichnet. Ein Indiz kann die immer stärker werdende Konkurrenz sein, da mittlerweile die großen Filmverleihe alle ein eigenes Portale an den Markt gebracht haben und daher Anbietern wie Netflix und Prime Video diverse Filmrechte nicht mehr zur Verfügung stehen. Gleichzeitig wirft ein Blick in die Zukunft viele Fragen auf, da es für die Konsumenten schwer ist unzählige Anbieter gleichzeitig zu abonnieren und monatlich in der Gesamtheit weit über 100 € zu investieren.


Quellen

[1] Grafik “Der Home Video Markt”: Der Home-Video-Markt im Jahr 2022, herausgegeben von der FFA, abgerufen am 14.05.2023

[2] Grafik “Besucherzahlen in Deutschland”: Diagramm von www.statistiker-blog.de, zu finden: http://www.statistiker-blog.de/archives/filmbesuche/2512.html, abgerufen am 14.05.2023

[3] Grafik “Kino- und Filmergebnisse 2022”: Statistik herausgegeben von der FFA, abgerufen am 14.05.2023