FilmkritikIn KürzeDarsteller:innen und RollenDas sagen die Kolleg:innen
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Originaltitel: Fukushima 50
DVD/Blu-ray – Release: 11.03.2021

FSK 12

FSK 12 ©FSK

Länge: ca. 122 Minuten
Produktionsland: Japan
Regie: Setsurô Wakamatsu
Schauspieler:innen: Ken Watanabe | Angelo Minoru Kawajiri | Kôichi Satô
Genre: Drama | Katastrophenfilm
Verleih: capelight pictures

Fukushima

Fukushima ©2021 capelight pictures

Am Tag der Veröffentlichung dieser Blu-ray ist es exakt 10 Jahre her, seit sich in der Region Tohoku ein folgenschweres Erdbeben ereignete, dass ganze Landstriche für immer verändern würde. Als Folge davon rollten Tsunamiwellen von etwa 13 bis 15 Meter in Richtung des Kernkraftwerks Fukushima Daiichi und lösten eine Reihe von Unfällen, menschlichen Versagens und technischen Pannen aus. Einerseits wurde die Stromzufuhr im Kraftwerk unterbrochen, woraufhin sich weitestgehend alle Notstromaggregate anschalteten. Alle sechs Reaktorblöcke schalteten zudem auf Notkühlung um. Diese jedoch reicht nicht aus, um die nötige Leistung zu erbringen, die für entsprechende Brennstäbe benötigt wird. Letztlich resultierte aus diesem Drama eine Kernschmelze in drei der Reaktorblöcke sowie der Austritt von radioaktiver Emission, wie wir sie schon aus Tschernobyl kennen. Allerdings beschränkte sich dies hier auf „lediglich“ zehn bis 20 Prozent der Menge, was dennoch dafür sorgte, dass rund 150.000 Einwohner zeitweise oder gar für immer das Gebiet verlassen mussten.

Regisseur Setsurô Wakamatsu nahm sich dieser Thematik nun an und versuchte in einem Gemisch aus Katastrophenfilm, Dokumentation und Drama (ähnlich eines Mockumentarys) die Ereignisse aufzuarbeiten und womöglich auch Schuldige für diese schrecklichen Entwicklungen ausfindig zu machen. An seine Seite holte er sich den namhaften Darsteller Ken Watanabe, der bereits in vielen großen internationalen Werken Auftritte hatte, wie zum Beispiel ISLE OF DOGS, BATMAN BEGINS, TRANSOFRMERS oder dem Meisterwerk LETTERS FROM IWO JIMA. Neben ihm gibt es aber noch einige weitere japanische Schauspieler, die bereits vielfach auf der Leinwand zu sehen waren, sich jedoch eher im lokalen Markt durchsetzen konnten.

Darum geht es…

FUKUSHIMA erzählt aus mehreren Perspektiven die Geschehnisse rund um den 11. März 2011 in Fukushima. Dabei werden vor allem die Rollen des Kraftwerkleiters Masao Yoshida, des Schichtleiters Toshio Isaki sowie Reaktionen der Regierung beleuchtet. Der Film setzt unmittelbar mit der Katastrophe ein und zeigt uns in einem kurzen Ausschnitt das Beben und wo es entstanden ist, um daraufhin in die Kontrollstation zu schneiden. Ab da an ereignen sich immer neue Katastrophen, die es für die verschiedenen Krisenteams zu bewältigen gilt. Vor allem wir dabei ein Fokus geworfen auf die 50 in der Anlage verbliebenen Männer, die sich fünf Tage lang nach bestem Wissen und Können dafür einsetzen, jegliche absehbare Entwicklungen zu verhindern und nicht nur die Reaktoren zu retten, sondern vor allem auch die umliegende Bevölkerung. Es beginnt ein Kampf gegen die Zeit, ein Kampf gegen die Natur und ein Kampf gegen höhere Gewalten.

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Rezension

Die Befürchtungen im Vorherein waren groß, dass hier eine heldenhaft patriotische Geschichte gezeigt wird oder eine gar völlig absurde Ausartung der eigentlich dramatischen Ereignisse. Nicht selten haben uns asiatische Filme zuletzt diese beiden Herangehensweisen präsentiert und sich damit nicht immer nur Freunde gemacht. Gerade bei einem sensiblen Thema wie solchen Katastrophen ist eine Verschandelung zugunsten einer spektakuläreren Handlung ein Mittel, welches fast schon taktlos wirken könnte. Glücklicherweise bekommen wir jedoch all dies nicht. Viel mehr versucht der Film tatsächlich, ähnlich wie schon zuvor erwähnt, inhaltlich korrekt die Geschehnisse aufzuarbeiten und nimmt dabei auch Kritik an diversen Krisenstäben und Persönlichkeiten, auch wenn diese fast schon untergeht im Zuge der vielen Ereignisse. Diese hätte wohl noch deutlich detaillierter, zeitgleich aber auch recherchierter aufgearbeitet werden und einfließen können. Doch da das Werk keinen Hehl daraus macht ein Spielfilm zu sein, ist dies wohl verzeihlich.

Fukushima

Fukushima ©2021 capelight pictures

Recht früh wird natürlich deutlich, dass dies ein regelrechtes CGI Feuerwerk ist. Erste Anzeichen zeigen sich schon während der Erdbebenandeutung und in dessen Folge beim Aufbau der Tsunamis. Dennoch wurde genau darauf geachtet, die Indikatoren für diese Gefahr herauszuarbeiten und einfließen zu lassen. Da die anfänglichen Szenen alle mit oder gar im Wasser spielen, wirkt auch der Schnitt in die Schaltzentrale im Kraftwerkskomplex, als ob das Publikum auf die Brücke eines U-Boots verfrachtet wurde. Dunkelheit und bedrückende Enge scheinen die ersten Minuten zu prägen und werden im Laufe des Films noch öfter Einfluss in die Geschichte finden.

Im Wechselbad der Filmgefühle

Schauspielerisch bleibt nicht all zu viel zu erwarten, was vor allem daran liegt, dass wir ständig den üblichen Kastastrophenfilmcharakter über dem Werk schweben haben. Daraus resultierend ist die Mimik der Darsteller:innen stets verängstigt und angespannt, wenn sie überhaupt sichtbar ist und sie nicht gerade unter einem blickdichten Strahlenanzug stecken. Dennoch verkörpern vor allem Ken Watanabe und Koichi Sato zwei Figuren, die sympathisch in Szene gesetzt werden und ersterer schafft es bestechend gut die Verzweiflung deutlich zu machen. Abseits dieser Beiden sieht doch tatsächlich alles recht inszeniert und einstudiert aus. Leider haben gerade japanische Filme öfter einmal diesen Charakter.

Fukushima

Fukushima ©2021 capelight pictures

In Erinnerung bleibt FUKUSHIMA jedoch vor allem wegen des eigentlich ernsten Themas, welches scheinbar in Deutschland immer nur zweitrangig aufgegriffen wurde, weshalb viele Einzelheiten in der Berichterstattung ausgeblieben sind. Hierin wird nun ein wenig mehr Klarheit geschaffen und gleichzeitig eine emotionale Ebene geöffnet für die dort arbeitenden Personen, die im Bewusstsein des baldigen Todes oder einer schweren Strahlenkrankheit sich aufopferten. Zwar ist nur wenig von der Dankbarkeit gegenüber diesen Menschen zu spüren, doch wird recht klar, welche Wichtigkeit hinter ihrer Aufgabe stand und vor allem wie gut sie diese im Angesicht totalen Versagens der Behörden, Regierung und Inhabern des Kraftwerks, meisterten. Diese kleine Hommage wird gekrönt von einem emotionalen Schlusspunkt. Zwar wurde auch zwischenzeitlich versucht die persönliche Ebene der Darsteller:innen aufzugreifen durch Schnitte zu den Familienangehörigen, doch ist dies letztlich nur mäßig gut gelungen.

Noch heute eine riesige Katastrophe

Ebenfalls zu kämpfen hat das Werk mit der Optik. Auch hier folgt der Film üblichen asiatischen Mustern, die mehr zeigen wollen, als es offenbar das Budget hergibt. Nicht nur, dass viele Sequenzen in der Dunkelheit ablaufen und dadurch teilweise Handlungen nur zu erahnen sind, auch zeigen sich immer wieder Schwierigkeiten mit den Spezialeffekten. Diese sind zwar recht rar gesät, fallen aber dann doch eher unangenehm ins Auge – insbesondere, wenn wieder einmal an irgendeiner Stelle etwas explodiert.

Fukushima

Fukushima ©2021 capelight pictures

Schlussendlich sei noch darauf hingewiesen, dass die letzten Sequenzen des Films einen scheinbar realen Einblick in die Anlage liefern, wie sie im Jahre 2014, also drei Jahre nach der Katastrophe ausschaute. Offenbar ist diese jedoch gut gesichert, weshalb keine näheren Aufnahmen getätigt werden konnten. Zudem ist womöglich sogar das Filmen verboten wurden, denn alle Bilder stammen sichtlich aus einem vorbeifahrenden Auto. Unter anderem bekommen wir dabei auch den zu diesem Zeitpunkt aktuellen und immer noch äußerst hohen Strahlenwert gezeigt, um eine Vorstellung für die Dimensionen des Unglücks zu erhalten. Auch ein kurzer Blick zurück in den Juni 2010 durfte nicht fehlen, zu dem Zeitpunkt, an dem der Betriebsleiter seinen Job aufgenommen hat. Im Abspann sehen wir zudem ein weiteres Konvolut an Bildern, welche eindrucksvoll die Tragik unterstreichen. Dieses Finale hat den Film FUKUSHIMA noch einmal deutlich aufgewertet, da somit der reale Background noch einen angemessenen Einfluss erhielt.

Fukushima

Fukushima ©2021 capelight pictures

Fazit

Auch wenn FUKUSHIMA üblichen Konventionen von Katastrophenfilmen zu folgen scheint, hebt er sich doch irgendwie ein wenig von der breiten Masse ab. Dies begründet sich vor allem darin, dass die Handlung scheinbar dokumentarisch versucht wird aufzuarbeiten. Erkennbar ist deutlich das schmale Budget, was dem Werk zu Grunde lag, denn optisch zeigen sich doch vor allem in den Spezialeffekten einige Schwächen. Ein Unterhaltungswert ist nur schwer herauszuarbeiten, da die Tatsache der realen Geschehnisse stets einen Schatten über das Werk wirft, ähnlich wie wir es damals schon bei Filmen wie WORLD TRADE CENTER zu sehen bekamen. Relativ ähnlich ist auch der hiesige Film ausgerichtet, auch wenn hierbei weniger Wert auf die Ausfeilung der einzelnen Protagonisten gelegt wurde. Scheinbar wird zudem auch Gesellschafts- und politische Kritik geübt, doch verpufft diese immer wieder und weist viel zu wenig Biss auf.

Bei diesem Filmtitel kommt uns allen doch sofort eine Erinnerung in den Kopf: Eine folgenschwere Kernkraftwerk-Katastrophe, die sich vor noch nicht all zu langer Zeit in Japan ereignet hat. Genau damit beschäftigt sich auch dieses Werk, auch wenn nicht so recht klar wird, ob es sich hierbei um einen Spielfilm und somit einen Katastrophenfilm, ein Familendrama oder gar eine dokumentarähnliche Aufarbeitung (quasi ein Mockumentary) handeln soll. Eindeutig jedoch erkennbar ist, dass dies eine Katastrophe ist, die die Menschen langfristig geprägt hat und sich sogar auf die diesjährigen olympischen Sommerspiele niederschlägt, welche deshalb zumeist mit Kritik übersäht werden. Während optisch der Film wieder einmal weit hinter seinen Möglichkeiten bleibt und simultan zu anderen asiatischen Werken gerade in den Spezialeffekten seine Schwierigkeiten aufweist, ist es doch vor allem die Dramatik um die realen Ereignisse, die der Geschichte zu Grunde legen, die den Film so brisant und interessant gestalten. Auch die Kritik an der Regierung und entsprechenden Krisenstäben macht neugierig auf mehr Hintergrundrecherche, auch wenn diese letztlich doch hierin etwas mager ausgefallen ist. Eindrucksvoll werden dennoch die Geschehnisse noch einmal in einen konkreten Zeitablauf gesetzt und zudem ein Blick geworfen, wie es noch heute in der Region aussieht und mit welchen Langzeitfolgen diese zu kämpfen hat. Letztlich also ein sehr durchwachsener Film, der aber dennoch seine guten Momente aufweist und einen gewissen Anteil an Pathos mitbringt.

Fukushima

Fukushima ©2021 capelight pictures

Schauspieler:in Rolle
Ken Watanabe Masao Yoshida
Angelo Minoru Kawajiri Daiichi Nuklearkraftwersmitarbeiter
Kôichi Satô Toshio Izaki
Takumi Saitoh Dai Takizawa
Yasuko Tomita Tomoko Izaki
Tomorô Taguchi Kazuhiko Fukuhara
Mark Chinnery
Yuri Nakamura Kana Maeda
Justin Leeper Nachrichtensprecher (Stimme)
Shirô Sano Primierminister
Masane Tsukayama Keizo Izaki
Hidetaka Yoshioka Takumi Maeda
Riho Yoshioka Haruka Izaki
Masato Hagiwara Kazuo Igawa
Narumi Yasuda Mari Asano


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