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Originaltitel: Hot Summer Nights
DVD/Blu-ray – Release: 25.03.2021

FSK 16

FSK 16 ©FSK

Länge: ca. 107 Minuten
Produktionsland: USA
Regie: Elijah Bynum
Schauspieler:innen: Timothée Chalamet | Maika Monroe | Alex Roe
Genre: Komödie | Krimi | Drama | Romanze
Verleih: Koch Films

Hot Summer Nights

Hot Summer Nights ©2021 Koch Films

Wenn ein eher unscheinbares Logo bereits im Vorspann für leuchtende Augen bei Film- und Kinofans sorgt und gleichzeitig freudige Erwartungen schürt, kann es eigentlich fast nur an einem Label liegen. A24 hat sich seit seiner Gründung 2012 von einem Geheimtipp zu einem der bedeutsamsten Independent Filmstudios gemausert und widmet sich Filmemacher*innen, die vor Ideenreichtum strotzen, die Vielfältigkeit des Lebens feiern und zugleich häufig eine künstlerische Gestaltung darbieten, die so manch anderer Film vermissen lässt.

Im Angesicht der schillernden 80er Jahre, scheint das bereits 2017 erschienene Regie und Langfilmdebüt von Elija Bynum „Hot Summer Nights“ in das Portfolio des Studios zu passen wie die Faust aufs Auge. Das Crime-Drama, welches gleichzeitig auch als perfekt durch stilisierte Coming-of-Age Romanze durchgehen könnte, zeigt sich im Verlauf von seiner (nahezu) besten Seite.

Hot Summer Nights

Hot Summer Nights ©2021 Koch Films

Was man von Daniel Middleton (Timothée Chalamet) hingegen erstmal nicht behaupten kann. Nach dem schmerzlichen Verlust seines Vaters, hat sich der Jugendliche mehr und mehr zurückgezogen und verbringt seine beginnenden Sommerferien einfach allein in seinem Zimmer. Seine Mutter schickt ihn jedoch kurzum zu seiner Tante nach Cape Cod. Ein beschaulicher, gepflegter Ort am Strand, der hinter der perfekt spießigen Fassade allerdings mit seiner Ausgelassenheit, seinen Partys und den scheinbar unumgänglichen Drogen für die „Hot Summer Nights“ wie gemacht zu sein scheint. Kurz nach seiner Ankunft lernt Daniel ganz zufällig Hunter Strawberry (Alex Roe) kennen, dessen selbstbewusste, draufgängerische und fast schon geheimnisvolle Persönlichkeit gewaltig Eindruck hinterlässt. Die Faszination und Bewunderung ist groß, und so zögert Daniel kaum, als ihn der Vorschlag ereilt mit in den Drogenhandel einzusteigen. Schnell erleben die beiden einen Höhenflug der Arroganz und Selbstüberschätzung, denn die Geschäfte florieren. Jedoch hat diese Art des Erfolgs auch seine Schattenseiten, denn schon bald sitzt ihnen die örtliche Gang im Nacken und dann wäre da ja auch noch Hunters Schwester McKayla (Maika Monroe) …

Hot Summer Nights

Hot Summer Nights ©2021 Koch Films

Ein introvertierter Jugendlicher, der während des heißen Sommers, unterlegt von einer 80er Hitplaylist, die Transformation zu einem selbstsicheren, wenn gleich vielmehr sich selbst überschätzenden jungen Mann vollzieht, der sich ganz nebenbei auch noch in das hübscheste Mädchen der  Stadt verliebt: Klischee? Nun ja, zumindest nicht ganz so wie es Daniel zu Beginn abfällig äußert. Sicherlich spielt „Hot Summer Nights“ mit einer gewissen Klischeehaftigkeit, wenn man sich die beteiligten Figuren ansieht: der sagenumwobene und trotzdem ultracoole Drogendealer Hunter, der Polizist der nur darauf wartet, selbigen Kleinkriminellen das Handwerk zu legen, oder auch das stadtbekannte, aber zugleich unnahbare Mädchen, dessen bisherige Partner alle frühzeitig das zeitliche segnete. Trotz mehr oder minder bekannter Charaktertypen, etabliert der Erstlingsfilm von Regisseur Bynum eine stimmige Atmosphäre die die Genre Ausrichtung des Coming-of-Age kaum treffender porträtieren könnte. Verankert im Jahr 1991, ist die Szenerie deutlich geprägt von den vergangenen 80er Jahren, befindet sich aber mit deutlichen Zeichen im Umbruch in eine neue Zeit. Und genauso ergeht es dem Protagonisten, der sich, im übertragenen Sinn, irgendwo zwischen nicht mehr und noch nicht befindet, und den Dingen die auf ihn zu kommen, natürlich kaum gewachsen ist. Wenn nämlich Baby Puder zu einem vermeintlichen (wenn auch sehr kurzem) Supertrip wird, entblößt es die Unerfahrenheit, die Unsicherheit und Verletzlichkeit von Daniel, der sich den großen Herausforderungen des Lebens, auf sehr unkonventionelle Weise versucht zu nähern und nur mit McKayla das Jugendleben schnuppert, das ihm bevorstehen könnte und sicherlich im Angesicht der Gefahr in die er vollster Inbrunst hineinschlittert, die bessere Wahl gewesen wäre.

Hot Summer Nights

Hot Summer Nights ©2021 Koch Films

Der Regisseur gestaltet die Szenen mit der unnahbar wirkenden McKayla nicht nur mit gewissem Sexappeal, einem Gefühl von zarter, knisternder Verführung und dezenter Erotik, die sich beispielsweise unerwartet in einem Kaugummi und einem Lolli manifestiert, sondern auch mit  Leichtigkeit und Unbeschwertheit. Wenn dazu eben auch noch die markanten Songs im Hintergrund laufen, die Kamera sich durch die wabernde Hitze eines noch warmen Sommertags unter funkelnden Neonlichtern und Feuerwerk hindurch windet, schafft es „Hot Summer Nights“ gerade mit den Momenten die Zuschauer*innen zu beglücken. Denn der Plot selbst bietet kaum überraschendes und schon bevor der Sturm seinen Zenit erreicht und die Welt in Chaos versinken lässt, zeigt sich die grinsende Fratze des Schicksals und lacht den zum scheitern Verurteilten ins Gesicht. Diese Gewissheit des Scheiterns unter dem ursprünglichen Deckmantel einer Welt, die den jungen Männer zu Füßen liegt, wird von einem Voiceover begleitet, dessen Sprecher kaum erklärbaren Bezug zu den Protagonisten hat. Bis zum Schluss darf also durchaus gerätselt werden, wie viel von dem was das Publikum zu sehen bekam, wirklich passiert ist, vielleicht nur der Phantasie eines 13-jährigen Erzählers oder gar den städtischen Gerüchten und Lügenkonstrukten entsprang.

Hot Summer Nights

Hot Summer Nights ©2021 Koch Films

FAZIT

„Hot Summer Nights“ ist wie eine schnell aufblühende Liebe, unter der schmerzhaften Gewissheit der Vergänglichkeit, der riskanten Unbedarftheit und der nebelartigen Gefahr von voreiliger Selbstüberschätzung. Chalamet und Monroe bewegen sich dabei leichtfüßig durch einen Film, der mit seiner Ästhetik zu einem unterhaltsamen und schillernden Kaleidoskop der Popkultur wird.

Schauspieler:in Rolle
Timothée Chalamet Daniel
Maika Monroe McKayla
Alex Rose Hunter
Emory Cohen Dex
Thomas Jane Sergeant Calhoun
Maia Mitchell Amy
William Fichtner Shep
Jeanine Serralles Daniels Mutter
Reece Ennis Okie
Jack Kesy Ponytail
Thomas Blake Jr. Taylor Middleton
Alexander Biglane Blair Prescott
Shane Epstein Petrullo Erzähler
Rawann Gracie Erzähler
Rebecca Koon Tante Barb


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