Review Fakten + Credits


Rezension

Dass sich die Zeit, auf der der deutsche Begleittitel von Julien Colonnas Spielfilmdebüt anspielt, nur als äußerst flüchtig erweist, ist angesichts der väterlichen Hauptfigur keine große Überraschung. Jene hält als untergetauchter Mafiaboss allerhand Fäden in der Hand, von denen seine Tochter, die aus ihrem Alltag beim Rest der Familie gerissen wird und zu ihm in eine abgelegene Villa stößt, nur vage etwas ahnen kann. KINGDOM – DIE ZEIT, DIE ZÄHLT folgt der noch unausgereiften Vater-Tochter-Beziehung vor dem Hintergrund eines korsischen Sommers Mitte der 1990er Jahre. Und mit ihr einem aufgewühlten Teenagerleben, das von der Arbeit ihres Vaters und stetig anschwellender Gewalt eingeholt wird.

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Letztere tritt für die junge Lesia (Ghjuvanna Benedetti) erst nach und nach in Erscheinung. Vorher ist es vor allem das Tuscheln und Raunen jener Männer, die sich um ihren Vater (Saveriu Santucci) scharen, welches sie stillschweigend zur Kenntnis nimmt. Jener, die sich mit dem Vater am Tisch über die aktuelle Lage austauschen, die aufmerksam die Nachrichten verfolgen, die ihr gegenüber wortkarg, aber immer freundlich sind. Und damit auch sinnbildhaft für ihr Erleben und Gesehenwerden als Teenagerin stehen: in sie hineinversetzen, kann sich keiner der Erwachsenen; geschweige denn, es wird überhaupt versucht.

In das Durcheinander an Gefühlen, das Ghjuvanna Benedetti trotz gefasster Darstellung immer mal auflodern, der Film aber nie richtig frei vom Haken lässt,  stoßen die Auswirkungen der mafiösen Verstrickungen. Diese reichen weitaus tiefer als bloße Kontakte zu zwielichtigen Geschäften, sind im Film aber nur vage ausgearbeitet. Im Vordergrund stehen, – auch der Perspektive seiner jungen Hauptfigur geschuldet – statt tiefere Blicke in die Strukturen oder Vergangenheit des Clans vor allem Momente des Wartens, zusammenfallende Lügengebilde, eine Flucht und natürlich die wachsende Eltern-Kind-Beziehung zwischen einer jungen Frau und einem Mafiapatriarchen.

Mehrere Personen sitzen an einem dunklen Holztisch, auf dem Gläser und Teller stehen. Eine junge Frau mit langem, braunem Haar und weißem Oberteil steht am Tisch und reicht etwas an eine sitzende Person weiter. Die Umgebung ist schwach beleuchtet. [erstellt mit KI]

Kingdom – Die Zeit, die zählt © 2025 PROGRESS Filmverleih

Korsische Könige und Königinnen

Königreiche wachsen und fallen, – in KINGDOM – DIE ZEIT, DIE ZÄHLT sind die Figuren lang auf der Suche nach einem solchen. Einem, in dem Lesia und Pierre-Paul ungestört Tochter und Vater sein können, zusammen angeln, angstfrei gemeinsam Zeit verbringen können. Ihre gemeinsamen Szenen entwickeln sich zu einer kleinen einfühlsamen, wenngleich keineswegs neuen Beziehungsstudie, die das kalkulierende, skrupellose Bild eines Mafiakopfes aufbricht, damit aber auch ein äußerst mildes, weiches Porträt des untergetauchten Verbrechers evoziert. Ganz aufgehen mag diese Darstellung, trotz eines starken Saveriu Santucci, deshalb nicht.

Gegenüber Pierre-Paul sind viele der anderen Clanmitglieder ähnlich blass wie die Mafiageschichte, die sich aus bekannten Trademarks des Genres, inklusive geschlachteter Wildschweine, zusammensetzt. Solide inszeniert ist sie dabei allemal und zum konsequenten Ende durchaus einschnürend. Bis dahin spitzen sich die naturalistischen Beobachtungen und allen voran das zermürbende Abwarten durch überschaubar gesäte Thrilleremente zu, die sowohl den Mafiakrimi als auch das Drama ums Erwachsenenwerden noch tiefer hätten durchdringen können.

Zwei Personen in dunkler Umgebung, die sich gegenüberstehen. Die Person links trägt ein ärmelloses Oberteil und hat nasse, nach hinten gekämmte Haare. Die Person rechts ist im Profil zu sehen und trägt ein dunkles Hemd. [erstellt mit KI]

Kingdom – Die Zeit, die zählt © 2025 PROGRESS Filmverleih

Fazit

Hinter die Fassaden seiner Figuren traut sich Julien Colonna in seinem Spielfilmdebüt eher vor, als hinter die seiner Mafiageschichte, die er mit einer ruhigen, solide gespielten Coming of Age-Geschichte anreichert. Vertrauter Thrill und vertraute Konzepte unter sengender Sonne, – ein Regiedebüt mit Raum zum Wachsen.

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Review Fakten + Credits


Originaltitel Le Royaume
Kinostart 13.11.2024
Länge: 112 minuten
Produktionsland France
Genre: Krimi | Drama | Thriller
Regie Julien Colonna
Producer Antoine Lafon | Hugo Sélignac
Kamera Antoine Cormier
Cast Ghjuvanna Benedetti, Saveriu Santucci, Anthony Morganti, Andrea Cossu, Thomas Bronzini de Caraffa, Pascale Mariani, Toussaint Martinetti, Eric Ettori, Régis Gomez, Frédéric Poggi, Marie Murcia, Attilius Ceccaldi, Ghjuvanni Biancucci, Joseph Pietri, Alexandre Joannides

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