Review Fakten + Credits


Megalomaniac Filmstill

Megalomaniac ©2023 Pascal Bernaerts | Drop-Out Cinema

Serienkiller strahlen eine ungeheure Faszination auf uns aus. Seit einigen Jahren erfreuen sich deswegen auch True-Crime-Podcasts hoher Beliebtheit. Mal mehr und mal weniger unterhaltsam besprechen die Gastgeber*innen vergangene Kriminalfälle und liefern uns einen Blick in das Seelenleben der brutalsten Verbrecher*innen. Auch auf unseren Bildschirmen bekommen wir seit einigen Jahren immer mehr Dokumentationen oder fiktionalisierte Spielfilme über Verbrecher*innen, Mörder*innen und Entführer*innen zu sehen. Einer der neuesten Beiträge auf der langen Liste der Serienkiller-Schocker stammt aus Belgien. Der Regisseur Karim Ouelhaj hat sich für seinen Film MEGALOMANIAC den berüchtigten Schlächter von Mons als Vorbild genommen, ein Killer, der zwischen Januar 1996 und Juli 1997 fünf Morde beging und die Überreste seiner Opfer gut sichtbar am Straßenrand platzierte. Da bis heute nicht klar ist, wer für die Taten verantwortlich ist, handelt es sich bei MEGALOMANIAC um ein komplett fiktives Werk, das nur wenig mit dem realen Fall zu tun hat.

Darum geht es…

Martha (Eline Schumacher) und Félix (Benjamin Ramon) sind die Kinder eines berüchtigten Serienmörders, des Schlächters von Mons. Nachdem Ihre Mütter nach ihrer Geburt vom Killer entsorgt wurden, leben die beiden nun als Erwachsene im Haus ihres Vaters. Während Félix in die Fußstapfen des Killers tritt, soll Martha ein unauffälliges Leben führen. Sie arbeitet als Putzkraft in einer Fabrik, in der Sie ständig dem Spott ihrer Kollegen ausgesetzt ist. Sie beleidigen die Frau aufs übelste und Schikanieren sie täglich. Währenddessen hat Martha mit ihren inneren Dämonen zu kämpfen. Durch die täglichen Angriffe ihres Kollegen und ihr schweres Erbe entwickelt sie ebenfalls mörderische Instinkte. So spitzt sich die Lage immer mehr zu und Félix und Martha werden zu einer skrupellosen Gefahr für ihr Umfeld.

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Rezension

MEGALOMANIAC wird immer wieder als der neue MARTYRS beworben. Der französische Horror-Schocker aus dem Jahr 2008 hat bei vielen Horrorfans einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Im Film begleitet man eine junge Frau, die als Kind brutal gefoltert wurde und sich als Erwachsene an ihren Peinigern rächen will. Auf den ersten Blick scheint MEGALOMANIAC ähnliche Zutaten mitzubringen. Auch hier begleiten wir eine junge Frau, die in ihrer Kindheit ein schweres Schicksal erleidet und sich später an fiesen Kerlen rächt. Doch leider hinterlässt MEGALOMANIAC einen eher unangenehmen Beigeschmack. Der Film vermittelt uns, dass Martha und Félix nicht anders können, als selbst zu brutalen Monstern zu werden. Zwar handelt Martha zu einem gewissen Grad aus Selbstschutz, ein anderes ihrer Opfer ist hingegen vollkommen unschuldig. Dadurch, dass der Film aber die Perspektive Marthas einnimmt, entsteht eine unangenehme Verbindung zu dieser höchst fragwürdigen Figur.

Megalomaniac Filmstill

Megalomaniac ©2023 Pascal Bernaerts | Drop-Out Cinema

Dieser fragwürdige Subtext ist leider nur die Spitze des Eisbergs, denn MEGALOMANIAC hat nichts zu sagen, außer einer plumpen Kritik am Patriarchat, die viele Filme bereits wesentlich besser und subtiler vermittelt haben. Die restlichen zähen anderthalb Stunden werden mit diversen Provokationen gefüllt, um möglichst viele Schocks zu bieten und das Gespräch auf den Film zu lenken, wenn man sonst schon nichts zu sagen hat. Dabei sieht man unter anderem eine Vergewaltigung, etliche brutale Morde, Inzest und noch vieles mehr. Zusätzlich schafft Karim Ouelhaj eine Ebene, die im Kopf der Hauptfigur stattfindet. Hier sehen wir finstere Dämonen und eine Protagonistin, die sich mit sich selbst unterhält. Generell ist MEGALOMANIAC so voller vermeintlicher Schocks, dass sie an Wirkung verlieren. Gute Horrorfilme schaffen es, die Balance zwischen ruhigen Momenten und dem einen oder anderen Schlag in die Magengrube zu halten, sodass diese Schocks ihre volle Wirkung entfalten können.

Schockierend substanzlos

Dass der Inhalt von MEGALOMANIAC auf ganzer Linie versagt, ist besonders schade, wenn man bedenkt, dass der Film handwerklich eigentlich auf einem guten Niveau ist. Der Film strahlt durch seine entsättigten Bilder eine unglaubliche Kälte aus. Damit schafft er es, auf visueller Ebene einen Einblick in die kalten und skrupellosen Seelen von Félix und Martha zu geben. Wenn es dann in die brutalen Szenen geht, fließt einiges an Kunstblut. Es wurde hier viel auf praktische Effekte gesetzt, wodurch die Szenen an Wirkung gewinnen (wenn es nicht so viele wären). Genauso trägt das Sounddesign zur Stimmung des Films bei. Hier wurde bewusst auf wenig Musik gesetzt, stattdessen sollen die Soundeffekte wirken können.

Megalomaniac Filmstill

Megalomaniac ©2023 Pascal Bernaerts | Drop-Out Cinema

Genauso sollte man Eline Schumacher in der Rolle als Martha hervorheben. Man beobachtet sie bei ihrem inneren Kampf. Sie versucht, ihre Dämonen im Zaum zu halten, bis es irgendwann zu viel wird. Die Schauspielerin überzeugt in den vielen Facetten, die ihre Rolle mitbringt. In einer Szene sehen wir sie als verletzliches Reh, das versucht, vor den Wölfen zu fliehen, um dann in einer späteren Rolle selbst zum Raubtier zu werden. Schumacher füllt ihre Figur mit Leben. Leider fehlt es MEGALOMANIAC grundsätzlich an Charakterentwicklung oder Hintergründen. Zwar wissen wir, dass es sich bei Martha und Félix um die Kinder eines Killers handelt, aber viel mehr über ihre vergangenen Jahre erfahren wir nicht. Wir wissen nicht, warum sie zu dem geworden sind, was sie sind. Noch profilloser bleiben alle anderen Figuren des Films. Sie sind entweder Instrumente, um die Handlung voranzubringen oder Opfer; keine der Figuren fühlt sich jedoch wie ein Mensch an. So fällt es umso schwerer, schockiert zu sein, wenn sie das Zeitliche segnen.

Megalomaniac Filmstill

Megalomaniac ©2023 Pascal Bernaerts | Drop-Out Cinema

Fazit:

MEGALOMANIAC ist ein ultrabrutaler Horrorfilm, der seine Zuschauer*innen schockieren möchte. Dabei hat man allerdings vergessen, eine spannende Handlung zu kreieren oder nachvollziehbare Figuren zu schaffen. Alle Opfer von Martha und Félix sind gleichgültig. Stattdessen hat Karim Ouelhaj seinen Film so sehr mit Schockmomenten vollgestopft, dass diese keinerlei Wirkung entfachen können. Es scheint, als wollte man sich hier mit übertriebener Härte ins Gespräch bringen, ohne dabei auf den Inhalt zu achten. Dabei stellt der Film im Subtext problematische Thesen auf und macht Opfer zu Tätern und Täter zu Opfern.

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Review Fakten + Credits


Originaltitel Megalomaniac
Kinostart 8.9.2023
Länge: 100 minuten
Produktionsland Belgium
Genre: Horror | Mystery | Thriller
Regie Karim Ouelhaj
Producer Nicolas George | Cédric Iland | Karim Ouelhaj | Florence Saâdi | Bastien Sirodot | Laurent Jacobs
Kamera François Schmitt
Musik Simon Fransquet | Gary Moonboots
Cast Eline Schumacher, Benjamin Ramon, Wim Willaert, Raphaëlle Lubansu, Pierre Nisse, Quentin Lasbazeilles, Olivier Picard, Catherine Jandrain, Hélène Moor, Julie Carroll

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